Die anderen

Entries feed - Comments feed

Friday, August 5 2011

"Der medizinische Umgang mit Intersexuellen Kindern: Eine Analogie zum sexuellen Kindesmißbrauch" - Tamara Alexander

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Ausgeliefert! >>> Leider immer noch brandaktueller Text von 1997 mit zahlreichen Belegen über ein Thema, das viele Überlebende von Genitalverstümmelungen im frühen Kindesalter seit langem anklagen, verfasst von der Partnerin des Intersex-Aktivisten Max Beck, die beide u.a. im Dokfilm "Das dritte Geschlecht" auftraten (dieser Blog berichtete). Nachfolgend ein Auszug (hier ohne die Literaturbelege):

[...] Vergleichbar den Opfern kindlichen sexuellen Mißbrauchs werden Kinder mit intersexuellen Merkmalen Opfer wiederholter genitaler Traumata, die sowohl in der Familie wie im kulturellen Umfeld geheimgehalten werden. Die Kinder sind verängstigt, beschämt, fehlinformiert und verletzt. Sie erleben ihre Behandlung als eine Form des sexuellen Mißbrauchs und betrachten ihre Eltern als Personen, von denen sie betrogen wurden und die mit den medizinischen Experten kollaboriert haben. Wie bei sexuellem Mißbrauch umfassen die psychologischen Folgen Depression, Suizidversuche, die Unfähigkeit zu intimen Beziehungen, Störungen des Körperbildes und dissoziative Muster. [...]

Medizinische Photograpien der Genitalien, Untersuchungen an den Genitalien bei verfrühtem Einsetzen der Pubertät und intersexuellen Merkmalen, Kolposkopie [Scheidenspiegelung] und Untersuchungen eines Mädchens, das DES [Diethylstilbestrol] ausgesetzt war, Cystoskopie [Harnröhren- und Blasenspiegelung] und Katheter-Anlagen und Hypospadie-Korrektur führen zu Symptomen, die mit denen des kindlichen sexuellen Mißbrauchs stark korreliert sind: Dissoziation, negatives Körpererleben, und PTSD-Symptomatik. Einer von Moneys Patienten berichtet: „Ich lag da, nur mit einem Tuch über mir, und ungefähr 10 Ärzte kamen herein, und das Tuch kam weg, und sie fühlten hier und da und diskutierten darüber, wieviel Fortschritte ich gemacht hatte. Ich war vor Angst versteinert. Dann kam das Tuch wieder 'drüber und es kamen ein paar andere Ärzte herein und sie taten dasselbe. Das war unheimlich. Ich hatte Angst. Ich hatte Alpträume davon..."

[...] Sowohl Angela Moreno als auch Max Beck berichten über weitreichende Abspaltungsepisoden. Max erinnert sich: „Ich war die meiste Zeit meiner Jugend ein herumlaufender Kopf". Moreno sagt daß sie sich erst „nach Jahren therapeutischer Behandlung endlich in ihrem Körper fühlte, ihre Haut ausfüllte und nicht nur umhertrieb." Diese Aussagen ähneln denen von CSA [Child Sexual Abuse = sexueller Kindesmissbrauch] Opfern, die berichten, daß sie sich emotional von ihren Körpern getrennt haben, um den physischen Angriffen Widerstand entgegensetzen zu können. Eine Frau, die wiederholten Kolposkopien unterworfen wurde, gibt an, daß sie „die vaginalen Untersuchungen nur überlebt hat, indem sie sich vollständig von ihrem unteren Körper abgespalten hat - d.h. daß sie unterhalb ihrer Taille taub war, ohne Empfindung und Gefühl“. [...]

Weitere behandelte Themen: Scham und Verlegenheit, Heimlichkeit und Schweigen, Fehlinformation, Dissoziation und Körperentfremdung, Verratstraumata u.a.m.

>>> Der ganze Text von Tamara Alexander mit zahlreichen Literaturbelegen

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter

Tuesday, August 2 2011

Liste aller Kommentare auf dem Online-"Diskurs" des Deutschen Ethikrates über "Intersexualität"

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)

Da auf dem Ethikrat-"Diskurs"-Blog nur jeweils die letzten 5 Kommentare sichtbar sind, ist es fast unmöglich, alle mitzubekommen, geschweige denn auf dem "Diskurs" nachträglich Kommentare einzelner Autor_innen wiederzufinden, denn die Kommentare werden in der "Diskurs"-Suchfunktion nicht berücksichtigt und bei Google nur schleppend erfasst. 

Dieser Blog präsentiert deshalb eine >>> (fast) vollständige Liste aller Kommentare auf dem "Intersex-Diskurs" (inkl. denjenigen, von denen der Deutsche Ethikrat nicht will, dass Sie sie lesen können).

Diese Liste wird bis zum Ende des "Diskurses" kontinuierlich aufdatiert, ebenso die seit Beginn gelistete Auswahl von aus unserer Sicht besonders relevanten oder bemerkenswerten Kommentare, Statements und Meldungen

Nachtrag 8.8.11: Inzwischen sind alle bekannten Kommentare in der Liste verlinkt sowie in der Statistik berücksichtigt 

>>> Chronologie Deutscher Ethikrat 2008-2013

>>> Ein bisschen Zensur auf dem Ethikrat-Online-Diskurs "Intersexualität" (I)
>>> Deutscher Ethikrat: Privilegien für Genitalverstümmler, Zensur für Opfer   

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter

Monday, July 25 2011

Zensur im Ethikrat-Online-"Diskurs": 4 weitere Fälle dokumentiert (VI)

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Ein bisschen Zensur auf dem Ethikrat-Online-Diskurs "Intersexualität" (I)
>>> Zensur 2.0 - Ethikrat löscht Kommentar von ETEKAR (II)
>>> Meinungsäusserung à la Ethikrat: Verstümmelungen akzeptieren oder Maul halten (III)
>>> Dokumentation der Zensur auf dem Ethikrat-Online-"Diskurs" (Stand 25.7.11) (IV)
>>> Prof. Dr. Hans Naujoks – "seit 1934 rassistische Operationen an Intersexuellen" (V)
>>> Deutscher Ethikrat: Privilegien für Genitalverstümmler, Zensur für Opfer   

Menschenrechte auch für Zwitter!

Durch Recherchen dieses Blogs konnten inzwischen 4 weitere durch den Deutschen Ethikrat zensierte Kommentare von ETEKAR auf dem Online-"Diskurs" zu "Intersexualität" dokumentiert werden (Kommentare Nr. 176, 188, 189 u. 192). Alle haben sie gemeinsam, dass der Ethikrat dabei (wie schon bei anderen auch) perfiderweise sogar ETEKARs Autorenangabe gelöscht bzw. verfälschenderweise durch "Redaktion" ersetzt hatte.

Der Deutsche Ethikrat wäscht derweil seine Hände weiterhin in Unschuld, leugnet unbeirrbar die Zensur auf seinem Online-"Diskurs" und behauptet gegenüber ETEKAR gar noch unverfroren, es seien ja nur "einige Ihrer Kommentare" gelöscht worden.

Aus diesem Anlass ein wenig Statistik zum aktuellen Wissensstand dieses Blogs zur Zensur durch den Deutschen Ethikrat:

ETEKAR publizierte insgesamt 29 Kommentare. 2 davon waren lediglich administrativer Natur (Bitte um nachträgliche Änderungen), 1 war ein Einzeiler, dass sie die Zensur zurückweise.

Es bleiben also 26 inhaltliche Beiträge zum "Diskurs".

Davon wurden durch den Ethikrat 21 zensiert bzw. gelöscht.

Die entspricht einer Zensurrate von über 80%!

