Tuesday, January 12 2010

"Intersexualität: Dürfen Eltern Gott spielen?" - Brigitte 2/2010 - Interview Prof. Dr. Hertha Richter-Appelt

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Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!Mitunter ziemlich zwiespältiger Artikel von Katrin Schmiedekampf in der Druckausgabe der aktuellen "Brigitte" auf S. 88-92, eingeführt wie folgt:

Claudia und Daniel Brandt* (* Alle Namen von der Redaktion geändert) haben es getan. Sie mußten eine Entscheidung fällen, die eigentlich zu groß ist für zwei Menschen: Sie mussten bestimmen, ob ihr Kind Mädchen oder Junge ist
(Hervorhebung im Original)

Zusammen mit dem Artikel erschien ein Kasten-Interview mit Hertha Richter-Appelt, die auch im Artikel mit Zitaten vertreten ist (das Interview gibt's auch >>> online hier).

Als weiterer "Experte" wird im Artikel der üble Medizyner Dr. med. Markus Löble "von der Göppinger [Privat-]Klinik Christophsbad" zitiert.

Speziell für Menschen, die am eigenen Leibe Erfahrungen gemacht haben mit den in Artikel und Interview manchmal etwas gar salopp umschriebenen medizinischen Zwangseingriffen und "kosmetischen" Verstümmelungen (oder nur schon Menschen persönlich kennen, denen dies angetan wurde), ist das Ganze wohl wiederholt sehr harte Kost.

Der Artikel erzählt die altbekannte Geschichte überfahrener und überforderter Eltern eines frischgebackenen Zwitters, der in diesem speziellen Fall zusätzlich mit einer lebensbedrohlichen, nicht weiter bezeichneten Magenkomplikation auf die Welt kam: 

Das Baby lag auf der Intensivstation; als Claudia Brandt und und ihr Mann dort ankamen, standen schon mehrere Ärzte um das Bettchen und diskutierten. Das Problem mit dem Magen hatten sie mit einer kleinen Operation in den Griff bekommen – nun ging es um das Geschlecht. Traurig und völlig hilflos schauten die Eltern auf ihr winziges Kind. Von einem Baby, das weder Mädchen noch Junge ist, hatten sie noch nie etwas gehört.

Immerhin wird im Text zum Thema erwähnt:

Die Kinder sind nicht krank, ihre Entwicklung ist im Mutterbauch nur etwas anders abgelaufen als normalerweise [...]

Abschreckend wird dann weiter beschrieben, wie unsensibel und besch...euert die (nicht spezialisierten, was später betont wird) Medizyner im "Krankenhaus" mit den Eltern umgehen, die sich kaum mehr aus dem Haus getrauen, um "im kleinen Ort" Fragen nach dem Geschlecht ihres Neugeborenen aus dem Weg gehen zu können.

Das Krankenhaus zog einen Hormonspezialisten zu Rate, knapp zwei Wochen nsch der Geburt stellte der fest, dass das genetische Geschlecht des Babys männlich ist. Gleichzeitig fand er eine Art Scheide und Gewebe, bei dem es sich um eine Gebärmutter handeln könnte. Er sagte den Brandts, dass es nur eine Möglichkeit gäbe: Sie sollten das Kind zum Mädchen machen lassen.

Immerhin, eine (schon wieder) nicht weiter umschriebene "Unterleibsoperation, die wenige Tage später geplant war, sagte Claudia Brandt kurzfristig ab. Ihr fehlte das Vertrauen in den Arzt, er hatte einen solchen Eingriff zuvor noch nie gemacht." (Aber wie noch so mancher Medizyner trotzdem immer übergierig, mal etwas zu pröbeln, es ist wirklich zum kotzen.)

"Ein Jahr später" lässt die Mutter  dann einen "erfahrenen Chirurgen" ran, "einen, der wusste, was er tut". Und, wie's dann in fetten Zwischentexten heisst: "In einer Fachklinik wurde Sophie der winzige Penis entfernt""Wir wollten nicht, dass sich unser Kind verstecken muss". Eine (schon wieder nicht näher umschriebene) "zweite Operation [...] sollte kurz vor Sophies Pubertät erfolgen". Bei einem der Eingriffe war offenbar auch eine Kastration "inbegriffen": "Sophie [....] sieht von Tag zu Tag weiblicher aus; was auch an den Hormonen liegt, die sie inzwischen bekommt." Zudem bei der zweiten die Anlegung einer Neovagina, mitsamt den bekannten, traumatisierenden Begleitumständen – wohl bei einem "Mädchen" wie Sophie: "Sie liebt Sport jeder Art, vor allem Fussball":

Durch die neuerliche Operation im vergangenen Sommer muss das Mädchen seine modellierte Scheide mit Stäben weiten, damit sie nicht wieder zuwächst. Sophie hinkt noch ein wenig, die Ärzte haben bei dem Eingriff Haut von ihrem Bein verwendet, die Wunde heilt nur langsam, jeder Schritt spannt.

Die Mutter hat allen wiederkehrenden Selbstbeteuerungen während des Artikels offensichlich öfters heimlich ein schlechtes Gewissen. Immerhin hat sie Sophie unterdessen zumindest teilweise aufgeklärt:

Sie hat ihrer Tochter ein altes Foto von ihrer Scheide gezeigtund ihr gesagt, dass sie keie Kinder bekommen kann. "Nur, dsss sie einen XY-Chromosomensatz hat, also genetisch gesehen ein Mann ist, werde ich ihr irgendwann erklären, wenn sie älter ist."

Das Sophie eines Tages sagte, "Ich bin ein Junge", wäre laut Sophies Mutter "das Schlimmste, das Passieren kann" – und, so der Schlusssatz des Artikels, "ein paar Zweifel, sagt sie, ob sie das Richtige getan habe, werden wohl immer bleiben."

Kommentar:

Dass ihr offensichtlich nicht ganz unbelastetes Gewissen es Sophies Mutter kaum erleichtert, eine liebevolle, offene und ehrliche Beziehung zu ihrer Tochter zu haben, leuchtet wohl unmittelbar ein.

Zumindest wohl unbefangenen Laien mit etwas Empathie und Mitgefühl (und damit hoffentlich wohl auch den allermeisten "Brigitte"-Leserinnen).

Immerhin wird im Anschluss an eine Kurzschilderung von John Moneys "Zwillingexperiment" von Seiten "Brigitte" explizit festgehalten:

Heute raten die meisten Experten, bis zur Pubertät zu warten und das Kind mitreden zu lassen. Eltern, sagen sie, haben nicht das Recht, eine so wichtige Entscheidung allein zu treffen.

Ähem, als ob sie da überhaupt irgend ein Recht hätten ...

Anders sieht's allerdings der "Experte" Chefarzt Dr. med. Markus Löble, Kinder und Jugendpsychiater von der Göppinger Klinik Christophsbad (der als "Gegenstimme" aufgefahren wird zu Hertha Richter-Appelt, welche im Artikel rät OPs "hinauszuzögern – am besten so lange, bis das Kind mitreden kann"):

"Nach wie vor gilt die Faustregel: Glückliche Eltern haben glückliche Kinder", sagt der Kinder- und Jugendpsychiater Markus Löble von der Göppinger Klinik Christophsbad. "Nur wenn sie mit der Situation zurechtkommen, können auch die Kinder unbeschwert aufwachsen." Deswegen sollten die Eltern entscheiden, was für ihr Kind richtig sei.

Bestimmt würde der gewissenlose Kinderpsychiater Markus Löble in der "Privatklinik" Christophsbad Eltern wohl auch dabei unterstützen, ihrem Kind Arme und Beine "verkleinern" zu lassen und den Kehlkopf zu "operativ zu entfernen", wenn sie ihr ungeliebtes Kind dadurch "mehr lieben könnten", was ja dann wohl wiederum nur dem Kind zu Gute käme ...

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

Wetten, würde dem sauberen Doktor Markus Löble selber mal an den eigenene Geschlechtsteilen ungefragt herumgeschnibbelt, würde er ziemlich null-komma-nix eine andre Tonart anstimmen?!

Gegenüber dem derart offensichtlich menschenverachtenden Kollegen Markus Löble wirkt Hertha Richter-Appelt schnell mal als hehre Paulus-Figur, obwohl sie speziell im >>> Kasten-Interview mit reichlich fragwürdigen Zitaten aufwartet, wegen denen sie >>> im Hermaphrodit-Forum prompt kritisiert wurde, z.B. wegen diesem:

Ich glaube, es ist unmöglich, ein intersexuelles Kind ohne irgendeine Schwierigkeit großzuziehen. Ich habe mit vielen Intersexuellen gesprochen, die unglücklich darüber sind, dass sie als Kind operiert wurden. Niemand weiß, ob sie sich auch beklagen würden, wenn nichts gemacht worden wäre. Wichtig ist, Experten zu Rate zu ziehen und sich jeden einzelnen Fall genau anzuschauen. Bei manchen Kindern stellt sich erst in der Pubertät heraus, was sie sein wollen. Mit Operationen sollte man daher warten, bis das Kind mitentscheiden kann - außer der Eingriff ist lebensnotwendig.

Dass Hertha Richter-Appelt hier verschweigt, dass diejenigen, die sich allenfalls "beklagen würden, wenn nichts gemacht worden wäre", später immer noch die Möglichkeit hätten, selbstbestimmt "etwas zu machen", während es umgekehrt eine Zwangs-OP nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ist tatsächlich ein starkes Stück. Ebenso das folgende Zitat:

Es gibt viele intersexuelle Menschen, die mit dem, was mit ihnen gemacht wurde, unzufrieden sind. In den seltensten Fällen äußern sie jedoch den Wunsch, sich umoperieren zu lassen. Viele hätten einfach gern einen unauffälligeren Körper, sie klagen beispielsweise über breite Schultern, Brüste, große Füße oder einen stämmigen Körperbau. Diese Menschen hadern damit, überhaupt betroffen zu sein.

Viel verharmlosender geht's wohl nicht mehr.

Trotzdem finde ich's bedenklich, dass im erwähnten >>> Thread im Hermaphrodit-Forum ausschliesslich Hertha Richter-Appelt kritisiert wird, während der unsägliche Kinder- und Jugendpsychiater Markus Löble schlicht unter den Tisch fällt.

Zwar hält dieser Blog (im Gegensatz etwa zu Intersexuelle Menschen e.V.) Hertha Richter-Appelt sachbezogen für durchaus kritikwürdig (und sei's nur schon, damit sie ihre Fahne nicht noch mehr in den Medizynerwind hält).

Hertha Richter-Appelt jedoch zum Zentrum der Kritik zu machen und darob Figuren wie z.B. den erwähnten Markus Löble, aber auch Ute Thyen, Olaf Hirt, Heino Meyer-Bahlburg usw. wiederholt unter den Tisch fallen zu lassen, hilft m.E. den Falschen. 

Wednesday, January 6 2010

Diskriminierung von Zwittern im Sport: IOC streitet Verantwortung ab und schliesst Betroffene aus

>>> Open Letter to IOC      >>> IOC Protest 19.11.09      >>> Background Report

Nachtrag 2: Bitte unterschreibt die Petition an das IOC!

IOC IAAF: Stop Intersex Discrimination!>>> Zwitter im Sport: IOC leugnet Verantwortung

Bei einem Protest vor dem Hauptsitz des Olympischen Komitees (IOC) in Lausanne forderte die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org am 19. November 2009 in einem Offenen Brief (englisch) die Verantwortlichen dazu auf,

a) sich allgemein für eine faire Behandlung "intersexueller" Sportlerinnen einzusetzen, und speziell für die von der IOC-Partnerorganisation Olympic Council of Asia (OCA) diskriminierte und massiv geschädigte indische Athletin Santhi Soundarajan, sowie

b) am kommenden IOC-Medizyner-Symposium (englisch) zur Neuregelung der Teilnahme "intersexueller" Athletinnen vom 15.-17. Januar 2010 in Miami Beach (Florida) nicht nur Medizyner zu berücksichtigen, sondern in angemessener Weise auch die "Betroffenen" und ihre Organisationen. 

(Am Medizynerkongress "2nd World Conference Hormonal and Genetic Basis of sexual Differentiation Disorders and Hot topics in endocrinology" (PDF) , bei dem das IOC-Symposium sich anhängt, sind nebst diversen Endokrinologen und Pädiatern u.a. vertreten: Heino Meyer-Bahlburg, Ken Zucker, der Kinderchirurg Rinus Wiersma (Durban, Südafrika), sowie aus dem Inselspital Bern die Kinderendokrinologin Christa Flück. Am Symposium ist auch der Athletik-Weltverband IAAF beteiligt.)