Mit je 1 Ausnahme wurden zudem gelöscht:
a) alle längeren Kommentare
b) alle Kommentare, auf die sich weitere Nutzer in eigenen Kommentaren (meist positiv) bezogen
c) alle Kommentare mit Literaturangaben zu Nazi-GenitalverstümmlerInnen 

Soviel zum Thema nur "einige" wenige Zensurfälle ...

Die willkürliche Auslegung durch den Ethikrat nicht nur gegenüber ETEKAR, was alles "gegen die Allgemeinen Nutzungsbedingungen"  verstosse und was alles nicht (nämlich wörtlich dasselbe je nach Lust und Laune der Redaktion mehrmals ausdrücklich nicht und dann rückwirkend plötzlich doch), wurde bereits hier dokumentiert (--> Willkür). Ebenso, dass der Ethikrat ein sehr eigenartiges Verständnis von angeblich illegalen Äusserungen hat, die er leider zensieren müsse, dokumentiert hier (--> Tatbeweis).

Dass es laut Deutschem Ethikrat angeblich einen zensurwürdigen Verstoss gegen die Nutzungsbedingungen bzw. gar einen Straftatbestand darstelle (--> § 185 StGB ("Beleidigungen") sowie § 187 StGB ("Verleumdungen")), wenn ETEKAR als Betroffene von Genitalverstümmelungen im Kleinkindesalter Genitalabschneider als "medizynische[s] Gesocks" bezeichnet, während Nicht-Betroffene die Verstümmler auf dem "Diskurs" ungehindert u.a. als "KINDERSCHÄNDER" bezeichnen dürfen, illustriert einmal mehr die Voreingenommenheit des Deutschen Ethikrates gegenüber den Opfern.

Fortsetzung folgt ...

>>> Dokumentation der Zensur auf dem Ethikrat-Online-"Diskurs" (IV) 
>>> Deutscher Ethikrat: Privilegien für Genitalverstümmler, Zensur für Opfer 

>>> Übersichtsseite zur laufenden Ethikrat-Anhörung 2011

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter

Unzensierte Version: Draufklicken (PDF, 3.3 MB)
>>> Flugblatt zur Anhörung (PDF, 3.3 MB)
         WARNUNG: 2. Seite enthält Operationsfotos!

Tuesday, July 12 2011

Freie Meinungsäusserung à la Deutscher Ethikrat: "Willigen Sie in folgende Verstümmelung ihrer Äusserung ein, oder ziehen Sie Ihre Meinung lieber gleich freiwillig ganz zurück?" (III)

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Ein bisschen Zensur auf dem Ethikrat-Online-Diskurs "Intersexualität" (I)
>>> Zensur 2.0 - Ethikrat löscht Kommentar von ETEKAR "Wir sind keine Kinder,
       auch wenn Sie uns so behandeln!" (II)

 
Von:
[Redaktion Ethikrat]
Gesendet: 08.07.2011 12:19:57
An: [ETEKAR]
Betreff: Ihre Kommentare von gestern | Online-Diskurs Intersexualität

wir haben drei Ihrer gestern abgegebenen Kommentare nun freigeschaltet. Bezüglich des letzten noch nicht freigeschalteten Kommentars kontaktieren wir Sie, um abzuklären, ob wir den Kommentar, wie unten aufgeführt, abgeändert veröffentlichen sollen oder, ob Sie die Veröffentlichung des Kommentars dann zurückziehen möchten. Leider können wir den Kommentar in seiner ursprünglichen Form nicht online stellen, weil nicht deutlich wird für wen Sie sprechen, wenn Sie von "wir" sprechen. Wenn Sie sich von der Redaktion wie ein Kind behandelt fühlen, sind wir durchaus bereit Ihren Kommentar in unten stehender Form auf die Diskurs-Seite zu stellen.
Wir bitten um Rückmeldung.

Mit freundlichen Grüßen,
die Redaktion
 
Sehr geehrte Redation des Deutschen Ethikrates,
ich bin kein Kind, auch wenn Sie mich so behandeln!
 

«Am I a Body Fascist?» Seelenlos, 2006Meine 2 Cent:

Es gibt Dinge, die sind so unglaublich, dass sie nur real sein können. Und jedesmal, wenn du glaubst, niedriger ginge nun ganz bestimmt nicht mehr, wirst du wohl bald eines Besseren belehrt. Dies zumindest mein persönliches Fazit als bescheidener solidarischer Nicht-Zwitter betreffend dem aktuellen Stand im Ethikrat-Online-"Diskurs" über "Intersexualität".

Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken ist bekanntlich weder ein erhebendes Thema noch sonst irgendwie belustigend – wie wohl jede_r bestätigen kann, der_dem sowas selber angetan wurde, oder der_die Überlebende persönlich kennt. Um sich damit fortgesetzt auseinanderzusetzen brauchen Überlebende schier übermenschliche Mengen an Mut und Kraft, die viele Nicht-Betroffene sich wohl gar nicht vorstellen können. Nur die wenigsten Betroffenen schaffen das mehrere Jahre, geschweige denn länger. Noch als solidarischer Nicht-Zwitter braucht mensch ziemlich Nerven, weil irgendwann tut es einfach zu sehr weh und mensch möchte eigentlich lieber nicht mehr länger hinschauen.

Überlebende Zwitter, die hinstehen und das ihnen angetane Unrecht den TäterInnen & Co. ins Gesicht schleudern und nicht davor zurückschrecken, dabei konkret zu werden und notfalls auch unbotmässig, gehören zu den tapfersten Menschen, die jemals über diese Erde wandelten.

Wer sich nicht vorstellen kann, warum, lese zum Beispiel Michel Reiters bahnbrechenden >>> Vortrag am Kongress der "european federation of sexology (efs)" vom 30.06.2000, Nellas Redebeiträge zur >>> 5. Jahresversammlung des "Netzwerk DSD/Intersexualität" vom 06.09.2008 oder >>> vor angehenden MedizinerInnen am 09.11.2010, oder die Lebensbeschreibungen von >>> Katrin Ann Kunze † oder >>> Christiane Völling

Eine der Tapfersten dieser Tapferen ist ETEKAR, wie sie sich im Ethikrat-Online-"Diskurs" nannte. >>> ETEKARs Kommentar zur Strafbarkeit der Genitalverstümmelungen und ihr >>> Kommentar über Nazi-Genitalabschneider gehören zumindest meiner bescheidenen Meinung nach zu den besten und relevantesten Statements während des ganzen öffentlichen Ethikrat-"Diskurses" überhaupt.

Dass ETEKAR immer noch die Kraft findet, hinzustehen und laut zu schreiben, was viele andere nur verschämt denken, nach all den Jahren, den Demütigungen, den Entwürdigungen, den Erniedrigungen und all den körperlichen und seelischen Folterqualen, die ihr angetan wurden nicht nur von gewissenlosen Medizynern in ihrer Kindheit und Jugend und später vom "Netzwerk Intersexualität/DSD", sondern auch von weniger tapferen Mit-Zwittern mit einer ungesunden Dosis Stockholm im Hirn in den sogenannten Selbsthilfegruppen und von ebensolchen Eltern mit zusätzlich offensichtlich nicht den besten aller Gewissen ebendort, kann ich nur bewundern.

Was nun die geistig, moralisch, menschlich und ethisch herausgeforderten Mietsklaven der so genannten "Redaktion des Deutschen Ethikrates" sich einbilden, wie sie mit ETEKAR herumspringen könnten und sie noch weiter erniedrigen, demütigen und entwürdigen, nur weil sie denken, sie hätten die Macht dazu und mit ETEKAR könnten sie's ja machen, ist sowas von feige und durchtränkt vom Privileg der unreflektierten Selbstverständlichkeit, nie um die Unversehrtheit der eigenen Lustorgane gefürchtet haben zu müssen, dass es eigentlich nur Hohn und Verachtung wert wäre.

Ausser, dass ich mir leider vorstellen kann, dass es ETEKAR, die unzweifelhaft schon mehr durchgemacht hat als die verlogene, feige und korrupte Ethikrat-Redaktion und ihre Medizyner-Leinenhalter zusammen, trotzdem auch heute immer noch genau gleich weh tut, von selbstgerechten SpeichelleckerInnen gedemütigt und erniedrigt zu werden, schlimmer noch, dass solche Misshandlung jedesmal die früheren Entwürdigungen und Erniedrigungen und Schmerzen wieder hochkommen lässt. Und dass ich mir weiter denken kann, dass auch die scheinheilige Ethikrat-Redaktion selbst nur zu genau weiss, was sie ETEKAR antun. Und es trotzdem nicht lassen, oder nicht lassen können, oder noch schlimmer.

Wir sind alle nur Menschen, aber eins weiss ich: ETEKAR ist mehr Mensch und ein besserer Mensch als alle, die sie je peinigten.

Fortsetzung folgt ...

>>> Ein bisschen Zensur auf dem Ethikrat-Online-Diskurs "Intersexualität" (I)
>>> Zensur 2.0 - Ethikrat löscht Kommentar von ETEKAR (II) 
>>> Dokumentation der Zensur auf dem Ethikrat-Online-"Diskurs" (IV)   
>>> Pressemitteilung Zwischengeschlecht.org 19.7.11    >>> Dementi Deutscher Ethikrat
>>> Prof. Dr. Hans Naujoks – "seit 1934 rassistische Operationen an Intersexuellen" (V) 
>>> Deutscher Ethikrat: Privilegien für Genitalverstümmler, Zensur für Opfer   

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Thursday, July 7 2011

"Als wären wir zur Strafe hier" - Buchrezension über Gewalt in einem Behindertenheim + "Runder Tisch Heimerziehung (RTH)" fest in TäterInnenhand

Ein weiterer "Blick über den eigenen Tellerrand hinaus":

>>> Gelungene Rezension von Helmut Jacob über das Buch der HistorikerInnen Hans-Walter Schmuhl und Ulrike Winkler: "Als wären wir zur Strafe hier". Gewalt gegen Menschen mit geistiger Behinderung – der Wittekindshof in den 1950er und 1960er Jahren. Der Clou der Besprechung ist dabei, wie Helmut Jacob den belegten erschreckenden Tatbeständen die Rechtfertigungen und Beschönigungen aus dem "Geleitwort" von Prof. Dr. Dierk Starnitzke gegenüberstellt, seines Zeichens Vorstandssprecher der Diakonischen Stiftung Wittekindshof und somit quasi heutiger Rechtsnachfolger der seinerzeitigen TäterInnen.

Wer den aktuellen "Intersex"-Diskurs des Deutschen Ethikrates verfolgt, wird dadurch einige Aha-Erlebnisse haben und sich möglicherweise nicht zum ersten Mal fragen, warum eigentlich immer die TäterInnen in der Debatte die längeren Spiesse zugeteilt bekommen, warum stets die einen Bittsteller-, öhm, Opfergruppen gegen die anderen ausgespielt werden sollen und wozu das alles jedesmal sozusagen zwangsläufig führt ...

Dito bei einem ebenfalls >>> gelungenen Update von Helmut Jacob über die Bundestags-Anhörung "Heimerziehung" als Nachfolgeübung des "Runden Tisch Heimerziehung (RTH)", bei dem die TäterInnen & Kompagnons + NachfolgerInnen letztlich unter sich blieben und entgegen einem vorherigen Bundestagsbeschluss den Opfern jegliche finanzielle Entschädigung vorenthalten wollen. Ein Schelm, wer dabei z.B. an entsprechende aktuelle und frühere "JuristInnenexpertisen" zum Thema Entschädigungen beim Ethikrat denkt ...

Siehe auch:
- "Runder Tisch Heimerziehung": Betroffene zum 2. Mal gedemütigt und erpresst - nach altbekanntem Muster ...
- Vom Mut der Betroffenen von sexualisierter Gewalt lernen (1) 
- Vom Mut der Betroffenen von sexualisierter Gewalt lernen (2)
- Vom Mut der Betroffenen von sexualisierter Gewalt lernen (3)
- Alle Posts zu "Blick über den eigenen Tellerrand hinaus" 

Wednesday, July 6 2011

Anja Gregor: Vortrag zum Thema Intersex-Bewegung, Jena Do 7.7.11 + Rezension zu Caroline Stern: "Intersexualität"

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Nachtrag zur Ankündigung

Geschlecht: Zwangsoperiert

Anja Gregor, die aktuell ihre Doktorarbeit über "Intersexualität" schreibt, hält diesen Donnerstag um 20h im Café Wagner einen Vortrag mit folgender Ankündigung:

Bis heute werden vielen Eltern intersexueller Neugeborener medizinische Interventionen angeraten, um dem Kind einen "eindeutigen" Geschlechtskörper herzustellen. Trotz einer erstarkten Intersex-Bewegung, die sich deutlich gegen derartige Operationen im  Genitalbereich und die Entfernung der Keimdrüsen ausspricht, findet weiterhin die Feminisierung oder – seltener – Maskulinisierung intersexueller Kleinkinder statt. Welche Konsequenzen hat die Diagnose für die Intersexuellen? Und welche Art der Widerständigkeit hat sich seit den 1990er Jahren im deutschsprachigen Raum herausgebildet? 

Der Vortrag richtet sein Augenmerk insbesondere auf das politische Engagement medizinisch manipulierter Intersexueller. Die 20-jährige Geschichte des Widerstandes wird als Kampf um körperliche Selbstbestimmung rekapituliert und zentrale Forderungen der Intersex-Bewegung im Kontext der Menschenrechte dargestellt. Indem  Intersexualität als soziales, nicht medizinisch pathologisiertes Phänomen verstanden wird, stellt der Vortrag die Belange Intersexueller in den Mittelpunkt: Es geht explizit um die Handlungsebene der  Individuen und ihr Potential zur Modifikation gesellschaftlicher Normen, nicht um die Diskussionen um die Verunsicherung der zweigeschlechtlichen  Norm.

Auf querelles.net erschien zudem kürzlich von Anja Gregor eine >>> Rezension zu Caroline Stern: "Intersexualität. Geschichte, Medizin und psychosoziale Aspekte" (2004/2010)

Nachträglicher Kommentar zu Sprache und Inhalt des Ankündigungstextes: "Medizinische Interventionen" bzw. "medizinisch manipuliert" ist zwar schon besser als die in Gender-Kreisen sonst "üblichen" Ausdrücke wie z.B. "geschlechtsangleichende", "normierende" oder "geschlechtsbestätigende Eingriffe", m.E. aber immer noch zu nah an der TäterInnensprache dran: der Witz an diesen Eingriffen ist ja gerade, dass sie medizinisch NICHT notwendig sind! Für Menschen, die noch nicht genau über das Thema Bescheid wissen, können sie deshalb leicht das Gegenteil suggerieren ...

Warum also nicht klar z.B. von "medizinisch nicht notwendigen Interventionen" bzw. "medizinisch nicht notwendigen chiurgischen und hormonellen Eingriffen" reden, für die es zudem bis heute "keine Evidenz" gibt, und die von Betroffenen und FGM-ExpertInnen schon lange als "westliche Genitalverstümmelungen" angeklagt werden. Oder objektiv und neutral zumindest von "kosmetischen Genitaloperationen", die dazu noch "ohne Einwilligung der Betroffenen" erfolgen? Sprache ist wichtig!