Mittlerweile liegt die – ernüchternde – Antwort im Namen des Büros von IOC-Chef Jacques Rogge vor:

Das IOC streitet darin rundwegs jegliche Verantwortung ab, geht auf die Fragen und Anliegen von Zwischengeschlecht.org gar nicht erst ein und erwähnt dafür Punkte, die im Offenen Brief gar nicht vorkamen.

Nach Beteuerungen, dem IOC sei "der Schutz der Privatsphäre von Athletinnen von allergrösster Wichtigkeit" (zur olympischen Praxis vgl. dazu den Fall von Santhi Soundarajan), verweist das IOC auf seine (auch vom Weltathletikverband IAAF benutzten und im Offenen Brief kritisierten) "Richtlinien bei Geschlechtsumwandlung" ("Statement of the Stockholm consensus on sex reassignment in sports" (PDF) / "Explanatory note to the recommendation on sex reassignment and sports" (PDF)). Nur schon der Titel verrät, dass Zwitter dabei offensichtlich nicht konsultiert wurden ...

Weiter streitet das IOC jegliche Verantwortung ab für die "Fälle" von "Caster Semanya" [sic!] und Santhi Soundarajan. (Caster Semenya war im Offenen Brief gar nicht erwähnt, da in diesem Fall tatsächlich der Athletikweltverband IAAF federführend ist, der allerdings ebenfalls das IOC-"Consensus Statement" verwendet. Bezüglich Santhi Soundarajan wurde das IOC im Offenen Brief ausdrücklich lediglich gebeten, bei seiner Unterorganisation Olympic Council of Asia (OCA) ein gutes Wort für die massiv geschädigte Athletin einzulegen.) Auf die Bitte, alle IOC-Teil- und -Unterorganisationen allgemein zu Fairness und Diskretion anzuhalten im Umgang mit zwischengeschlechtlichen (und als solchen verdächtigten) Sportlerinnen – auf diesen Punkt geht das Antwortschreiben des IOC gar nicht erst ein.

Zuletzt verweist das IOC auf das kommende Medizyner-"Symposium nächsten Januar" (siehe oben), dessen "Resultate veröffentlicht werden". – Die im Offenen Brief vorgebrachte Kritik, dass dort einmal mehr lediglich Medizyner konsultiert und die Betroffenen und Ihre Organisationen ausgeschlossen bleiben, ignoriert das Antwortschreiben des IOC ebenso.

"IOC IAAF: Wann werdet ihr es lernen?"

Kommentar: Offensichtlich braucht es erst weitere "Debakel" um als Zwitter verdächtigte, diskriminierte und massiv geschädigte Athletinnen, bevor sowohl IOC wie auch IAAF endlich aufwachen und ihre Verantwortung wahrnehmen – und vor allem braucht es wohl zuerst saftige Klagen sowie öffentlichen und politischen Druck. Bis dahin werden die Verantwortlichen wohl weiter das Gefühl haben, mit Zwittern (und als solche Verdächtigten) könnten sie umspringen, wie es ihnen gerade so passt ...

Nachtrag: Zwitter im Sport: IOC leugnet Verantwortung

Nachtrag 2: Bitte unterschreibt die Petition an das IOC!

Siehe auch:
- Protest gegen Diskriminierung von Zwittern im Sport, IOC 19.11.09 
- Diskriminierung von Zwittern im Sport weltweit
- "Caster Semenya wird als Zwitter verheizt"
- Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!  
- Intersex Protest @ IOC 19.11.09 – Fabrice Coffrini/AFP/Getty Images 
- "Lausanne: Les hermaphrodites suisses s’attaquent au CIO" - 20min.ch 17.11.09

>>> Report on Discrimination of Hermaphrodites in Sports
>>>
Open Letter to IOC Chief Jacques Rogge demanding Justice for Santhi

SPD: Zwitter vereinnahmender Gesetzesentwurf eingereicht

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Solidarität mit Zwittern statt Vereinnahmung!Wie in diesem Blog schon am 4.12.09 berichtet, plante die SPD (nach der Niederlage der Standesinitiative für die Aufnahme von "sexuelle Identität" ins Grundgesetz) im Windschatten der Grünen die Einreichung eines Gesetzesentwurfs im Bundestag. Laut einer gestrigen Bundestags-Pressemeldung wurde dieser unter Drucks. 17/254 (PDF) nun eingereicht.

Wie bereits berichtet, sind "Intersexuelle" dabei einmal mehr lediglich "mitgemeint" als obligates Schlusslicht. Sprich, während das Kleingedruckte im Gesetzesentwurf ausschliesslich auf Schwule und Lesben ausgerichtet ist, werden "Intersexuelle" als blosse Worthülse hinter LGBT "angehängt". Das gravierende Menschrechtsproblem der nur die Zwitter betreffenden genitalen Zwangsoperationen (Allein in Deutschland wird JEDEN TAG ein wehrloses kleines Zwitterkind genitalverstümmelt!) bleibt unerwähnt – und wird im Gegenteil noch krass verharmlost durch von den Grünen abgeschriebene Wendungen wie:

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, transsexuelle und intersexuelle Menschen sind in unserer Gesellschaft auch heute noch Anfeindungen,  gewaltsamen Übergriffen und Benachteiligungen ausgesetzt. [...] Ein Umschlag des gesellschaftlichen Klimas gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, transsexuellen und intersexuellen Menschen ist derzeit zwar nicht zu befürchten.

Die Medizyner freuts ...

Die SPD, die (wie auch die Grünen) bisher NOCH NIE einen konkreten politischen Vorstoss zu Gunsten von Zwittern unternahm, reiht sich damit definitiv ein unter die MittäterInnen.

Würden von den versammelten VereinnahmerInnen in SPD und Grünen nur schon ein paar wenige mal an den eigenen Geschlechtsteilen etwas genital zwangsoperiert, hätten sie bestimmt ziemlich schnell andere Parolen – wetten?!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

Tuesday, January 5 2010

Intersexuelle Menschen e.V. informiert (nicht)

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Kann ein Zwitter Sünde sein?Sage und schreibe zum 2. Mal seit Nellas Rücktritt als 1. Vorsitzende bei IMeV geruhte sich der neue Vorstand am 24.12.09, die Mitglieder und Öffentlichkeit über die in der Regel hinter verschlossenen Türen laufenden Aktivitäten in einem >>> Newsletter zu "informieren" (--> 23.12.09) (rsp. öfters auch nur anzukündigen, konkret informiert würde dann später mal).

Erfreulicherweise wurden das Kinderbuch "LILA – oder was ist Intersexualität" (ISBN 978-3-00-029591-1 – bei amazon allerdings nicht aufgeführt) und die Hebammenbroschüre "Was ist es denn?" nun anscheinend fertiggestellt und sind beim Vorstand bestellbar.

Weiter werden einige Anlässe mit Vereinsbeteiligung aufgelistet, allerdings ist ausser Titel, Ort und Datum meist kaum etwas darüber zu erfahren, geschweige denn wo eigentlich bitter nötig kritische Anmerkungen, so z.B. beim "Fachgespräch" der Grünen vom 27.5. in Berlin oder zur APE/AGPD-Jahrestagung.

Während der aktuelle Vorstand in einer ersten Verlautbarung noch vollmundig verkündet hatte, "Der von der UN geforderte Dialog der Bundesrepublik Deutschland mit den Berichterstatterinnen zum CEDAW- Abkommen ist einer der Arbeitsschwerpunkte des Vorstandes für die Amtsperiode 2009/ 2010", wird das diesbezügliche, wenig ruhmreiche Treffen mit dem "Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe" des Bundestages bequemerweise gleich ganz unterschlagen. Auch die seinerzeitige Info-Veranstaltung des Vereins (ausgerechnet!) im Magnus Hirschfeld Centrum vom 11.11. bleibt unerwähnt.

Rein gar nichts erfahren interessierte Mitglieder weiterhin über die gebrochenen Vereinbarungen seitens des Netzwerks DSD/Intersexualität, dito zum Frisieren der "Lübecker Studie" ebenfalls durch das Netzwerk DSD/Intersexualität. Die Medizyner freut's weiterhin ...

Fragwürdig m.E. auch, wie Hertha Richter-Appelt im Namen von IMeV einmal mehr unhinterfragt ausschliesslich gehypt und von jeder Kritik ausgenommen wird.

Während der jetzige Vorstand sich stets gegen Untersützung prozesswilliger Zwangsoperierter gegen ihre Zwangsoperateure wandte, wird nun neuerdings ein Anwalt gestellt – ausschliesslich bei Beantragung von Behindertenausweisen.

"Ab Januar" kündigt der Vorstand gar an, neu "regelmäßig" zu informieren. Wir bleiben gespannt ...

Saturday, January 2 2010

Dr. Magnus Hirschfeld führt Genitalverstümmelung an Zwitter durch (Rosa von Praunheim: "Der Einstein des Sex")

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Lohn für eine Intersex-Genitalverstümmelung – und Grundstock
für Hirschfelds "Institut für Sexualwissenschaft".

In seiner Filmbiographie über den Begründer der Sexologie sowie der modernen Schwulenbewegung unter dem Titel "Der Einstein des Sex. Leben und Werk des Dr. Magnus Hirschfeld" (1999) füllte Rosa von Praunheim Lücken in der Biographie von Magnus Hirschfeld mit fiktiven Passagen auf.

Eine dieser Lücken betrifft die Herkunft der Geldmittel für das von Hirschfeld 1919 begründete "Institut für Sexualwissenschaft". Statt die wohl wahrscheinlichere, allerdings weniger filmogene These von einem anonym bleiben wollenden, schwerreichen oder gar aristokratischen Schwulen als Geldgeber zu inszenieren, verfiel Rosa von Praunheim auf einen dramaturgischen Kniff, der nebenbei ein grelles Schlaglicht wirft auf den allzuoft von krasser Vereinnahmung geprägten Umgang der Schwulenbewegungen mit den Zwittern: In "Der Einstein des Sex" ist der Grundstock für das "Institut für Sexualforschung" eine mit Edelsteinen gefüllte Schatztruhe, die Magnus Hirschfeld von einer orientalischen Familie erhält – als Honorar für eine von Hirschfeld an ihrer "Tochter" durchgeführte genitale Zwangsoperation!

Da Hirschfeld, der "Vater der modernen Schwulenbewegung", und sein "Institut für Sexualwissenschaft" als Fundament der Sexologie wie auch der wissenschaftlichen Gendertheorie angesprochen werden können, hat Filmemacher Rosa von Praunheim (wohl ohne es zu wollen) zugleich ein treffendes Bild geschaffen für die Vereinnahmung der Zwitter durch ebendiese Bewegungen – ihr finanzieller Grundstock ist in Praunheims filmischem Hirschfeld-Denkmal ein blutiges medizinisches Verbrechen an einem wehrlosen Zwitter!

Obwohl "Der Einstein des Sex" mittlerweile 10 Jahre auf dem Buckel hat, wurde dieses ebenso empörende wie vielsagende "Detail" meines Wissens nach ausser auf diesem Blog bisher noch nirgends kritisiert oder nur schon hinterfragt (im Gegensatz etwa zu Hirschfelds – auch im Film unterschlageneneugenischen Verstrickungen und seiner Mitgliedschaft in der "Gesellschaft für Rassenhygiene") und fehlt auch im Wikipedia-Eintrag zum Film.

Was wohl einiges über das Selbstverständnis sowohl der Schwulen- wie auch der Zwitterbewegung aussagt ...

Ebenfalls passend: 2002 verlieh die "Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS)" ihre seit 1990 vergebene "Magnus-Hirschfeld-Medaille" in der "Kategorie Sexualwissenschaft" an – ausgerechnet einen der wohl grössten Medizyner-Verbrecher der Nachkriegszeit, John Money!

Zwischengeschlecht.org fordert alle fortschrittlichen Schwulen, Lesben, FeministInnen, LGBTs und ihre Organisationen und Verbände einmal mehr dazu auf, endlich ihre Geschichte kritisch aufzuarbeiten in Bezug auf Mitbeteiligung an / stillschweigende Duldung von medizynischen Menschenrechtsverbrechen an Zwittern!