Ob "maskulinisierende" kosmetische GenitalOPs wirklich "seltener" sind, ist eine Definitionsfrage, wobei die Medizyner natürlich (wie immer, wenn Kritik an den Verstümmelungen laut wird) aktuell die Definitionen im öffentlichen Diskurs jeweils stark einengen und z.B. "vermännlichende Hypospadiekorrekturen" nicht zu "Intersex-OPs" zählen – eben gerade, weil "Hypospadiekorrekturen" die mit Abstand häufigsten kosmetischen Genitaloperationen an Kindern sind! (Unter sich klassifizieren die Medizyner "Hypospadiekorrekturen" hingegen klar als "DSD-Operationen", vgl. z.B. Vorträge von "EuroDSD"-Genitalabschneider Pierre Mouriquand).

Auch geht es m.W.n. den meisten Zwittern NICHT darum, "gesellschaftliche Normen modifizieren" zu wollen, sondern in erster Linie darum, endlich an bestehenden und für alle anderen selbstverständlichen Normen teilhaben zu können, z.B. dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit endlich auch für Menschen mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen durchgesetzt wird.

Davon abgesehen aber nicht zuletzt ein Dankeschön dafür, dass der Schwerpunkt auf dem Kampf der Betroffenen gegen die kosmetischen Genitaloperationen liegen soll!

Siehe auch:
- Anja Gregor: "Es waren zwei Königskinder ..." - arranca! #43 + mehr (Selbst-)Kritisches gegen Zwittervereinnahmung
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung
- Kurze Geschichte der Zwittervereinnahmung: Hirschfeld-Money-Butler
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter genitalverstümmelt, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002 (Georg Klauda)
- LSVD und Zwittervereinnahmung: 1 Schritt vor, 3 Schritte zurück? 
- Genitalverstümmelungen an Zwittern als "Nebenwiderspruch" des Zweigeschlechtersystems? (Von der Frauenbewegung lernen 2)
- "Westliche Form der Genitalverstümmelung"
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: Business as usual (II)
- Zwitter-Vereinnahmung im Zusammenhang mit Amnesty-Petition - Sündikat gibt Gegensteuer!
- Das Problem der Instrumentalisierung durch LGBTQ
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"  

Sunday, June 26 2011

"Wollt ihr denn keine Behandlung?" - Erpressung, Zwittertabu & Medizynermacht (III)

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Protest gegen Genitalabschneider-Kongress "APE-AGPD 2010", Augsburg 5.11.

(Full Disclosure: Seelenlos ist verantwortlicher Redakteur dieses Blogs, Gründungsmitglied und Kampagnenleiter bei Zwischengeschlecht.org und ein mit einem Zwitter verbandelter "normaler" XY, also ein solidarischer Nicht-Zwitter.) 

>>> Zwittertabu & Medizynermacht (I)
>>> Das verinnerlichte Schweigegebot (Zwittertabu & Medizynermacht II) 

Kann ein Zwitter Sünde sein?

Ein wichtiger Beitrag zur Aufrechterhaltung von gesellschaftlichem Zwittertabu und verinnerlichtem Schweigegebot der Betroffenen besteht darin, dass Betroffene und Eltern konstant und quasi reflexartig von Medizynern damit erpresst werden, es würden ihnen künftig eventuell notwendige echte Heilbehandlungen verweigert, sobald sie sich gegen medzinisch nicht notwendige Behandlungen sträuben oder gar öffentlich ihre Stimme dagegen erheben wollen.

Meiner Erfahrung nach können bzw. könnten so ziemlich alle Betroffenen von solchen impliziten oder expliziten Drohungen berichten. Kommt dazu, dass manche Betroffenen lebenslang auf medizinisch notwendige hormonelle Behandlung angewiesen sind, z.B. bei Cortisolmangel (AGS/CAH) oder nach Kastrationen.

Ein von Nella öffentlich dokumentiertes Beispiel anlässlich der 5. Jahresversammlung des "Netzwerk DSD/Intersexualität" vom 06.08.2008 in Kiel --> Programmpunkt 2 "Vorstellung und Diskussion der Selbsthilfeinitiativen zur gesundheitlichen Versorgung der IS-Betroffenen":

Claudia Kreuzer [hielt] ein kurzes Referat zu den Folgen der Fehlbehandlungen [d.h. "Substitution" mit Östrogenen nach Kastration bei AIS, obwohl Testosteron produzierende Hoden entfernt wurden]. [...] [Worauf] die Endokrinologin PD Dr. med. Dagmar l'Allemand-Jander auf Claudias Ausführungen nichts Gescheiteres zu tun hat, als Intersexualität mit anderen chronischen Krankheiten zu vergleichen, die doch auch lebenslanger Behandlung bedürfen.

Auf Claudias Aufforderung, doch bitte zu erklären, was mit einem gonadektomierten XY-Zwitter geschieht, wenn er in der Pubertät mit Östrogenen 'therapiert' wird, weiss Dr. l'Allemand nichts zu antworten, ausser ein schnippisches: "Wollt ihr denn keine Behandlung?"

Ich weiss von vielen Betroffenen und Eltern, dass solche (re)traumatisierende Drohungen auch in "Behandlungsgesprächen" permanent fallen. Die Auswirkungen auf die Adressaten kann sich wohl jedeR, der/die noch einen Funken von Mitgefühl sein/ihr eigen nennt, zumindest ansatzweise selber vorstellen.

Da manche Formen von "Intersexualität" und "atypischen Genitalien" genetisch bedingt verwandtschaftlich gehäuft auftreten, erstrecken sich Geheimhaltungsdruck und Drohungen durch die Medizyner oft über mehrere Generationen und quer über ganze Familienverbände. Hier kommen komplexe Verdrängungsdynamiken und Maulkorbkaskaden zum spielen, wie sie auch bei der weiblichen Genitalverstümmelung oder im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt an Kindern gehäuft zu Tage treten. Dort werden solche ja nunmehr langsam auch öffentlich bekannt und diskutiert. Jedoch leider bisher kaum im Zusammenhang mit Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken und "Intersexualität". Obwohl Betroffene von kosmetischen Genitaloperationen seit Jahr und Tag diese und andere Parallelen unterstreichen.

Elisabeth Müller, Daniela Truffer, Katrin Ann Kunze †, Christiane Völling

"Those who cannot remember the past are condemned to repeat it."
George Santayana (1863 – 1952)

>>> Zwittertabu & Medizynermacht (I)
>>> Das verinnerlichte Schweigegebot (Zwittertabu & Medizynermacht II) 

Siehe auch:
- Trauma, Opferrolle, Befreiung
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Unseres Wissens zufolge unternehmen 80% der Intersexen Suizidversuche, hiervon 25% erfolgreich" - AGGPG 1998
- Schweiz: Bundesrat will weibliche Genitalverstümmelung verbieten – aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- Bundestag: "Weibliche Genitalverstümmelung ahnden" - aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik", 23.6.10
- "Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist."
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Friday, June 24 2011

"Mit welchem Recht stellt sich die Medizin über die Gesetze dieses Landes?" - Christiane Völling zum Ethikrat-Diskurs

UK Aachen, 30.05.2011: Christiane Völling protestiert gegen "Ethik"-Vortrag
von Genitalabschneiderin Susanne Krege
(im Bild ganz rechts)

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Christiane Völling konnte leider nicht zur Ethikrat-Anhörung vom 8.6.11 nach Berlin kommen. Was sie zu sagen gehabt hätte, lässt sich jedoch nachträglich via Diskurs-Blog nachlesen, wo ihre >>> Statements als PDF erhältlich sind. Einige Ausschnitte:

 

Intersexualität stellt keine Krankheit dar im Sinne der Definition von Krankheit.

Krankheit  bedeutet „Abwesenheit von Gesundheit“.

Eingriffe am Harn ableitenden System und den Genitalien sind nur dann notwendig wenn ein Verschluss dieses Systems vorliegt und somit das Kind sich in Lebensgefahr befindet.

Durch Intersexualität ensteht kein akutes Organversagen, so dass hier  kein medizinischer Notfall vorliegt, das Kind sich nicht in akuter Lebensgefahr befindet. Demzufolge sind chirurgische Operationen am intersexuellen Genitale von Säuglingen und Kleinkindern überflüssig, da sie rein kosmetischer Natur sind und die Geschlechtsidentität und Wünsche des intersexuellen Kindes nicht berücksichtigt. Die Medizin sagt selbst, dass sie nicht vorhersehen kann, als was  der spätere Erwachsene/der/die Jugendliche sich fühlt. Warum operiert sie dann überhaupt? Wer oder was soll durch diese irreversiblen Eingriffe dann „geheilt“ werden? Das betroffene Kind kann es wohl nicht sein. Zudem stellen diese angeblich „rein kosmetischen“ Operationen einen eklatanten Verstoß gegen die Grund- und Kinderrechte dieses Landes dar. Mit welchem Recht stellt sich die Medizin über die Gesetze dieses Landes?

[...] Des Weiteren gesteht die Medizin ein, dass es keine Langzeitstudien gibt über die Erfolge und Misserfolge dieser Operationen, auch auf mögliche Langzeitkomplikationen und Langzeitschäden, z.B. chron. Harnwegsinfekte, Stenosen, Sensibilitätsstörungen, wiederholte notwendige Eingriffe am Genitale geht sie kaum ein. Auch weitere Behandlungsmöglichkeiten und weitere Vorsorgeuntersuchungen ohne Operationen werden mit den Eltern und den betroffenen Kindern unzureichend besprochen. Zu einer vollständigen korrekten Aufklärung inklusive aller Langzeitschäden durch z.B. durchgeführte Kastrationen, Folgeoperationen ist die Medizin juristisch verpflichtet.

Medizin und Psychologie sind juristisch in die Pflicht zu nehmen, Eltern korrekt und vollständig über die Intersexualität ihres Kindes aufzuklären,ohne daraus einen sofortigen „medizinischen“ oder „sozialen“ Notfall zu konstruieren, denn ihr Kind ist genauso gesund wie Junge oder Mädchen. Intersexuelle Kinder haben das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Unversehrtheit ihres Körpers. [...]

Die Lebensqualität intersexueller Menschen ist durch die inkorrekte Aufklärung, Geheimhaltungspolitik der Medizin und durch die nicht eingewilligten und zum großen Teil nicht notwendigen operativen Eingriffe (Zwangskastration, Verlust der Sensibilität ihrer noch vorhandenen Genitalien, Komplikationen) stark eingeschränkt, in vielen Fällen auch zerstört. Dies geht aus den Studien des Netzwerkes und der Hamburger Forschergruppe für Intersexualität eindeutig hervor. [...]

 

>>> Ethikrat-Statements von Christiane Völling als PDF
>>> Christiane Völling: Zur Frage der Entschädigung (5.7.11) 

>>> Übersichtsseite zur laufenden Ethikrat-Anhörung 2011

    >>> Offener Brief an das "Forum Biomedizin und Ethik" Aachen

>>> Christiane Völling: Die Biographie einer Überlebenden
(Buchbesprechung von Daniela "Nella" Truffer)

Siehe auch:
- Christiane Völlings Geschichte in ihren eigenen Worten
- Buch von Christiane Völling: "Mein Leben als Intersexuelle"
- Sieg für Christiane Völling!!!
- Zwitterprozess: 100'000 Euro Schmerzensgeld für Zwangskastration!
- Wie die Zwitterorganisationen Christiane Völlings Zwangsoperateur Prof. Dr. L. 150'000 Euro schenkten 
- "Tabu Intersexualität" - Dok. u.a. mit Christiane Völling
- Die Bielefelderin Britta Dombrowe über "Tabu Intersexualität"
- Alle Posts zu Christiane Völling auf Zwischengeschlecht.info

Thursday, June 9 2011

Öffentliche "Intersex"-Anhörung des Deutschen Ethikrates 08.06.2011: Statements + Online-Diskurs + Audioprotokolle + Statistik + mehr


FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Zwischengeschlecht.org on Facebook

>>> "Intersex"-Chronologie Deutscher Ethikrat 2008-2013  

>>> Öffentliche Anhörung 8.6.11: Programm + Audioprotokoll   >>> Textprotokoll (PDF)
>>>
Statement von Nella 1: "Medizinische Behandlung – Indikation – Einwilligung"
>>> Statement von Nella 2: "Lebensqualität Betroffener und Perspektiven"
>>> Betroffenenbefragung bis 19.6.11  
>>> Ethikrat Online-Diskurs bis 07.08.11       >>> "Um was es wirklich geht"
>>>
Liste aller Kommentare auf dem Online-"Diskurs" + Statistik 
>>> Bisher offengelegte "Experten"-Statements  
>>>
Ethikrat-Anhörung: Radio Vatikan macht Stimmung gegen Zwitter (8.6.11)  
>>> Pressemitteilung Deutscher Ethikrat vom 10.6.11   
>>> 1. Einschätzung des Deutschen Ethikrates vom 15.6.11   >>> Kommentar von Nella
>>> ETEKAR über Strafbarkeit der Verstümmelungen   >>> Kommentar von Nella 

>>> Ethikrat 08.06.2011: "Wie so oft wird um den heißen Brei herumgeredet"
Video-Statement von Daniela "Nella" Truffer (Zwischengeschlecht.org)

>>> Thread zur aktuellen Ethikrat-Anhörung auf dem Hermaphroditforum  
>>> ETEKAR über medizynische Auslöschung und die Anonymität der TäterInnen (22.6.) (I)
>>> Christiane Völling: Statements zur Anhörung  
>>> Nazi-Genitalabschneider: ETEKAR nennt Namen und Kliniken (II) (24.6.11)  
>>> "Grausam wäre es, nicht zu operieren" - Nella zu Tätersprache im Ethikrat-Diskurs
>>> "Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen?" (30.6.11)  
>>> Operiertes Kind als Idealfall? - Nella zu Vereinnahmung im Ethikrat-Diskurs (I) 
>>> Michel Reiter: Welche Experten wurden angefragt? (4.7.11)  >>> Nachfrage (2.8.11)
>>> ETEKAR über gleiche Rechte für Zwitter wie für alle anderen auch (5.7.11)  
>>> Operiertes Kind als Bsp. f. "tolerable Erziehung?" - Nella zu Vereinnahmung (II) 
>>> C.LARA über "wissenschaftliche Standards" ohne Evidenz und Menschenrechte (5.7.11) 
>>> Christiane Völling: "Zur Frage der Entschädigung" (5.7.11)
>>> Lucie Veith über Schutzpflicht d. Staates bei "Standards" ohne Evidenz u. Einwilligung  
>>> ETEKAR über 3 Gruppen unter den Opfern (5.7.11) 

Unzensierte Version: Draufklicken (PDF, 3.3 MB)
>>> Flugblatt Zwischengeschlecht.org (PDF, 3.3 MB) 
Inkl. den Statements zur Anhörung (ohne Fussnoten)
WARNUNG: 2. Seite enthält Operationsfotos!

>>> 09.07.11: Ein bisschen Zensur auf dem Ethikrat-Online-Diskurs (I)

>>> Zensur 2.0 - Ethikrat löscht Kommentar von ETEKAR + UPDATES (II) (10./11.7.11) 
>>> Meinungsäusserung à la Ethikrat: Verstümmelungen akzeptieren oder Maul halten (III)
>>> Ethikrat-Redaktion "als neutraler Vermittler disqualifiziert" - Lucie Veith (12.7.11) 
>>> Genitalverstümmelung: "kein Handwerk für schwache Nerven" - Dr. J. Woweries (12.7.)