>>> Magnus Hirschfeld – bestbezahlter Genitalverstümmler seiner Zeit
>>> Offener Brief an Rosa von Praunheim

Siehe auch:
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität" 
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung 
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität" 

Nachfolgend ein Überblick zur Darstellung von 'Hirschfelds Sündenfall' in "Der Einstein des Sex. Leben und Werk des Dr. Magnus von Hirschfeld":

Über weite Strecken klagt Magnus Hirschfeld in Rosa von Praunheims Film, dass er Geld brauche für sein geplantes "Institut für Sexualwissenschaft", er habe da auch schon eine Villa am Tiergarten in Aussicht, für die er bereits eine Anzahlung geleistet habe, er müsse aber nun den ganzen Betrag innert 3 Monaten auftreiben können. Nach einem neuen Rückschlag (eine Tante hatte das Erbe von Hirschfelds Onkel, der "die Wissenschaft" fördern wollte, bereits dem Zoo vermacht – "Für die Rhinozerosse!", wie Hirschfeld entgeistert ausruft), wird Hirschfeld bei Laufzeit 1:02:01 überraschend aufgefordert, er soll "sofort ins Hotel Adlon kommen. Es ist ganz dringend!"

In der nächsten Szene wird Hirschfeld in ein luxuriöses Hotelzimmer hereingebeten:

Eine ältere Frau, wohl die Mutter des angstvoll daliegenden "Patienten", redet in einer Fremdsprache ununterbrochen auf Hirschfeld ein.

Nebst dem wohlbeleibten Leibwächter sind weiter 2 junge Männer zusätzlich anwesend, einer liefert schliesslich eine 1-Wort-Übersetzung der Erklärungen der Frau: "Hermaphrodit!" Hirschfeld meint darauf, "Hm, interessant", und beginnt sogleich mit einer Untersuchung des "Patienten":

"Tatsächlich, ein Hermaphrodit. Sie hat beide Geschlechter", verkündet Hirschfeld schliesslich. "Was soll ich jetzt tun?"

"Operieren! Operation!", fordert darauf der junge Mann bestimmt. "Sie sind doch der einzige!" 

Der "Patient" liegt dabei die ganze Zeit und bis zum Schluss passiv und mit veränstigtem Blick da.

Während Hirschfeld im Film sonst fürsorglich auf seine PatientInnen eingeht, lässt er hier jegliche Empathie vermissen.

Trotzdem wehrt Hirschfeld das Ansinnen zunächst ab: "Na, das kommt doch überhaupt nicht in ... ein solcher Eingriff ... nein, nein, das kommt nicht in Frage!"

Doch die Frau lässt nicht locker, und als Dr. Hirschfeld schliesslich das juwelengefüllte Schatzkästchen unter der Nase hat (siehe oben), ändert er seine Meinung rasch: "Geben Sie mir eine Woche Bedenkzeit. Ich muss erst zu einer Vortragsreise nach München."

In der nächsten Szene präsentiert Hirschfeld in München seine Theorie der "Sexuellen Zwischenstufen" – ein in etwa mit der heutigen LGBT-etc-Buchstabensuppe deckungsgleicher Oberbegriff, Zwitter sind auch in Hirschfelds Vortrag lediglich "mitgemeint". Vor allem Transgender und BefürworterInnen der Abschaffung des biologischen Geschlechts dürften sich auch sonst mit dieser Darstellung der Hirschfeldschen Thesen spontan identifizieren.

Der Vortrag ist überschattet von antisemitsch-nazistischen Mini-Protesten einzelner Zuhörer. Schlimmer noch, auf dem Weg ins Hotel wird Hirschfeld von 3 Männern überfallen und zusammengeschlagen. Ein junger, glühenden Verehrer vom Vortrag (später Hirschfelds Geliebter) kommt ihm zu Hilfe, wird jedoch ebenfalls malträtiert.

Im Spital meint Hirschfeld darauf: "Ich muss dringendst nach Berlin zurück. Ich habe nämlich einen Operationstermin."

Die nächste Szene (1:07:30) beginnt damit, wie Hirschfeld die "Patientin" mit Äther betäubt:

WARNUNG!!! Die nun folgenden Bilder enthalten teils grafische Szenen einer genitalen Zwangsoperation, ausgeführt von Dr. Magnus Hirschfeld an einem wehrlosen "Hermaphroditen". (Der Film ist von der FSK freigegeben ab 16 Jahren.)

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Wednesday, December 30 2009

"So leiden Intersexuelle" - Blick.ch 30.12.09

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Gratuliere, es ist sein Zwitter!Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!  

Gelungener >>> Online-Artikel des CH-Boulevardblattes "Blick" in der Rubrik "Danias Sexkiste", verfasst von Gastautorin und Sexologin Christa Gubler Gabban und der "Sexkiste-Expertin" und Sexualtherapeutin Dania Schiftan.

Die Autorinnen Christa Gubler und Dania Schiftan bringen Klartext! Einige Schmankerl:

Noch heute werden mittels fragwürdiger Operationen die Geschlechtsorgane solcher Kinder verändert.

Dass durch diese Operationen das spätere sexuelle Empfinden massiv vermindert oder gar verunmöglicht werden kann, scheint für die Ärzte das kleinere Übel.

Viele Intersexuelle werden traurigerweise nicht über die Ursachen ihrer Andersartigkeit aufgeklärt.

Es mutet schon fast zynisch an, dass diese Mediziner davon ausgehen, ihren PatientInnen mit diesen Methoden zu einem problemlosen Leben verhelfen zu können!

Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft die Genitalverstümmelungen an Intersexuellen aufhören und dass es für Ärzte selbstverständlich sein wird, ihre intersexuellen Patienten und deren Eltern aufzuklären und selber entscheiden zu lassen. Und ihnen ausserdem den Kontakt zu anderen Betroffenen zu ermöglichen. Auf diese Weise könnte viel Leid verhindert werden.

Kommentar:

Was sich auf den ersten Blick als klassisches Rezept für ein ausgemachtes pathologisierendes Desaster anhört (Boulevardblatt + Sexologin + Sexualtherapeutin), entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als klasse Artikel, an dem die Zwangsoperateure einmal mehr wenig Freude haben werden.

Zwar hätte ich z.B. auf den Einschub über die "klare Identität" gerne verzichtet, doch alles in allem demonstrieren die Autorinnen Christa Gubler und Dania Schiftan einmal mehr, dass das Problem vieler armseliger Veröffentlichungen zum Thema nicht bei der Gattung "Boulevard" an und für sich liegt. Sondern an der Unfähigkeit und dem mangelnden guten Willen der betreffenden AutorInnen und ihrer faulen Ausreden von "Sachzwängen" und "würde ja gerne, aber muss" (wie in anderen Medien und Sparten auch). Danke!

Tuesday, December 29 2009

Gerüchte um Millionenklage von Caster Semenya: Deutsche Medien ziehen nach

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Menschenrechte auch für Zwitter!

Gut eine Woche, nachdem dieser Blog über >>> Spekulationen in schwedischen Medien berichtete, wonach Mokgadi Caster Semenya den Weltathletikverband IAAF auf 120 Mio $ und den Südafrikanischen Verband ASA auf 18 Mio $ verklage, werden die anonymen Behauptungen nun international und auch in deutschssprachigen Medien recycelt – allerdings ohne Verweis auf die schwedische Originalquelle ... Semenyas Anwalt Greg Nott wird derweil in südafrikanischen Medien zitiert, die Meldung sei "absoluter Unsinn".

PS: Im Verlaufe des Nachmittags wurden diese Dementis von verschiedenen internationalen Presseagenturen aufgenommen, u.a. auch von DPA und SID.

>>> mehr hier im —> Nachtrag 29.12.09

Monday, December 28 2009

Bundesärztekammer gegen genitale "Zwangsoperationen" – natürlich nur bei "Mädchen und Frauen" ...

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Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!Laut einer Meldung im >>> Deutschen Ärzteblatt engagiert sich die Bundesärztekammer schon seit 11 Jahren u.a. gegen "Zwangsamputationen, Durchführung von Zwangsoperationen von Mädchen und Frauen (Beschneidung)", lobt "[d]ie Arbeit der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesärztekammer und der Landesärztekammern auf diesem Gebiet" und beschloss überdies, "jährlich mit 10 000 DM die Arbeit des BÄK-Menschenrechts-beauftragten (Dr. Montgomery) [zu] unterstützen".

Pikante Details am Rande: Der "Menschenrechtsbeauftragte der Bundesärztekammer" Frank Ulrich Montgomery (dessen lesenswerte "Position zu Menschenrecht und Medizin" das von der Ärztekammer angesprochene "Zwangsoperationsproblem" allerdings gar nicht erst erwähnt) lebt und arbeitet in Hamburg bzw. im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und ist zugleich "Präsident der Ärztekammer Hamburg" und "Vizepräsident der Bundesärztekammer". Hamburg fiel 2009 ja positiv auf durch zunächst sehr positive Vorstösse aus der Bürgerschaft, die allerdings vom Senat knallhart abgeblockt wurden. Was schliesslich in einem einstimmig angenommenen, allerdings zahnlosen Antrag der Bürgerschaft an den Senat mündete, der ausgerechnet den zentralen Punkt der Zwangsoperationen an Zwittern stillschweigend ausklammerte. Der im Hamburger Senat für die "Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz" verantwortliche Präses, "Senator für Gesundheit und Soziales" Dietrich Wersich, ist übrigens ein ehemaliger Berufskollege Montgomerys ("Ärztliche Tätigkeit in Allgemeinmedizinpraxis und Chirurgiepraxis").

Kommentar: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ...

Siehe auch:
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung (Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal") 
- "Genitalverstümmelung ein afrikanisches Problem?" 
- Internationaler Tag gegen Mädchenbeschneidung (aber die Zwitter operiert nur ruhig weiter, sind ja keine Frauen, äh, Menschen ...)
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern 
- Zwitter und Patriarchat aus feministischer Perspektive  

Thursday, December 24 2009

"Give Peace a Chance" – Stop Genozid

In den "westlichen Zivilisationen" sind die genitalen Menschenrechtsverletzungen an Zwittern durch die genitalen Zwangsoperatioenen wegen der langen Dauer, der Schwere der Verletzungen, der Anzahl der Opfer und der systematischen Durchführung wohl die gravierendsten Menschenrechtsverletzungen seit dem 2. Weltkrieg. In "unterentwickelten Ländern" kümmern sich die selben "zivilisierten Nationen" allerdings oft noch weit weniger um menschenrechtliche oder ethische Bedenken. Ein weiterer Blick (zumindest teilweise) über den "eigenen" Tellerrand hinaus:


George Maciunas: "U.S.A. Surpasses All The Genocide Records!"
["Die vereinigten Staaten übertreffen alle Völkermordrekorde!"]
Offset auf weißem Papier, 54 × 88 cm (1968)

Folgendes aktuelles Zitat fiel mir gleich wieder ein, als ich neulich zum ersten Mal das obige, 41 Jahre alte, als Protest gegen den Vietnamkrieg entstandene Plakat sah:

Zu den wichtigsten, in kommerziellen Medien zensurierten Nachrichten des letzten Jahrzehnts muss wohl jene gehören, dass durch die militärische Invasion und Besetzung des Iraks durch die USA über eine Million Menschen starben. Dies selbstverständlich ohne die Todesopfer des 1. Golfkriegs und den nachfolgenden Sanktionen, die zusammen [schon einmal] fast eine Million Tote forderten. [...] Es handelt sich bei diesen Zahlen um zusätzliche zivile Tote im vergleich zur normalen Zivilistentodesrate unter dem vorherigen Regime [von Saddam Hussein]. [...] Es wurden [ab 2003] mehr Tonnen Bomben über dem Irak abgeworfen als während des gesamten 2. Weltkrieges. [...]
(englische Quelle mit Belegen – ironischerweise u.a. Publikationen aus der Johns Hopkins University ...)

Durch die massenhafte Anwendung von Munition aus "abgereichertem Uran" in beiden Irakkriegen sowie in Palästina und Afghanistan werden zudem noch zahllose weitere Opfer folgen (ebenso wie in Vietnam als "Spätfolgen" des dioxinhaltigen "Entlaubungsmittels" Agent Orange).

Wie praktisch ist es doch da, dass in den "westlichen Zvilisationen" das Thema Genozid gerne zeitlich und geographisch streng beschränkt auf Nazideutschland 1933-1945 abgehandelt wird! (Ausnahmen wie z.B. Ruanda 1994 bestätigen die Regel.)