>>> Dokumentation der Zensur auf dem Ethikrat-Online-"Diskurs" (IV)

>>> Sichtbarkeit: zuerst muss stille Scham in Wut umschlagen können - Simon Zobel (15.7.)
>>> "Betroffene wegdrängen statt ihnen zuhören ist entscheidender Fehler" - ab (16.7.11) 
>>> "Löschen von verweifelten Postings wird Wahrheit nicht aufhalten" - Lucie Veith (16.7.) 
>>>
Pressemitteilung Zwischengeschlecht.org 19.7.11    >>> Dementi Deutscher Ethikrat
>>> Geheimes Hinterzimmergeklüngel mit 40 Ärzten? - Lucie Veith (19.7.)  >>> 2. Anfrage
>>> Prof. Hans Naujoks – "seit 1934 rassistische Operationen an Intersexuellen" (20.7.) (V)
>>> "Privilegien für Täter, Zensur für Opfer" Pressemitteilung Zwischengeschlecht.org 
>>> Typisch vereinnahmender und verharmlosender Bericht in der taz (22.7.11)   
>>> Michel Reiter: Verschiedene Gruppen und Maslowsche Bedürfnispyramide (23.7.11) 
>>> Lockerungen beim Geschlechtseintrag stoppen Verstümmelungen NICHT - Simon Zobel
>>> Zensur im Ethikrat-Online-"Diskurs": 4 weitere Fälle dokumentiert (VI) (25.7.11) 
>>> "Diskurs von Transsexuellen gesprengt" - Lucie Veith (26.7.11)  
>>> Ins A. Kromminga über Ignoranz und Überheblichkeit der VerstümmlerInnen (27.7.11)
>>> ETEKAR über Genitalverstümmelungen und Personenstandsdiskussionen als Ausrede  
>>> Opfer von Verstümmler Prof. Dr. Martin Westenfelder packt aus – hope less (28.7.11) 
>>> Der Partner einer "kosmetisch kastrierten" XY-Frau sagt wie's ist - Johannes (28.7.11) 
>>> Medizinisch nicht notwendige "Hypospadie-Op" als Verstümmelung – kwhal (28.7.11)
>>> Dr. med. Jörg Woweries: "Die Befreiung aus den medizinischen Denksystemen"  
>>> Solidarität mit ETEKAR und Daniela Truffer - seelenlos (2.8.11)  
>>> "Mal regelkonform, mal wiederholter Verstoss, wie's grad passt" - Nella über Willkür  
>>> Fehlende Stimmen Betroffener im Ethikrat-"Diskurs" (0) - Markus Bauer
>>> Fehlende Stimmen Betroffener im Ethikrat-"Diskurs" (1) - Markus Bauer
>>> Fehlende Stimmen Betroffener im Ethikrat-"Diskurs" (2) - Markus Bauer
>>> Fehlende Stimmen Betroffener im Ethikrat-"Diskurs" (3) - Markus Bauer

>>> Liste aller Kommentare auf dem Ethikrat-"Diskurs" + Statistik

Hervorhebenswerte schriftliche Sachverständigen-Stellungnahmen:

     >>> Eva Matt 
     >>> Deutscher Hebammenverband 
     >>> Konstanze Plett 
     >>> Oliver Tolmein 
     >>> Ulrike Klöppel  

>>> Intersex-Genitalverstümmelungen: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter 
>>>
Genitalverstümmelung im Kinderspital: Fakten und Zahlen 
  

 

Bild: © Dominik Huber

 

Was bisher und danach geschah:

Zwischengeschlecht.org on Facebook

>>> "Intersex"-Chronologie Deutscher Ethikrat 2008-2013  

>>> Aufforderung um Unterstützung an den Deutschen Ethikrat Dezember 2008
>>> Erneute Anfrage um Unterstützung an den Deutschen Ethikrat Mai 2009 
>>> Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates zu "Intersexualität" 23.6.2010 

>>> Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 

>>> Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org zum Ethikrat-Forum 23.06.2010
>>> "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik" 23.6.10
>>> "Ethik als Freifahrtschein, an die Eltern eine ohnehin schon feststehende Entscheidung
        abzudelegieren" - Claudia Wiesemann, Forum Bioethik 23.6.10
>>> Pressemitteilung des Deutschen Ethikrates vom 25.6.10
>>> Veranstaltung des Ethikrates in Berlin 23.6.10
>>> "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik" 23.6.10
--> Bayerischer Rundfunk   --> Tagesspiegel   --> Deutschlandradio   --> e-politik

>>> Ethikrat-"Diskurs": Privilegien für Genitalverstümmler, Zensur für Opfer  

>>> 23.02.2012: Deutscher Ethikrat: "Verstümmeln ist OK,
        solange es nicht um die Geschlechtsidentität geht" 

Zwischengeschlecht.org: "150 Jahre Genitalverstümmelungen jetzt beenden!"
Aktion zur Ethikrat-Pressekonferenz, 23.2.12 (Bild: © dapd / sueddeutsche.de)

>>> Intersexuelle Menschen e.V.: "Genitaloperationen müssen verboten werden"
>>> OII Deutschland  IVIM: "Alle nicht lebensnotwendigen Eingriffe unterbinden"

>>> Die Zeit: "Intersexuelle bleiben für den Ethikrat Kranke" (23.2.12)
>>> Süddeutsche: "Aus Unwissenheit verstümmelt und diskriminiert (23.2.12)

>>> Heinz-Jürgen Voß: "Intersexualität - Intersex. Eine Intervention" (2012)

Ethikrat-Stellungnahme 2012 als Freibrief zum Kinderverstümmeln:
>>> Prof. Dr. Dagmar L’Allemand-Jander ("EuroDSD")  
>>> Prof. Dr. Wieland Kiess (Dekan Medizinische Fakultät Leipzig) 

>>> Zwangsoperierte Zwitter über sich selbst und ihr Leben
>>>
Intersex-Genitalverstümmelungen: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>>
Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter

Siehe auch:
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken
- USA: Seriengenitalverstümmler Prof. Dr. Dix Phillip Poppas von Ethikerinnen geoutet
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg  
- Genitale Zwangsoperationen: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2 (Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit) 
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen!
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Offener Brief an das "3rd EuroDSD Symposium", Lübeck 21.5.2011
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen! 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag (I)
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: Business as usual (II)
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Saturday, June 4 2011

"Politische Nebelkerzen" - Vom Mut der Betroffenen von sexualisierter Gewalt lernen (3)

Ein weiterer "Blick über den eigenen Tellerrand hinaus".

Nella machte mich auf folgendes Video aufmerksam (zum abspielen reinklicken):

Nella fiel (woher wohl?) sogleich auf, dass die beschwichtigende Ministerin darin wohl nur so daherredet und wohl selbst nicht glaubt, was sie da für Ausreden verzapft.

Ebenfalls auf netzwerkB.org hat es einen eindrücklichen Bericht der im Video portraitierten Liza Stein über die Aktion unter dem vielsagenden Titel >>> "Noch so eine Tagung ohne uns". Nicht nur der folgende Ausschnitt dürfte dem einen oder anderen "Kampfzwitter" ebenfalls nicht ganz unbekannt vorkommen:

In Schwerin im Justizgebäude angekommen… bekam ich sichtlich des großen Gebäudes weiche Knie. Für weiche Knie war keine Zeit und wie ich nun mal bin sagte ich laut “ich will nach Hause”. Laut gesagt, aber im Winde verhallt und ich wollte ja nicht wirklich nach Hause… ich wollte nur dass meine Beine aufhörten unaufhörlich zu wackeln.