Es würde den Rahmen dieses Blogs sprengen, nur schon einen groben Überblick über weitere Ausnahmen bringen zu wollen. Ebenso, dass die Nazi-Gräuel weder ein singuläre Ausnahme darstellten, die nach 1945 ein abruptes Ende fand  – die ganzen letzten 500 Jahre Kolonisationsgeschichte inkl. den heutigen "ökonomischen Kriegen" ist eigentlich eine Geschichte von nach wie vor verdrängten, ungesühnten Genoziden, mit einem durchgängigen Mythos vom "natürlichen Aussterben niedrigerer Rassen" (mehr darüber in Enzo Traverso: Moderne und Gewalt. Eine europäische Genealogie des Naziterrors, 2003 – der italienische Originaltitel lautete treffender: "Nazigewalt. Eine Genealogie").

Auch waren weder Eugenik noch "Rassengesetze" eine spezifisch deutsche Erfindung, noch die Naziideologie eine reinrassig Deutsche Angelegenheit, gefördert und finanziert allein von Deutschen – im Gegenteil. Neben u.a. Henry Ford, Andrew Carnegie und John D. Rockefeller gehörte auch George W. Bushs Grossvater zu Hitlers Förderern und Unterstützern. (Mehr dazu u.a.: Stefan Kühl: Die Internationale der Rassisten, 1997; Stefan Kühl: The Nazi Connection, 1994; Edwin Black: IBM und der Holocaust, 2001; Edwin Black: Nazi Nexus, 2009; Edwin Black: War against the Weak, 2003.)

(Mit Ernst Rüdin war übrigens auch ein Schweizer als prominenter Nazi grundlegend beteiligt, auch er kam nie vor Gericht.)

Sinti- und Roma-Zwillinge
als Versuchskaninchen in Auschwitz.

Zwar wurde John Money's berüchtigtes "Zwillingsexperiment" wohl tatsächlich bis zu einem gewissen Grad von Josef Mengele vorweggenommen, da auch dieser in Auschwitz bereits versuchte, bei Zwillingen das Geschlecht chirurgisch zu ändern (mehrere Quellen dazu bei Edwin Black: War against the Weak, S. 358, 494). Zur Serienreife gebracht waren entsprechende chirurgische Techniken aber schon vorher durch Hugh Hampton Young von der Johns Hopkins University in Baltimore, wo auch Money nach dem 2. Weltkieg "wirkte" (und wo wohl nicht ganz zufällig auch Judith Butler nochmals später ihre erste Professur bekam). Hugh Hampton Young wiederum hatte zuvor mit ziemlicher Sicherheit die chirurgischen "Geschlechtsumwandlungsexperimente" im Umfeld von Magnus Hirschfeld genauer verfolgt.

Die Grundlagenarbeit zur "kontrollierten" Herbeiführung der Pubertät durch künstliche "Geschlechtshormone" hatte in Nazideutschland Adolf Butenandt geleistet – der spätere Präsident der Max Planck Gesellschaft, dessen Sohn Otfried Butenandt ebenfalls eine medizynische Karriere einschlug und noch in den 1980er Jahren in München Zwitter zwangsbehandelte (darunter auch Michel Reiter). Vorarbeit für Butenandt hatte zuvor der Österreicher Eugen Steinach geleistet, der wiederum mit Magnus Hirschfeld zusammenarbeitete. (Hirschfeld war seinerseits ebenfalls Anhänger der Eugenik sowie Mitglied in der "Gesellschaft für Rassenhygiene".)

Butenandt war auch Hauptverantwortlicher der Nachkriegs-Rehabilitation seines verehrten Kollegen, Nazi-Eugenikers und Mengele-Doktorvaters Othmar Freiherr von Verschuer, der (wie auch seine Kollegen in Amerika) sein Fach nach 1945 von "Eugenik" einfach flugs in "Genetik" umbenannte und unbeirrbar weitermachte. Sowohl in Amerika (u.a. beim CIA) wie auch in Deutschlands Medizynerkaste nach 1945 konnten praktisch alle einschlägigen Nazi-Medizyner ihre nur kurz unterbrochene Karriere mehr oder weniger nahtlos weiterführen. Nicht einmal Josef Mengele selbst wurde nach dem Krieg je zur Rechenschaft gezogen ...

Die Rolle all dieser honorigen (Nazi-)Medizyner bei der Etablierung der systematischen menschenrechtswidrigen Zwangsbehandlungen an Zwittern wird allerdings heute sowohl auf dem Netz wie auch in offiziellen Biographien regelmässig ausgeklammert – sogar dort, wo sie (wie z.B. bei Hugh Hampton Young) wohldokumentiert sind. Auch hier werden die an Zwittern heute noch täglich begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sofern sie in der öffentlichen Diskussion überhaupt behandelt werden, bequemerweise stets zeitlich und personell streng beschränkt auf das Wirken John Moneys.

Aufmerksam auf das eingangs abgebildete Plakat von George Maciunas aus dem Jahre 1968 wurde ich übrigens durch obige Aufnahme, die prominent vorkommt im empfehlenswerten Dokfilm "The U.S. vs. John Lennon" (englischer Bericht eines der Regisseure). Dieser erzählt, wie der sonst so unbeugsame und politisch aktive Ex-Beatle in den frühen 1970ern aus politischen Gründen u.a. durch das FBI erfolgreich eingeschüchtert und letztlich für Jahre zum Verstummen gebracht wird – wie noch so mancher Aktivist vor und nach ihm –, was sowohl die Regierungen Reagan, Bush Sen. und Clinton streng geheim halten wollten (englisch). Erst nach 14 Jahren Gerichtsprozessen gelang es dem Geschichtsprofessor Jon Wiener, einen Grossteil der Akten herauszubekommen. 

Unter anderem dokumentiert "The US vs. John Lennon" auch eindrücklich die Entstehung der berühmten Friedenshymne "Give Peace a Chance", die Lennon anlässlich einer "Bettdemo" am 1. Juni 1969 in Toronto aufnahm – nur eines von zahlreichen Lehrstücken in Sachen wirksamer Öffentlichkeitsarbeit. Leider ist der Film, der sich übrigens auch gut im Adventsprogramm machen würde, bisher auf Deutsch "zufälligerweise" nie erschienen.

Der >>> Clip zu "Give Peace a Chance" ist jedoch im Netz frei erhältlich.

(Photo: Gerry Deiter/AFP/Getty Images/Guardian)
Die "Give Peace a Chance"-Session:
Hinten, v.l.n.r.: Tommy Smothers, John Lennon, Yoko Ono.
Im Vordergrund: Rosemary Leary, Timothy Leary.
>>> Galerie mit weiteren 7 Photos

Auch Allen Ginsberg und Al Capp waren neben vielen weiteren mehr bei der Aufnahme mit dabei. Durch weitere Autrtitte und Interviews in "The US vs. John Lennon" u.a. von und mit Bobby Seale, Angela Davis, Jerry Rubin, Abbie Hoffmann, Tariq Ali und Gore Vidal wird ein Stück heute oft verdrängter Zeitgeschichte wieder lebendig.

Am "Vietnam Moratorium Day", einer monatlichen Antikriegsdemo, wurde "Give Peace a Chance" später 1969 in Washington von 250'000 Menschen gesungen. Ein Stück Besinnlichkeit und Unschuld, wie sie aus "unserer" globalisierten und durchökonomisierten Welt längst entschwunden scheint ...

Video: ins Bild klicken!

Siehe auch: 
- Menschenrechtsverbrechen: Wer schweigt, macht sich mitschuldig  
- "Was wollt ihr?" - "Gerechtigkeit!" - "Wann wollt ihr sie?" - "Jetzt!" 
- "Monsanto – mit Gift und Genen"    
- Von der Frauenbewegung lernen  
- Genitale Zwangsoperationen: "Mengeles globaler Schatten" 
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren

Sunday, December 20 2009

Caster Semenya verklagt IAAF auf 120 Mio Dollar und ASA auf 18 Mio Dollar? (VII)

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>>> IOC Rally 19.11.09      >>> Background Report     >>> Open Letter to IOC

Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!Laut einer unbestätigten schwedischen Meldung auf expressen.se (>>> deutsche Maschinenübersetzung) verklagt Mokgadi Caster Semenya mit Hilfe ihres Anwalts Greg Nott (von der Advokatur Dewey & LeBoeuf) den Leichtathletik-Weltverband "International Association of Athletics Federation (IAAF)" auf 120 Millionen US-Dollar, sowie den südafrikanischen Athletikverband ASA auf 18 Millionen Dollar. Der Bericht bezieht sich auf eine anonyme Quelle, die den Klagen gute Erfolgschancen einräumt. IAAF sei aktuell in Gesprächen mit Caster Semenya über das Testresultat.

Der Artikel wärmt frühere Berichte wieder auf, wonach IAAF Caster eine Gratis Genitaloperation offeriere, die nötig sei, damit sie wieder als Frau starten dürfe, die auf die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr vorgesehen sei. Ebenfalls wieder aufgewärmt wird die Story von der angeblich grossen Krebsgefahr. Weiter müsse sich Caster Semenya anschliessend einer "Hormontherapie" unterziehen, bevor sie frühestens nach 6 Monaten und spätestens nach 2 Jahren erneut zum "Geschlechtstest" antreten müsse.

ASA-Interim-Chef Ray Mali wird zitiert, er wisse nichts von einer entsprechenden Vorladung, allerdings wäre ASA kaum im Stande, den verlangten Betrag auftreiben zu können. Greg Nott habe dem schwedischen Sportmedium telefonisch eine Auskunft in Aussicht gestellt, sei darauf aber nicht mehr erreichbar gewesen.

Kommentar: Die öffentlichen Spekulationen um das IAAF-Verfahren um Caster Semenya gehen in eine neue Runde. Zur Abwechslung dürften aber diese neuesten Gerüchte vor allen der IAAF, die sich bisher stets durch unsägliche "Indiskretionen" am Laufenden Band über Caster Semenyas vertrauliche medizinische Informationen, angebliche Diagnosen und weitere Beleidigungen hervorgetan hatte, für einmal wenig Freude bereiten. Hoffentlich kommt es wirklich zu entsprechenden Prozessen und die Verbände werden zu empfindlichen Geldstrafen verurteilt. Denn von sich aus werden sie wohl nie lernen, dass auch zwischengeschlechtliche Athletinnen (bzw. als solche verdächtigte) Menschenrechte haben – sogar, wenn sie dunkelhäutig sind und aus armen Verhältnissen stammen ...

Nachtrag 29.12.09: Eine Woche nach dem obigen Post beginnt die "News" auch in deutschsprachige sowie internationalen Medien aufzutauchen, siehe z.B. Süddeutsche Zeitung, Bild, Rheinische Post, Hamburger Abendblatt, Krone.at und dieStandard, Inside the Games, sport24.co.za und Examiner – wie in der (mehr oder weniger) "seriösen Presse" anscheinend üblich allerdings ganz ohne Hinweis auf die schwedische Originalquelle ...

Semenyas Anwalt Greg Nott dementierte unterdessen die Meldungen in in der >>> südafrikanischen Zeitung "Sowetan": "Es ist absoluter Unsinn, es gibt nichts dergleichen." Gleichzeitig wird er in Bezug auf eine laut "Sowetan" "sich abzeichnende rechtliche Auseinandersetzung" zitiert: "Es läuft sehr gut und wir sind gut auf Kurs." Laut weiteren Quellen befinde sich der Fall "in der Abschlussphase". Über die konkrete Natur des Verfahrens gab es jedoch keine weiteren Angaben.

Auch auf der >>> Frontseite der heutigen Ausgabe der "Pretoria News" wird Greg Notts ähnlich zitiert. Ebenso Jeffrey Kessler, ein weiterer mit dem Fall betrauter Anwalt der Kanzlei Dewey & LeBoeuf: "Ich habe keine Ahnung, woher das kommt."

Am frühen Nachmittag folgte eine >>> englischsprachige Meldung der südafrikanischen Presseagentur SAPA mit Notts Dementis. Diese wurde kurz darauf von der DPA auch in Deutschland aufgenommen und verbreitet, z.B. in der Süddeutschen Zeitung, desgleichen vonm SID z.B. in der Frankfurter Rundschau. Eine >>> Meldung der englischen Agentur UKPA wies als erstes kommerzielles Medium auf den oben verlinkten, ursprünglichen schwedischen Bericht hin.