An dieser Stelle von diesem Blog einmal mehr ein grosses "Alle Achtung!" an all die unermüdlichen AktivistInnen um netzwerkB. Und nachfolgend ein weiteres gelungenes Beispiel, dass sich einmischen und sich-nicht mundtot-machen-lassen sich lohnt (um mehr über die betreffende Aktion zu lesen reinklicken):

 
Nellas seinerzeitiger spontaner Kommentar zum Bild: "Die sind auch nur so wenige!" Was wohl nicht zuletzt daran liegt, dass es von klein auf Traumatisierten besonders schwerfällt, öffentlich hinzustehen und das an einem begangene Unrecht unübersehbar und unmissverständlich einzuklagen. Trotzdem ist und bleibt es im wahrsten Sinne des Wortes notwendig. Ein weiterer gelungener Bericht auf netzwerkB.org zur selben Demo trägt passenderweise den Titel >>> "Unbequeme Betroffene".

Dass unbequem sein nicht nur (Selbst-)Überwindung braucht, sondern auch das Risiko bergen kann, damit plötzlich seinerseits von Seiten der "Mächtigen" (und derer, die sich dafür halten) möglicherweise nicht unbeträchtlichen Unannehmlichkeiten ausgesetzt zu werden, die auf Überlebende zudem potentiell retraumatisierend wirken können, wurde uns von Zwischengeschlecht.org spätestens bei der Aktion in Heidelberg klar, als ein solcher "Möchtegern-Mächtiger" uns zunächst (leer) mit der Polizei drohte und zuletzt vor Ort ziemlich ausfällig wurde. Einmal mehr eine Erfahrung, welche die AktivistInnen um netzwerkB und SNAP auch hatten machen müssen, bezeichnenderweise bei einer Aktion im Vatikan (für 2 Artikel dazu in die beiden Bilder klicken):


Dass Norbert Denef und seine tapferen netzwerkB-MitstreiterInnen sich trotzdem nicht unterkriegen lassen, sondern weiterhin unbequem und "unverschämte Opfer" bleiben, kann ihnen gar nicht hoch genug angerechnet werden!

Und: Wohl kaum zufällig findet sich auf netzwerkB.org auch ein interessanter Post >>> "Gewaltfreie direkte Aktion" ...

>>> Unterschreibt die Petition zur Aufhebung der Verjährungsfrist für sexuellen Missbrauch im Zivilrecht!

Siehe auch:
- Vom Mut der Betroffenen von sexualisierter Gewalt lernen (1) 
- Vom Mut der Betroffenen von sexualisierter Gewalt lernen (2)
- "Runder Tisch Heimerziehung": Betroffene zum 2. Mal gedemütigt und erpresst - nach altbekanntem Muster ...
- Alle Posts zu "Blick über den eigenen Tellerrand hinaus"

Friday, June 3 2011

Anja Gregor: "Es waren zwei Königskinder ..." - arranca! #43 + mehr (Selbst-)Kritisches gegen Zwittervereinnahmung

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Noch sind (selbst-)kritische und nicht-vereinnahmende, sondern mit der Zwitterbewegung konkret solidarische Äusserungen, Publikationen und Aktionen von LGBTQ-AktivistInnen leider klar die Ausnahme und immer noch nicht die Regel. Trotzdem kommt nun erfreulicherweise in den letzten ein, zwei Jahren da und dort langsam etwas in Bewegung.

Ein weiteres Beispiel dafür ist ein in der >>> arranca! #43 erschienener >>> Artikel von Anja Gregor: "Es waren zwei Königskinder ..." (PDF). (Der Artikel wird ab ca. Sommer auf der arranca-Homepage online sein.) Anja Gregor doktoriert aktuell an der Unversität Jena ebenfalls zum Thema "Intersexualität".

Untenstehend einige zentrale Zitate aus dem Artikel, gefolgt von einigen kritischen Anmerkungen plus Hinweisen auf aktuelle weitere positive Entwicklungen in Leipzig, nämlich die explizit nicht-vereinnahmende Behandlung des Themas durch das heute anlaufende "Paranoid Paradise Queer Film Festival" sowie einen kürzlichen Vortrag von Anja Gregor am Ladyfest Leipzig.

Zitate aus "Es waren zwei Königskinder":

[...] Für ‚Intersexuelle’ steht damit das Recht auf körperliche Unversehrtheit an erster Stelle [...]

‚Intersexualität’ als politisches Moment steht damit zunächst für die Auseinandersetzung mit der Verhinderung von Operationen im Genitalbereich, die die Betroffenen als Verstümmelung ihrer gesunden Körper ansehen. Weiter gedacht steht er damit für die Aufklärung von Eltern ‚intersexueller’ Kinder und Mediziner_innen sowie die Krisenintervention bei Betroffenen. [...]

Es muss also zunächst die Existenzberechtigung ‚intersexueller’ Körper gesichert werden. ‚Intersex’ Politiken beinhalten nicht zwingend auch gleich die Auseinandersetzung mit der Kritik des kulturellen Systems der Zweigeschlechtlichkeit im Allgemeinen. Und damit wären wir bei den Reibungspunkten mit queer Aktivist_innen.

[...] Selten wird dagegen in queeren Texten auf die Forderungen von ‚intersex’ eingegangen. ‚Intersexuellen’ geht es aber zunächst einmal unabhängig von ihrem Verständnis als geschlechtliche Wesen, also unabhängig davon, ob sie sich als geschlechtlich ein- oder mehrdeutig oder als nicht verortbar verstehen, um die Beendigung der Gewalt gegen ihre Körper und ein Aufwachsen ohne traumatisierende Gewalterfahrungen. So kann beim Lesen solcher queer Texte schon einmal der Eindruck entstehen, ‚Intersexuelle’ werden lediglich als Beweis der gewaltvolle Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit angebracht aber nicht als Mitstreiter_innen mit eigenen Forderungen gesehen. [...]

Die Sichtbarmachung traumatisierender medizinischer Behandlungspraxen gegen ‚intersexuelle’ Menschen und die konkrete Forderung der Beendigung genitaler Operationen im Kleinkind- und Jugendalter muss selbstverständlichen Eingang in queer Politiken finden, und zwar unabhängig vom Gender-Verständnis der Betroffenen. [...]

Sich die eigene privilegierte Position bewusst machen und das entsprechende Handeln folgen lassen, das Bewusstsein von der Normierungspraxis der Medizin an ‚intersexuellen’ Körpern und ihren intrinsischen Begründungslogiken, die Suche nach einer gemeinsamen Sprache aufgrund von ähnlichen (jedoch nicht ohne weiteres vergleichbaren) Erfahrungen, indem von Seiten der Queers aktiv der Dialog mit Instanzen des ‚Intersex’-Aktivismus gesucht wird, können Schritte einer geschwisterlichen Zusammenarbeit sein.

Meine 2 Cent: Ein weiterer Text, der die 2002 durch Emi Koyama und Lisa Weasel formulierten Kritikpunkte an Vereinnahmung/Objektivierung der realen Zwitter u.a. durch Gender Studies aufnimmt und weiterentwickelt und daraus folgernd das Recht auf körperliche Unversehrtheit korrekt an erste Stelle stellt (siehe Zitate oben). Dafür ein herzliches Danke!

Nach wie vor liegen jedoch einige Probleme in Details: Nach wie vor dominieren klassische Queer-Anliegen à la "Verunsicherung hegemonialer Geschlechtskonzepte" bzw. Kampf gegen die "ausschließende Zweigeschlechtlichkeit des Grundgesetzes" z.T. unterschwellig den Text, wenn z.B. auf konkrete Grund- und Gesetzesparagraphen einmal mehr nur im Zusammenhang mit Geschlecht und Personenstandsgesetz verwiesen wird, während z.B. GG Art. 2.2 (Recht auf körperliche Unversehrtheit) nicht konkret aufgeführt wird, ebensowenig wie relevante Paragraphen betreffend Körperverletzung etc. Auch das Grundproblem der Nicht-Einklagbarkeit der Verstümmelungen an Kleinkindern aufgrund der Verjährungsfristen wird nicht angesprochen, ebenso weder in diesem Zusammenhang noch sonstwo die Gemeinsamkeiten der Leiden und Kämpfe der verstümmelten Zwitter z.B. mit den Überlebenden von sexualisierter Gewalt an Kindern.