Siehe auch:
- Protest gegen Diskriminierung von Zwittern im Sport, IOC 19.11.09 
- Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!  
- Diskriminierung von Zwittern im Sport: Der "Fall" Caster Semenya (I) 
- Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (II): "The Guardian" und "Freitag.de" propagieren Genitalverstümmelungen
- Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (III): 4 Artikel von solidarischen Nicht-Zwittern
- "Caster Semenya wird als Zwitter verheizt" (IV)
- Zwitter solidarisieren sich mit Caster Semenya (V)
- IAAF offeriert Caster Semenya "Gratis Genitaloperation" (VI) 
- Sarah Gronert
- Diskriminierung von Zwittern im Sport weltweit

>>> Report on Discrimination of Hermaphrodites in Sports
>>>
Open Letter to IOC Chief Jacques Rogge demanding Justice for Santhi and Caster

Tuesday, December 15 2009

Niedrig und Kuhnt "Nicht Fisch, nicht Fleisch" (11.12.09) vs. Law & Order: New York "Identität" (2005)

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Kann ein Zwitter Sünde sein?

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!  

Am letzten Freitag, 11.12.2009, 17:30h, wurde in der Krimi-Serie "Niedrig und Kuhnt" auf Sat1 das Thema John Money/David Reimer behandelt. Die Sendung kann >>> hier ausgewählt und online angeschaut werden. (Erstausstrahlung war 8.10.08.)

In Anlehnung an eine unter Zwittern berühmte Folge der US-Serie "Law & Order: New York" / Originaltitel: "Law & Order: Special Victims Unit" (>>> englische Besprechung) wird bei "Niedrig und Kuhnt" erneut auf dem Bildschirm eine an John Money angelehnte Medizynerfigur von einem an David Reimer gemahnenden Opfer in einem blutigen Racheakt umgebracht, was in Deutschland einzelne Zwitter gleich empört aufschreien liess. (Mehr zur "Law & Order"-Folge im Anhang.)

Niedrig und Kuhnt: "Nicht Fisch, nicht Fleisch" – Die Story kurz zusammengefasst:

Der junge Kim Grabitz erschiesst seinen Psychiater Wegener und seinen Vater in Wegeners Praxis und richtet sich später selbst. Kim war seit seiner Kindheit beim ermordeten Wegener in Behandlung, weil er sich gemäss seiner Schwester wie ein Mädchen fühlte und benahm. Bald erfährt man, dass mit Kims Genitalien irgend etwas nicht stimmt. Zwischendurch wird ein zweiter Psychiater, Henning Brandt, verdächtigt, der seinen ermordeten Kollegen aufgrund dessen Forschungen an Hermaphroditen und "abstrus(en) und haarsträubend(en)" Theorien stets scharf kritisierte. Nach dem Mord zeigte Kim dem Psychiater Brandt seine Genitalien, um seine Verzweiflung zu unterstreichen:

"Das haben sie mir angetan. Für ein paar lausige Euro."

Nach Kims Selbstmord wird in Wegeners Tresor ein Brief von Kim gefunden, der einen Teil der grauenvolle Wahrheit offenbart: "Ihr habt mein Leben kaputt gemacht. (...) Und ich habe denen gezeigt, wie es ist, wenn man gezwungen wird, eine Frau zu sein."

Die Mutter bricht in der Folge zusammen und die ganze Wahrheit kommt ans Licht:

Mutter: "Der Herr Wegener, der hat eine junge Familie gesucht, mit zwei Kindern, einen Jungen und ein Mädchen unter zwei Jahre. Und wir haben uns gemeldet, und er hat uns dann auch ausgewählt für dieses Experiment. (...) Zu der Zeit hatte er an einer These geforscht, dass man einen Jungen wie ein Mädchen erziehen kann und dass es nicht geschlechtsbedingt ist, sondern erziehungsbedingt ist, was aus einem jungen Menschen wird. (...) Wegener hat uns vorgeschrieben, wie wir Kim erziehen sollten. Wir haben ihm dann Mädchenkleider angezogen und die Haare mädchenhaft so gekämmt und ihm auch Hormone gegeben."

Kommissarin: "Wieviel hat Ihnen Professor Wegener denn für die Kastration Ihres Kindes bezahlt?"

Mutter: "Dafür hat er nichts gezahlt, das musste sein, weil als der Kim elf war, da hat er ganz schlimme Depressionen bekommen und Selbstmordgedanken und da haben wir den Herrn Wegener angerufen und ihn um Hilfe gebeten und da hat er gesagt, dass ..."

Kommissar: "... dass es besser ist, wenn man ihm den Penis abschneidet."

Mutter: "Er hat gesagt, dass der Penis das einzige ist, was Kim am Glücklichsein hindert und ..."

Kommissar: "Ist Ihnen eigentlich überhaupt klar, was Sie Ihrem Jungen da angetan haben?"

Für Insider ist die Anlehnung an den Fall Reimer und John Moneys gescheitertem Experiment offensichtlich: Zwar handelt es sich bei "Niedrig und Kuhnt" nicht um ein Zwillingsexperiment wie beim traurigen Fall der Gebrüder Reimer, aber ein Schwester-Bruder-Experiment.

Besonders makaber, dass Kim bei "Niedrig und Kuhnt" nicht durch einen OP-Unfall seinen Penis verliert und zum Mädchen gemacht wird, sondern vom Arzt mittels Mädchen-Erziehung, Hormonabgabe und zuletzt Penisamputation (das einzige, das seinem "Glücklichsein" noch im Wege steht).

Und: Die Eltern machen all die Jahre mit, weil sie kräftig dafür abkassieren - 100'000 Euro! Und: Die Mutter kann für ihre niedrigen Beweggründe nicht mehr belangt werden: "Wegen Verjährung wird es nicht mehr zu einem Strafverfahren gegen sie kommen."

"Niedrig und Kuhnt" nimmt dabei kein Blatt vor dem Mund, wie solche Zwangsbehandlungen einzuordnen sind. Hier das aussagekräftige Statement des Psychiaters Brandt und scharfen Kritikers des ermordeten Wegeners, das meiner Ansicht nach nichts zu wünschen übrig lässt:

 

"Ein Kind im Alter von zwei Jahren aufgrund einer angeblich geschlechtlichen Störung zu behandeln. Das ist ja wohl das Bescheuertste, was sie jemals gehört haben, oder nicht?! (...) Also, das muss man nun wirklich nicht besonders bewandert sein, um zu erkennen, dass das totaler Schwachsinn ist. Ich kenne den Fall Grabitz. Der tolle Professor von und zu Wegener verhilft einem Kind mit schwerer sexueller Störung zu einem normalen und glücklichen Leben. Das ich nicht lache! Sie sehen ja, wie glücklich der Junge ist. (...) Sicher, völlig selbstlos hat er den Jungen vor dem sicheren Tod bewahrt. Der Wegener war doch bekannt für seine neurotische Ader, der Mann hat doch eine handfeste Profilneurose gehabt! Und der Fall Grabitz sollte wahrscheinlich sein letzter grosser Feldzug werden. (...) So, wie der mit seinen Patienten umgegangen ist. Da kann man ja schon von Versuchskaninchen sprechen. Ist doch kein Wunder, wenn sich so einer mal rächt."

 


Kommentar: Angst vor der eigenen Wut

Zugebenermassen eine ziemlich schräge Adaption des Falls Reimers, bei der die Eltern ziemlich schlecht wegkommen. Doch ob Menschen, die von Zwittern, geschweige denn John Money und David Reimer jemals etwas gehört haben, den Wink in Richtung Zwangsoperationen an Zwittern verstehen werden, ist fraglich.

Dennoch wird in der Serie klar Stellung gegen Zwangsoperationen bezogen, wenn auch nicht in direktem Zusammenhang mit Zwittern.

Und der Plot zeigt überdies, dass das Thema "Verletzung des Selbstbestimmungsrechts wehrloser Kinder durch gewissenlose Medizyner" wieder einmal irgendwo angekommen ist. Mir gefällt die inhärente Botschaft: Zwitter zwangsoperieren ist genauso krank wie biologische Jungen zu Mädchen machen, um irgendeine abstruse Theorie zu beweisen. In beiden Fällen klare Menschenrechtsverletzungen und deren Verurteilung.

Sat1 kriegt nun trotzdem nicht die Goldmedaille für Aufklärungsarbeit über Menschenrechtsverletzungen an Zwittern. Dazu ist die Vermischung verschiedener 'Ingredienzen' zu boulevardig, der explizite Bezug auf Zwitter zu wenig vorhanden. Dafür ist wohl auch das Sendegefäss das Falsche. Dennoch wird immerhin klar gegen genitale Zwangsoperationen zwecks Geschlechtszuweisung Stellung bezogen. Die Zwangsoperateure dürften einmal mehr gar keine Freude gehabt haben ...

Ganz anders aber sieht das ein Vorstandsmitglied des Vereins Intersexuelle Menschen e.V. sowie dessen Partner_in, welche ob der Sendung derart aus der Fassung gerieten, dass sie sich genötigt sahen, sich offiziell im Namen des "Bundesverband(es) «Intersexuelle Menschen e.V.», Sektion Schwerbehinderung" in einem >>> Offenen Brief der Sat1-Redaktion über die Sendung zu beschweren.

Der Titel der Serie "Nicht Fisch, nicht Fleisch" sei ausgrenzend, Eltern von Zwittern würden als geldgierige Individuen dargestellt, "die wissentlich die Genitalorgane und das Lebensglück ihrer Kinder" für Geld an Medizyner verkaufen. Insbesondere wird auch kritisiert, dass Zwitter als "bewaffnete psychopathische Menschen oder Amokläufer" dargestellt werden.

Obwohl es im Beitrag notabene eben nicht um Zwitter geht. Die unmenschliche Behandlung von Zwittern wird jedoch dargestellt, wenn auch 'verfremdet' und auf einer 'anderen Bühne', die reale Wut mancher Zwangsoperierter über das ihnen angetane Unrecht wird überspitzt fiktiv dargestellt.

Ich verstehe deshalb die Aufregung nicht. Oder eben doch: Ein Medizyner und ein mittäterischer Vater, die ein wehrloses Kind zwangsoperieren lassen, werden vom Zwangsoperierten aus Rache abgemurkst – da reicht schon diese Allusion und mancher Zwitter kriegt Angst – womöglich nicht zuletzt vor seiner eigenen unterdrückten Wut.

Wohl der Hauptgrund, dass sich viele Zwitter – auch solche in verantwortungsvollen Positionen – sofern sie überhaupt offiziell aktiv werden, bevorzugt auf Nebenschauplätzen aufhalten, statt zum Beispiel mal einigen Medizynern öffentlich kräftig in den Arsch zu treten.

Nella

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!


Anhang (von Seelenlos):
Law & Order: New York, 6. Staffel, Folge 128: "Identität" (Deutsche Erstausstrahlung 30.8.2007). Originaltitel: Law & Order: Special Victims Unit, Season 6,  Episode 128: "Identity" (18.1.2005)

Wohl das mehr oder minder heimliche Vorbild für obige "Niedrig und Kuhnt"-Folge. "Law & Order" hielt sich einiges genauer ans reale Vorbild John Money und sein infames "Zwillingsexperiment" mit den Reimer-Brüdern und wurde noch zu Moneys Lebzeiten ausgestrahlt – wohl der Grund, warum der übliche Disclaimer "Jede Ähnlichkeit mit realen Personen rein zufällig usw." in dieser Folge zumindest auf der englischen DVD markant prominenter platziert war als bei allen anderen Folgen ...

Zum Plot: Die Geschwister Lindsey und Logan, die im Zusammenhang mit einem anderen Mord (der sich als Notwehr herausstellt) ins Visier der Kommissare geraten, sind wie Brian und David Reimer eineiige Zwillinge, wobei Lindsey wie David Reimer wegen eines Unfalls bei der Beschneidung den Penis verlor. Die Eltern vertrauen sich danach einem gewissen Dr. Blair an, der sie überzeugt, das Beste sei es, den Knaben zu einem Mädchen zu machen und es über sein wahres Geschlecht zu belügen. Dr. Blair in der Sendung entpuppt sich als vergleichbar arrogant und uneinsichtig wie sein reales Vorbild, seine Aussagen wie auch die der Eltern und der "Versuchskaninchen" bringen die Geschichte prägnant auf den Punkt. Wie Kim bei "Niedrig und Kuhnt" erfährt Lindsey schliesslich doch die Wahrheit, wie David Reimer entschliesst sie sich, wieder in der männlichen Rolle zu leben. Kurz darauf wird Dr. Blair in seinem Büro mit einer Staue erschlagen. Bilder einer Überwachungskamera zeigen eine Person, die sowohl Logan wie auch Lindsey – mittlerweile Luke – sein könnte; DNS-Spuren am Tatort kommen zum selben Resultat. Wegen identischer DNS kann der Täter aber nicht überführt werden, denn die Brüder halten dicht, weil sie sich viel zu nahe stehen, um umzufallen, wie der Kommissar relativ schnell abschliessend festhält: "Sie haben ein perfektes Verbrechen hingekriegt." Die letzte Szene zeigt Logan und Luke in ihren Zellen, nun mit ähnlichem Haarschnitt und ähnlicher Kleidung, wie sie je auf ihrer Seite der gemeinsamen Zellenwand ihre Hände übereinander legen.

Kommentar: "Law & Order" ist um Klassen besser als der "Niedrig und Kuhnt"-Rip Off, sowohl von der Story wie auch von der Produktion her, aber auch, was die Darstellung der Opfer des "Zwillingsexperiments" betrifft. Zur Frage ihrer möglichen Funktion als (schluck!) Rollenvorbilder bringt's Emi Koyama von IDPX in den Abschlussätzen ihrer >>> englischen Besprechung der Sendung gut auf den Punkt, so dass ich sie hier auf Deutsch wiedergeben und der verräterisch panischen Reaktion der "Sektion Schwerbehinderung" des "Bundesverbandes Intersexuelle Menschen e.V." gegenüberstellen möchte:

Wir von der Intersex Initiative rächen uns auf unsere Art am Unrecht, das uns und unseren Freund_innen angetan wurde, nämlich durch unseren Aktivismus (also macht auch mit!). Trotzdem, Ärzte passt auf: Obwohl wir Gewalt nicht als Lösung befürworten, sind Logan und Luke nicht die einzigen, die schon den Drang verspürten, ihren Ärzten körperlichen Schaden zuzufügen.

Siehe auch:
- Stockholm under Water
- "Vom Nutzen unseres Ärgers" (Von der Frauenbewegung lernen) 
- Warum nicht alle Bio-Zwitter gleich nicht-privilegiert sind

Monday, December 14 2009

IAAF offeriert Caster Semenya "Gratis Genitaloperation" (VI)

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>>> IOC Rally 19.11.09      >>> Background Report     >>> Open Letter to IOC

Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!Laut einer >>> englischsprachigen Pressemeldung vom 13.12.09 im britischen "Telegraph", die bald darauf von Agenturen weltweit weiterverbreitet wurde, hat der Leichtathletik-Weltverband "International Association of Athletics Federation" laut einer (schon wieder ...) Indiskretion durch einen anonymen "IAAF Insider" der südafrikanischen Läuferin Mokgadi Caster Semenya eine Gratis "Gender-Operation" angeboten für den Fall, dass sie definitv "beim Geschlechtstest durchfallen" sollte. (Gemeint ist wohl konkret eine Kastration bzw. chirurgische Entfernung der angeblich "im Bauchraum verborgenen Hoden".)

Einmal mehr wird im Artikel auch reisserisch die Krebslüge propagiert (mensch beachte die "gesuchte" Formulierung – Hauptsache, das Wort "Hoden" zwei mal im selben Satz untergebracht, oder was?): 

[Seitens der IAAF] bestehen aber auch Sorgen um die Gesundheit der Athletin, da Hoden im Bauchraum ein erhöhtes Risiko für Hodenkrebs in sich tragen.

(Anmerkung: Laut aktuellen Studien [--> 4.] beträgt z.B. bei CAIS-Zwittern das Krebsrisiko von Hoden im Bauchraum 0.8%–2% – im Vergleich zum Brustkrebsrisiko bei "normalen" Frauen von über 10% ...)

Einmal mehr versucht der Artikel zudem die Schuld für den rechtswidrigen Umgang mit Caster Semenya durch den IAAF auf den südafrikanischen Athletikverband ASA abzuwälzen:

IAAF habe ASA grosszügig angeboten, Caster Semenya vor Berlin prophylaktisch vom Rennen auszuschliessen, wozu ASA aber nicht eingewilligt habe, weshalb ASA verantwortlich sei für die nachfolgende globale Medienhetze gegen Caster Semenya – die allerdings (wie auch der vorliegende Artikel) stets auf IAAF-"Indiskretionen" beruhten.

Zwar verhielt sich auch ASA gegenüber Caster Semenya widerrechtlich, indem er sie ebenfalls ohne ihr Wissen einem demzufolge nicht-eingewilligten Geschlechtstest unterzog. Im Vergleich zu den Machenschaften des IAAF und seinen ständigen Versuchen, als Zwitter verdächtigte Athletinnen stillschweigend prophylaktisch auszuschliessen und andernfalls durch "Indiskretionen" zu bestrafen, ist ASA allerdings ein kleiner Fisch. Prompt wurde bisher erst die ASA-Führung zunächst suspendiert und dann abgesetzt, während IAAF weiter ungestraft Caster Semenyas Persönlichkeitsrechte verletzen und als Zwitter verdächtigte Athletinnen weiterhin willkürlich ausschliessen darf ...

Siehe auch:
- Protest gegen Diskriminierung von Zwittern im Sport, IOC 19.11.09 
- Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!  
- Diskriminierung von Zwittern im Sport: Der "Fall" Caster Semenya (I) 
- Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (II): "The Guardian" und "Freitag.de" propagieren Genitalverstümmelungen
- Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (III): 4 Artikel von solidarischen Nicht-Zwittern
- "Caster Semenya wird als Zwitter verheizt" (IV)
- Zwitter solidarisieren sich mit Caster Semenya (V)
- Sarah Gronert
- Diskriminierung von Zwittern im Sport weltweit

>>> Report on Discrimination of Hermaphrodites in Sports
>>>
Open Letter to IOC Chief Jacques Rogge demanding Justice for Santhi and Caster

Schon wieder: Stern verbreitet Medizyner-Märchen (Teil 2)

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Menschenrechte auch für Zwitter!2 Tage nach einem ziemlich armseligen Artikel "So entstehen Männer, Frauen und alles dazwischen" folgt schon der nächste, nicht minder armselige Streich, diesmal in der Rubrik "Gesundheit" aus der Tastatur von Nicole Bongart und unter dem Titel >>> "Intersexualität: Junge oder Mädchen? Oder beides?"

Auch dieser Artikel handelt das Thema wiederum ausschliesslich vom Gender- und Medizynerstandpunkt aus ab:

Erneut ist über 5 Seiten wild durcheinander die Rede von "Störungsbildern", "Transsexuellen", "Sexualhormonen", "Gendefekten", "Hermaphroditismus verus", "Korrektur der untypischen Geschlechtsentwicklung", "Operateure [mit] ausreichende[r] Erfahrung", "Geschlechterrollen", "psychischen Erkrankungen" usw.

Auch dieser Artikel stellt die genitalen Zwangsoperationen ausschliesslich als heute nicht mehr relevante Vergangenheit dar:

Lange Zeit empfahlen Ärzte eine rasche Entscheidung für eines der beiden Geschlechter und eine frühzeitige Operation. Bis in die 80er Jahre war es üblich, dass intersexuelle Menschen im Kindes- und Jugendalter Operationen im Genitalbereich hatten, ohne ausreichend in diesen Entscheidungsprozess mit einbezogen zu werden. Dieser entmündigende Umgang wurde in den letzten 20 Jahren von Betroffenen und Medizinern kritisiert, es kam zu einem Umdenken. (S. 1)

Gleichzeitig werden schamlos Zwangsops und weitere Zwangsbehandlungen propagiert:

So unterschiedlich die Ursachen von Intersexualität sind, so vielfältig ist auch die Herangehensweise an Zeitpunkt und Art der Korrektur der untypischen Geschlechtsentwicklung. Als medizinischen Behandlungsmöglichkeiten bietet sich eine Hormontherapie ebenso an wie eine Operation. Häufig werden auch beide Therapien kombiniert. (S. 4

Erneut ist im ganzen Artikel kein einziges Mal die Rede von (missachteten) Menschenrechten oder (nicht vorhandener) Ethik!

Tüpfelchen auf dem i: Auf einer zusätzlichen Seite "Hilfreiche Adressen: Sexualberatung und Selbsthilfegruppen" sind auf 2 Seiten in dieser Reihenfolge abschliessend aufgeführt: Familienplanung.de, schwanger-info.de, Pro Familia, Deutsche AIDS-Hilfe, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Schwul-lesbisches Jugendnetzwerk Lambda, Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD), Lesbenring, Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität, Selbsthilfegruppe für Menschen mit abweichender Geschlechtsidentität VIVA TS München, Schwangerschaftsberatung Deutscher Caritasverband, AWO Arbeiterwohlfahrt (Abt. Schwangerschaftberatung), Deutsches Rotes Kreuz (Abt. Schwangerschaftsberatung), Kontaktstelle gegen sexuelle Gewalt tamar ruhrgebiet, Verein zur Abschaffung von sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt AMYNA, Verein gegen sexuellen Missbrauch Wildwasser – aber keine einzige Zwitter-Selbsthilfe- oder Lobbygruppe!

Fazit zum 2.: Erneut ein Machwerk, das letztlich unter "Medizyner Medien Offensivchen möchte gern zurückschlagen" abgelegt werden muss. Und das als Warnung dienen sollte, dass "positive Medienresonanz" keine Selbstverständlichkeit darstellt, sondern durch harte Lobbyarbeit jedes Mal von neuem erkämpft werden muss – und die Medizyner schlafen nicht ...  

Nachtrag 10.2.10: Soeben wurde das Machwerk auch auf dem Hermaphroditforum "entdeckt".

Siehe auch:
- Stern verbreitet Medizyner-Märchen (I)  

Sunday, December 13 2009

Warum nicht alle Bio-Zwitter gleich nicht-privilegiert sind

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Dieser Post behandelt ein heikles Thema, das aber nicht einfach verschwindet, wenn es totgeschwiegen wird, und deshalb hier auch angesprochen werden soll. Da ich als "Normal-XY" darüber schreibe, habe ich versucht, es möglichst unpolemisch zu tun.

Das Privileg der Nicht-Biozwitter besteht darin, ohne Gefährdung durch Zwangsoperationen mit unversehrten äusseren und inneren Geschlechtsorganen aufgewachsen zu sein, was Nicht-Biozwitter als Gruppe von praktisch allen Biozwittern abhebt. (Einer der Konfliktpunkte, warum eine ungefragte Eingemeindung der Zwitter in LGBT fragwürdig ist und von der überwiegenden Mehrzahl der Biozwitter abgelehnt wird.)

Doch auch die Biozwitter unter sich bilden keine einheitliche Gruppe, da nicht alle Zwitter in gleichem Masse der Gefahr genitaler Zwangsoperationen und sonstiger traumatisierender Zwangsbehandlungen inkl. lebenslanger Folgen ausgesetzt sind.

Je nachdem, welcher "Syndromgruppe" ein Neugeborenes mit "uneindeutigen" Geschlechtsmerkmalen von den Medizynern zugeteilt und dann nach den entsprechenden "Leitlinien" behandelt wird, drohen vergleichsweise mehr oder weniger drastische medizinische Zwangsmassnahmen: Einige Zwitter werden "mit dem ganzen Programm" wiederholt und von klein an zwangsoperiert, andere "nur" kastriert (und oft erst nach der Pubertät) oder mit Hormonbomben traktiert. Wieder andere schlüpfen den Medizynern aus anderen Gründen ganz durch die Lappen.

Dementsprechend sind nicht alle Zwitter gleich schwer traumatisiert – auch abgesehen von den individuellen Möglichkeiten, Fähigkeiten und Kräften, mit einer Traumatisierung mehr oder weniger fertig zu werden.

Als Hinweis, was ich meine: Mein persönlicher Eindruck ist z.B., dass als CAIS diagnostizierte/"behandelte" Zwitter in der Regel mit am wenigsten Verlusten durchkommen, da sie i.d.R. "nur" zwangskastriert und belogen werden (und ersteres meist erst nach der Pubertät), während Zwitter mit der Diagnose/"Behandlung" AGS/CAH in der Regel am schlimmsten genital zwangsoperiert und/oder (prä-natal) hormonzwangstherapiert werden.

Möglicherweise ist's so besehen kein Zufall, dass CAIS-Diagnostizierte die aktuelle "Zwitterbewegung" zahlenmässig dominieren (XY-Frauen / Intersexuelle Menschen e.V. in Deutschland), während die Initiniant_innen (oder unversöhnlichsten Exponent_innen) der ursprünglichen Zwitterbewegung in den 1990ern oft aus nach AGS/CAH-"Leitlinien" mit "Penis"/"Klitoris"-Amputation "Behandelte" sind, z.B. die ISNA-Gründerin Cheryl Chase, der deutsche Ur-Aktivist Michel Reiter, oder Raketennordlicht, die Erfinderin des Kampfbegriffs "Medizyner". (Umgekehrt gibt's für Menschen mit AGS in Deutschland aktuell keine emazipatorische Selbsthilfegruppe, sondern nur eine – so besehen passend benannte – "Eltern- und Patienteninitiative").

Ebenso ist's möglicherweise kein Zufall, dass diese "Unversöhnlichen" von den übrigen Zwittern oft mehrheitlich als "zu extrem" abgelehnt oder gar angefeindet werden, und sich z.T. inzwischen wieder zurückzogen bzw. in der aktuellen Bewegung nicht mehr vertreten sind – einer Bewegung, der sie (zusammen mit weiteren Nicht-CAIS-Diagnostizierten) handkehrum "Prägung durch eine 'CAIS-Brille'" und mangelnde Radikalität vorwerfen.

Tatsächlich wird z.B. in der aktuellen Diskussion (wovon auch dieser Blog nicht ganz ausgenommen werden kann) der Problematik der Zwangskastrationen (bei CAIS) überproportional viel Platz und Gewicht eingeräumt, während z.B. prä-natale Zwangshormontherapien (bei AGS/CAH) in der Auflistung der Menschenrechtsverletzungen im IMeV-Schattenbericht unter den Tisch fielen.

Meiner bescheidenen Nicht-Biozwittermeinung nach würde die "Zwitterbewegung" an Schwung- und Durchschlagskraft gewinnen, wenn die verschiedenen Formen und Grade des Nicht-Privilegiertseins der verschiedenen Biozwitter-Untergruppen mehr und offener thematisiert und durchleuchtet würden – und danach die "Privilegierteren" nach Möglichkeit auch auf einer politischen Ebene mehr Solidarität mit den "weniger Privilegierten" zeigen würden.

Wut über das persönlich erlittene Unrecht war nicht zufällig Ausgangspunkt und Treibstoff der "Zwitterbewegung" und damit des Widerstandes gegen die Zwangsbehandlungen – und auch diese Wut musste zuerst einmal zugelassen und umgesetzt werden können.

Je mehr zu dieser Wut weiter die Fähigkeit dazukommt, auch über den eigenen "Syndromtellerrand" hinauszublicken, quasi einen Schritt zurückzutreten und von der eigenen Person, dem individuellen Schicksal nötigenfalls zu abstrahieren, umso entschlossener und effektiver können die menschenrechtswidrigen Zwangsbehandlungen als Ganzes bekämpft werden, und desto weniger werden in Zukunft die Medizyner verschiedene "Betroffenengruppen" gegeneinander ausspielen können nach dem Motto "teile und herrsche".

Siehe auch:
- Warum Nicht-Biozwitter allesamt privilegiert sind  
- "Vom Nutzen unseres Ärgers" (Von der Frauenbewegung lernen) 
- Stockholm under Water   

Saturday, December 12 2009

Stern verbreitet Medizyner-Märchen (I)

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Kann ein Zwitter Sünde sein?Auf Stern.de erschien in der Rubrik "Wissen" von Brigitte Herden ein längerer Artikel >>> "So entstehen Männer, Frauen und alles dazwischen".

Einmal mehr wird dort das Thema ausschliesslich nach Gender- und Medizynerstandpunkten abgehandelt. So ist im über 5 Seiten verteilten Text wild durcheinander die Rede von "Chromosomen", "Geschlecht", "Typisch wirkende Verhaltensweisen", "Stereotypen", "Abweichungen", "Geschlechtsidentitätsstörung", es geht um "Transsexuelle", "Schwule", "Lesben" und, äh, "Intersexuelle", sowie um "Geschlechtshormone", die "schon im ungeborenen Kind wirken und die Entwicklung des Gehirns beeinflussen" inkl. "die Geschlechtsidentität"

Zwar werden auf der 3. Seite unter Hinweis auf den "John/Joan-Fall" kurz einige scheinbar kritische Töne angeschlagen – streng nach dem altbewährten Medizyner-Motto "Früher sind uns vielleicht paar wenige Irrtümer unterlaufen, aber das ist schon lange her, also reden wir nicht weiter davon, heute haben wir alles todsicher im Griff":

Lange Zeit dachten Ärzte, es sei gut für solche intersexuellen Kinder, wenn möglichst rasch über das Geschlecht entschieden werde. Und da es leichter ist, durch eine Operation eine Vagina zu formen als einen Penis, wurden Menschen mit Intersex-Syndrom in der Vergangenheit häufig zu Mädchen umoperiert und ihnen dies verschwiegen. Inzwischen weiß man aber, dass das Gefühl für die eigene Geschlechtsidentität auf sehr komplexe Weise entsteht und zu einem Teil schon von Geburt an im Gehirn verankert sein kann. Durch eine Operation kann man es nicht ohne weiteres festlegen.

Sprich, einzig wegen inzwischen veralteter Forschungsergebnisse gabs zwar mal einige Schlaglöcher auf dem Weg. Aber heute sind unsere guten Mannen und Frauen von "Netzwerk Intersexualität/DSD", "Euro-DSD" usw. ja schon sooo viel weiter, ganz nach ihrem ureigenen Motto "Vom Gen zur Geschlechtsidentität" werden heute "gender-optimierte" Zwangsanpassungen perfektioniert, und auch die Zwangsoperationsmethoden sind heute ja mittlerweile einsame Spitze (was die Medizyner in 20 Jahren dann auch todsicher beweisen werden können).

Dementsprechend nichts als logisch: Im ganzen Artikel ist kein einziges Mal die Rede von (missachteten) Menschenrechten oder (nicht vorhandener) Ethik!

Fazit: Trotz vereinzelter Ansätze ein Machwerk, das letztlich unter "Medizyner Medien Offensivchen möchte gern zurückschlagen" abgelegt werden muss. Und das als Warnung dienen sollte, dass "positive Medienresonanz" keine Selbstverständlichkeit darstellt, sondern durch harte Lobbyarbeit jedes Mal von neuem erkämpft werden muss – und die Medizyner schlafen nicht ...

Siehe auch:
- Schon wieder: Stern verbreitet Medizyner-Märchen (Teil 2) 

Friday, December 11 2009

Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung (Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal")

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Zum gestrigen Tag der Menschenrechte (10. Dezember):

Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!

Seit dem Beginn der Zwitterbewegung in den 1990ern war einer ihrer wesentlichen Kritikpunkte, dass FeministInnen zwar gegen weibliche Genitalverstümmelung (hauptsächlich in fernen Kulturkreisen) protestieren und lobbyieren, aber gleichzeitig die Genitalverstümmelungen an Zwitterkindern vor der eigenen Haustüre (z.T. aus rassistischen Motiven heraus) mutwillig ausblenden
(>>> mehr) – obwohl, worauf Michel Reiter schon 1998 hinwies, die dadurch entstehenden Schäden durchaus vergleichbar sind und auch die weibliche Genitalverstümmelung z.T. damit begründet wird, Klitoris und Schamlippen seien "überflüssige" oder gar schädliche "männliche Anteile" und müssten deshalb bei Frauen entfernt werden, um sie zu "richtigen Frauen" zu machen (umgekehrte Argumentation wird z.T. auch als Begründung für männliche Beschneidung vorgebracht):

"[...] so glaubt man, daß jede Person mit einer maskulinen und einer femininen 'Seele' ausgestattet ist. Diese 'Seelen' enthüllen ihre jeweiligen physiologischen Merkmale in den und durch die Fortpflanzungsorgane. Auf diese Weise ist die weibliche 'Seele' eines Mannes, so wird behauptet, in der Vorhaut lokalisiert, während die männliche 'Seele' der Frau in der Klitoris sitzt. Dies bedeutet: Wenn der junge Mann heranwächst und schließlich in die männliche Gesellschaft aufgenommen wird, muß er sich seiner weiblichen Merkmale entledigen. (...) Dasselbe gilt für ein junges Mädchen (...), indem man ihre Klitoris oder Klitoris und Schamlippen entfernt. Nur so beschnitten kann das Mädchen behaupten, eine vollständige Frau zu sein, und ein entsprechendes Sexualleben führen." (Lightfoot-Klein: "Das grausame Ritual" (1992), S. 45, zitiert hier.)

In neuen Jahrtausend beginnt sich das nun ansatzweise zu ändern! 2009 äusserste sich in der Schweiz Terre des Femmes – meines Wissens nach gar zum allerersten Mal – in einer politischen Diskussion nachdrücklich auch gegen die genitalen Zwangsoperationen an Zwittern und kritisierte explizit, dass diese in einen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der weiblichen Genitalverstümmelung nicht aufgenommen wurden.

Einen wichtigen Beitrag zu diesem Wandel leistete wohl die "Beschneidungs-Expertin" Hanny Lightfoot-Klein, die sich seit den 1980ern intensiv mit Genitalverstümmelungen befasst und Öffentlichkeitsarbeit zu ihrer Beendigung leistet (>>> englische Homepage).

Im abschliessenden Band ihrer Buchtrilogie zum Thema, auf Deutsch 2003 erschienen unter dem Titel "Der Beschneidungsskandal", zog Hanny Lightfoot-Klein meines Wissens nach zum ersten Mal auch die genitalen Zwangsoperationen an Zwitterkindern umfassend mit ein. Damit kam sie einer Urforderung der Zwitterbewegung nach und leistete einen entscheidenden Beitrag zur Bekanntwerdung dieses Tabuthemas in feministischen Kreisen. Weiter setzt das Buch weibliche Genitalverstümmelungen und Zwangsoperationen an Zwittern in einen weiteren Zusammenhang mit den in westlichen Ländern bis in die Hälfte des 20. Jahrhunderts praktizierten Klitorektomien auch bei "normalen Frauen", sowie mit der (in den Folgen vergleichsweise harmloseren) männlichen Beschneidung. (>>> gelungene Zusammenfassung/Besprechung auf Akifra.org)

In "Der Beschneidungsskandal" redet Hanny Lightfoot-Klein von Anfang an Klartext über die Zwangsoperationen an Zwittern, so z.B. im Vorwort unter expliziter Erwähnung der "Intersex-Operationen" von der "Selbstverständlichkeit, dass jede Art von genitalen Schnitzereien ein alptraumartiges Ereignis für ein Kind darstellt, wobei der schlimmste Alptraum von der Realität übertroffen wird." (S. 9)

Und im 2. Kapitel in einem ersten Abschnitt "»Korrigierende« Genitalchirurgie an intersexuellen Kindern": "Leider konnte bis heute kein Beweis erbracht werden, dass durch diese Art der Intervention tatsächlich irgendwelche Probleme gelöst wurden." (S. 40)

Im 3. Kapitel, das auch persönliche Geschichten enthält von der ISNA-Begründerin Cheryl Chase a.k.a. Bo Laurent und von Howard Devore, hält Lightfoot-Klein explizit fest: "Willkürliche Eingriffe an den Genitalien von nicht einwilligungsfähigen Minderjährigen, die das Kind, an dem sie begangen werden, sowohl physisch als auch psychisch gefärden können und die aus rein »kosmetischen« Gründen durchgeführt werden, müssen endlich klar als unethisch definiert werden." (S. 49)

In Bezug auf "Intersexchirurgie" spricht Lightfoot-Klein in einem Abschnittstitel gar von der "»Heimatfront«" im Kampf gegen Genitalverstümmelung weltweit (S. 173).

Aufschlussreich auch, wie viele afrikanische AktivistInnen, die Lightfoot-Klein durchgehend zu Wort kommen lässt, immer wieder die Menschenrechtswidrigkeit der Genitalverstümmelungen betonen:

"Wir glauben, dass die genitale Verstümmelung von Mädchen in aller erster Linie einen Akt von Kindesmissbrauch sowie eine Menschenrechtsverletzung darstellt, und dies sollte von den internationalen Medien, den Menschenrechtsaktivisten und allen, die mit der Gesundheit von Frauen und KIndern befasst sind, bedacht werden." (Aus einem Rundschreiben von AktivistInnen aus Ghana, Nigeria, Somalia, Sudan und Senegal, S. 139)

"Genitalverstümmelung muss aufhören, damit Frauen ihre grundlegenden Menschenrechte geniessen können." (Rogaia M. Abusharaf, S. 142)

Klartext redet Lightfoot-Klein auch über den Preis für den Kampf gegen diese Menschenrechtsverletzungen: "Ich habe für mich festgestellt, dass niemand, der seine oder ihre Kraft und Energie in diese Sache steckt, ganz ungeschoren davonkommt. Jeder und jede von uns [...] zahlt einen persönlichen Preis, und für einige von uns war es ein hoher Preis. Auf die eine oder andere Art haben wir alle gelitten." (S. 140-41)

Auch die Übersetzerin von "Der Beschneidungsskandal", Dr. Sabine Müller redet in ihrem Vorwort Klartext: "Wie groß darf in einem westlichen Land eine Klitoris sein, bevor sie dem Kinderchirurgen anheimfällt? In Europa sind es Hebammen, Fachärzte und -ärztinnen, die einem Neugeborenen das Geschlecht zuweisen, und wehe da stimmt etwas nicht. Jedes Jahr werden in Deutschland 350 Intersex-Kinder geboren, und keines entgeht dem Messer." (S. 7)

In einem weiteren Zitat im Buchinnern nimmt Dr. Sabine Müller auch selbstkritisch Stellung zur schweigenden Komplizenschaft der gesamten Medizinerzunft, wenn angehende ÄrtInnen etwa in ihrer Ausbildung mit den menschenrechtswidrigen genitalen Zwangsoperationen konfrontiert werden: "Ich kann mich nicht erinnern, dass von uns Studierenden auch nur eine/r nachfragte, geschweige denn protestierte. Wir sassen mit offenen Mündern da und betrachteten die 'Horrorshow' der Diasammlung des Professors. Kürzlich erschien in Der Spiegel (45/2002) unter dem Titel 'Ihre Tochter ist ein Sohn' ein Artikel, der anschaulich schildert, dass dies noch immer die gängige Praxis ist." (S. 42) 

Werden die 2010er Jahre das Jahrzehnt, in dem sich das endlich grundlegend ändert, und sowohl die KämpferInnen gegen weibliche Genitalverstümmelung weltweit endlich umfassend die Konsequenzen ziehen, wie auch (angehende) MedizynerInnen?

Siehe auch:
- "Genitalverstümmelung ein afrikanisches Problem?" 
- Bundesärztekammer gegen genitale "Zwangsoperationen" – natürlich nur bei "Mädchen und Frauen" ... 
- Internationaler Tag gegen Mädchenbeschneidung (aber die Zwitter operiert nur ruhig weiter, sind ja keine Frauen, äh, Menschen ...)
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern 
- Zwitter und Patriarchat aus feministischer Perspektive  

Wednesday, December 9 2009

Intersex Protest @ IOC 19.11.09 – Fabrice Coffrini/AFP/Getty Images

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>>> English Notes      >>> IOC Rally 16.11.09      >>> Background Report

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!  

Portfolio von Fabrice Coffrini für AFP/Getty Images vom Protest der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.info gegen Diskriminierung von Zwittern im Sport. -> Zum Vergrössern jeweils reinklicken!

(Photo: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)

(Photo: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)

(Photo: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)

(Photo: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)

(Photo: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)

(Photo: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)

>>> English Notes      >>> IOC Rally 16.11.09      >>> Background Report

Kommentar: Boa, sahen wir alt aus in Genf so früh am feuchtkalten Morgen! Trotzdem finde ich die Bilder von Fabrice Coffrini von den gelungensten der Schnappschüsse der zahlreich anwesenden Agenturfotografen. Sind sie doch die einzigen, auf denen auch Zwitter-Protest-Veteranin Baiba zumindest zwei mal angemessen mit drauf ist (und noch am frischesten dreinguckt). Ausserdem scheint Fabrice Coffrini auch über eine gute Portion Humor zu verfügen, bzw. die Bilder sind nicht alle so bierenst inszeniert wie die der Konkurrenzagenturen (mehr davon später). Das 3. Bild schaffte es sogar in die New York Times (allerdings wurde dort Nella in der Bildunterschrift bald einmal zur blossen "Frau" reduziert ... :-( ), sowie das Letzte mit der schicken Statue dauf in das Online-Magazin Jezebel.

Siehe auch:
- Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!
- "Caster Semenya wird als Zwitter verheizt" 
- Protest gegen Diskriminierung von Zwittern im Sport, IOC 19.11.09
- "Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan und Caster Semenya!" - Zwitter-Demo gegen IOC und IAAF, 19.11.09, 09h
- "Lausanne: Les hermaphrodites suisses s’attaquent au CIO" - 20min.ch 17.11.09

>>> Report on Discrimination of Hermaphrodites in Sports
>>>
Open Letter to IOC Chief Jacques Rogge demanding Justice for Santhi 

Friday, December 4 2009

Bundesrat: Kein Schutz "sexueller Identität" im Grundgesetz – VereinnahmerInnen machen unbeirrt weiter wie gehabt

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Wie unlängst auf diesem Blog berichtet, forderten Berlin, Hamburg und Bremen in einer Standesinitiative unter dem Motto "Homo-Schutz ins Grundgesetz" neu auch, "sexuelle Identität" ("in der Rechtssprache" laut Wikipedia gleichbedeutend mit "sexuelle Orientierung") ins Grundgesetz Art. 3.3 aufzunehmen. Dabei wurde in Medienberichten von Seiten der Initianten auch "Intersexuelle" in altbekannter, vereinnahmender Manier als obligates, lediglich "mitgemeintes" Schlusslicht ins Feld geführt.

Am Freitag letzter Woche erteilte nun der Bundesrat (nach der Yogyakarta-Ablehnung im Bundestag nicht besonders überraschend) der Initiative eine Abfuhr.

Kommentar:

Ein schwarzer Tag für die Gleichstellung von LGBT, und nicht nur für den LSVD "enttäuschend".

Trotzdem (theoretisch) auch eine Gelegenheit, die realpolitisch untaugliche (und vereinnahmende) Methode einmal zu überdenken, die auch in Deutschland immer noch täglich begangenen, massiven Menschenrechtsverletzungen gegen Zwitter lediglich auf "Diskriminierungsebene" und "bei LGBT 'mitgemeint'" auf die lange Bank zu schieben und die genitalen Zwangsoperationen an Zwittern auf blosse "Anfeindungen und Benachteiligungen" zu reduzieren, unter denen LGBT nach eigenen Aussagen leiden. Statt die massiven Menschenrechtsverletzungen an Zwittern nach dem Vorbild des LSVD endlich als eigenständigen Punkt auf die politische Agenda zu hieven als das, was sie sind: nämlich krasse Verstösse insbesondere gegen das elementare Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung. Auf diese Weise eingebracht wäre die zentrale Forderung der Zwitterbewegung nach Abschaffung der Zwangsoperationen erst noch realpolitisch innert nützlicher Frist durchsetzbar.

Leider stehen die Zeichen dafür nach wie vor schlecht: Die üblichen VereinnahmerInnen machen wohl unbeirrbar weiter wie gehabt (schliesslich werden ja auch sie persönlich und ihre Klientel nicht genital zwangsoperiert – nach wie vor in Deutschland JEDEN TAG EIN WEHRLOSES ZWITTERKIND, sowie in Österreich und in der Schweiz jede Woche eines). 

So reichten am Tag der Ablehnung im Bundesrat (wohl in Hoffnung auf eine Annahme) die wohl unverbesserlichen VereinnahmerInnen der Grünen um Volker Beck vollmundig einen Gesetzesentwurf (PDF) ein, in dem "Intersexuelle" einmal mehr in der unsäglichen, scheinbar gottgewollten Reihenfolge lediglich "mitgemeint" und ihre Leiden verharmlost werden, ohne dass die nur an Zwittern üblichen, massiven Verstösse insbesondere gegen das Menscherecht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung je adäquat angesprochen werden.

Auch die SPD, die (ebenso wie die Grünen) bisher noch nie auch nur einen einzigen konkreten Vorstoss zu Gunsten von Zwittern unternahm, will nach dem Nein des Bundesrats laut Medienberichten ebenfalls einen entsprechenden Gesetzesvorschlag in den Bundestag einringen. Dabei werden – Überraschung! – "Intersexuelle" (mit der wörtlich gleichen Formulierung wie bei den Grünen!) als obligates Schlusslich bloss "mitgemeint". Auch von der SPD also lediglich Vereinnahmung pur.

Fazit: "Mitgemeint" ist nicht gut genug – im Gegenteil! Und:

Würden von den versammelten VereinnahmerInnen mal nur schon ein paar an den eigenen Geschlechtsteilen genital zwangsoperiert, hätten sie bestimmt ziemlich schnell andere Parolen – wetten?!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

Siehe auch:
- Heute im Bundestag: Zwitter als Kanonenfutter für "sexuelle Identität"

Thursday, November 26 2009

Karin Plattner @ Aeschbacher 26.11.09 22:20h SF1

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UPDATE: >>> Teiltranskript Erik Schinegger u. Claudia Wiesemann @ SternTV 25.11.

Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!  

Heute ist Karin Plattner von der Schweizerischen Elternselbsthilfe zu Gast in der bekannten Talksendung Aeschbacher.

Als letzte von 4 Studiogästen redet Karin Plattner im knappen Rahmen der Sendung einmal mehr Klartext darüber, wie die Medizyner ihr zwischengeschlechtlich geborenes Kind unbedingt genital zwangsoperieren wollten.

Was für ein Kampf es heute noch ist, weil alle Medizyner ihm bei jeder "normalen" Untersuchung unbedingt auch noch zwischen die Beine schauen wollen.

Dass die Horrorszenarien der Zwangsoperateure, wonach jedem unoperierte Kind sogleich und unwiderruflich das "soziale Aus" drohe, gar nicht wahr werden, solange offen und offensiv darüber Klartext geredet wird (statt das medizynisch verordnete Schweigebot zu befolgen).

Kommentar: Nella und ich waren bei der Aufzeichnung im Publikum mit dabei, und es war einmal mehr eindrücklich zu fühlen, auf welcher Seite Herr und Frau DurchschnittsbürgerIn stehen betreffend "Kosmetische Genitaloperationen an Kindern Ja oder Nein?"

Nämlich auf der Seite der Zwitter und der Menschenrechte und GEGEN die Zwangsoperateure! Bring it on!

Die Sendung ist jetzt auch als >>> Online-Video verfügbar.

Siehe auch:
- Daniela "Nella" Truffer und Karin Plattner @ Rundschau SF1 19.12.07 (Video)
- Daniela "Nella" Truffer und Karin Plattner @ TalkTäglich TeleZüri 20.10.09 (Video)
- besonders gelungenes Interview mit Karin Plattner in "Spuren" (2004)
- aktuelles Interview mit Karin Plattner auf Tagesanzeiger.ch 27.10.09 
- Alle Posts über Karin Plattner auf diesem Blog

Wednesday, November 25 2009

Erik Schinegger @ SternTV 25.11.09 22:15h RTL

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Menschenrechte auch für Zwitter!Nach "Wie Zwitter um Anerkennung kämpfen" (15.7.09) wird mit Erik Schinegger heute bereits zum 2. Mal dieses Jahr ein zwischengeschlechtlich geborener Mensch bei Günther Jauch zu Gast sein. Zählt mensch noch die exzellente Güldenpfennig-Doku "Leben als Zwitter" (14.10.08) dazu, sind es sogar 3 Zwitter-Auftritte bei SternTV in gut einem Jahr. Insgesamt 4 gar mit  Schineggers Auftritt vom 8.2.06, ebenfalls bei Günther Jauch.

Und das Beste: Im Gegensatz zu 2006 bedeutet auch der heutige Beitrag schon von vornherein einmal mehr schlechte Nachrichten für alle Zwangsoperateure und ihre Helfershelfer – bereits zum 3. Mal in Folge! Yipyip!

Nachtrag: 

In der Sendung als Expertin diesmal mit dabei die Medizinethikerin Claudia Wiesemann aus Göttingen, die das öffentlich das inakzeptable Vorgehen des Sportverbandes IAAF gegen Caster Semenya schon wiederholt öffentlich gerügt hatte, sowie in einer Pressemitteilung "Sportethik tut Not!" auch das willkürliche und schädigende Vorgehen von OCA / IOC gegen Santhi Soundarajan. Wiesemann war weiter als Leiterin der Arbeitsgruppe Ethik massgeblich am den Netzwerk-Ethikempfehlungen beteiligt und organisierte letztes Jahr in Göttingen eine Tagung "Rechte von Kindern in Medizin und Forschung".

Nachfolgend ein Transkript von Nella mit den interessantesten Passagen während der Sendung:

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