Noch ganz unterhalb des Wahrnehmungsradars bleiben leider die konkreten politischen Probleme einer Zusammenarbeit im Namen von Queer & LGBT, nämlich dass der Kampf gegen die Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken so in der politischen Wahrnehmung schnell mal als "marginales Schwulenanliegen" schubladisiert und abgetan werden, und so konservative/christliche PolitikerInnen (die aktuell in den meisten Parlamenten nach wie vor die Mehrheit stellen) von vornherein auf Ablehnung schalten, noch bevor die Zwitter-Aktivist_innen überhaupt je die Gelegenheit erhalten, zu erklären, worum es überhaupt geht – während umgekehrt bekanntlich auch konservative/christliche PolitikerInnen das Unrecht der Verstümmelungen erkennen und auch entsprechend politisch Stellung beziehen, wenn entsprechende Anliegen/Vorstösse eben NICHT in/aus der LGBTQ-Terminologie/Ecke kommen ...

Deshalb ist es gerade im politischen Kampf (und auch bei Demos) wichtig, dass fortschrittliche LGBTQs sich konkret mit den Zwitterforderungen solidarisieren (bekanntlich gehen nur wenig traumatisierte Zwangsoperierte auf die Strasse), aber eben ausdrücklich als Solidarische und NICHT als "Queer-Aktivisten", bzw. im politische Kampf entsprechend Zurückhaltung üben und entsprechenden Wert darauf legen, dass auch christliche/konservative PolitikerInnen zum Zug kommen – nur so wird die notwendige politische Mehrheit zur Beendigung der Verstümmelungen möglich sein ...

Fazit: Ein wichtiger Anfang ist gemacht, doch der Weg ist noch nicht zu Ende ...

Leipzig 30.6.:
"El último verano de la Boyita" @ "Paranoid Paradise Queer Film Festival"

Am Do 30. Juni läuft in Leipzig der bisher neueste Zwitterfilm aus Argentinien (Regie: Julia Solomonoff). Auf der >>> Homepage des Festivals hat dazu ein Statement, von dem sich noch so manche andere ruhig mal eine Scheibe abschneiden könnten – hört, hört:

Das paranoid:paradise-Team möchte an dieser Stelle seine Solidarität mit den Forderungen nationaler und internationaler Intersex-Verbände und -Aktivist_innen und seine reflektierte und ambitionierte Position bekunden. „Intersex“ wird von uns in diesem Kontext ganz klar NICHT innerhalb von (selbstgewählten) queeren Identitäts- und Lebensentwürfen angesiedelt. Es soll nicht als Abstraktum, Metapher, Mystifizierung oder Idealvorstellung einer Irritation der gesellschaftlichen Zweigeschlechterordnung instrumentalisiert werden, denn die individuelle Lebensrealität intergeschlechtlicher Menschen ist vielmals von erniedrigenden und schmerzlichen, körperlich- materiellen Erfahrungen geprägt und sollte daher nicht in einer (queeren) Homogenität untergehen/vergessen werden. Intersexualität ist vor allem ein medizinisches und gesellschaftliches "Problem" und uneindeutige Genitalien ein ästhetisches "Tabu". Auch wir fordern: "Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!" und rufen alle Interessierten auf, sich z.B. bei folgenden Organisationen über die gegenwärtige Behandlungspraxis an intersexuellen Menschen und deren Konsequenzen kritisch zu informieren.

Anja Gregor @ Ladyfest Leipzig: "Medizinische Macht und Intersexualität - gegenwärtige Praxis und Wege der Emanzipation"

Vortrag vom 19.5.11, mehr dazu hier.

Siehe auch:
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung
- Zwitter und Patriarchat aus feministischer Perspektive 
"Westliche Form der Genitalverstümmelung"
- Das Problem der Instrumentalisierung durch LGBTQ
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren
- LSVD und Zwittersolidarität: 1 Schritt vor, 3 Schritte zurück?
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"

Thursday, May 26 2011

Ethikrat: Betroffenenbefragung verlängert bis 19.6., Anmeldeformular für Öffentliche Anhörung vom 8.6. online

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Wie der Ethikrat mitteilt, wurde die Betroffenenbefragung verlängert bis 19. Juni. (Haben sich wohl immer noch keine zufriedene Verstümmelte gemeldet?) >>> Infos zur Befragung hier!  

Ausserdem wurde nun für die Öffentliche Anhörung vom 8.6.11 in Berlin von 10-17h das >>> Online-Anmeldeformular aufgeschaltet.

Wir sehn uns!  

Tuesday, May 10 2011

SP Schweiz: Engagement gegen Genitalverstümmelungen im Kinderspital

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Stellungnahme von Zwischengeschlecht.org vom 10.05.2011

STOP Genitalverstümmelung im Kinderspital!Nach Differenzen um eine von Zwischengeschlecht.org initiierte Interpellation im Nationalrat betreffend der Finanzierung von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern durch die Invalidenversicherung IV kam es am 14.04.2011 zu einer positiv verlaufenen Aussprache mit den SP-Nationalrätinnen Jacqueline Fehr und Margret Kiener Nellen sowie mit dem SP-Parteisekretär Carsten Schmidt.

Daniela "Nella" Truffer als Präsidentin von Zwischengeschlecht.org und Seelenlos als Kampagnenverantwortlicher legten dar, inwiefern aus ihrer Sicht die politische Zusammenarbeit für die schnellstmögliche Beendigung der Genitalverstümmelungen in den Kinderspitälern nicht gut funktioniert hat. Sie formulierten als Wunsch der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org an die SP Schweiz:

[...] dass sie unser Anliegen der schnellstmöglichen Beendigung der Verstümmelungen auf den richtigen Ebenen/in den adäquaten Ressorts politisch wirksam angeht und mit einbezieht, nämlich:

- Menschenrechte (insbesondere Recht auf körperliche Unversehrtheit)

- Kinderrechte (insbesondere Schutz vor grausamer Behandlung/Verstümmelung/Folter)

- Verbot von Genitalverstümmelungen auch in den Kinderspitälern

- Wirksame Massnahmen gegen unkontrollierte medizinische Humanexperimente

(Und NICHT unter Rubriken/Diskursen wie "Sexualität", "sexuelle Orientierung", "Geschlechtsidentität", inkl. austauschbarem Gebrauch von "Intersexualität" in einer Reihe mit Homosexualität, Bisexualität, Transsexualität usw.)

Entsprechender Einbezug in aktuelle politische Debatten, z.B.:

- Verbot der (weiblichen) Genitalverstümmelung

- Humanforschungsgesetz / Regulierung systematischer experimenteller "Heilversuche"

Die SP-VertreterInnen bedauern, dass die SP-"Fachkommission sexuelle Orientierung und Identität", welche innerhalb der SP Schweiz bisher für das Dossier "Intersexualität" zuständig war, bei der inhaltlichen Aufarbeitung des Themenfeldes und der Vorbereitung des politischen Vorstosses ausgerechnet Zwischengeschlecht.org nie konsultierte. Die vorliegende Interpellation sei jedoch nicht böswillig erfolgt, auch nicht die Aktivitäten der SP-"Fachkommission sexuelle Orientierung und Identität". Die Tonalität der Kritik auf dem Weblog Zwischengeschlecht.info sei deshalb als störend empfunden worden.

Parteisekretär Carsten Schmidt schlug vor, "Intersexualität" bei der "Fachkommission sexuelle Orientierung und Identität" herauszunehmen und künftig bei Menschenrechten sowie Gesundheitspolitik unterzubringen. Jacqueline Fehr sicherte weiter zu, nach erfolgter Antwort des Bundesrates in Absprache mit Zwischengeschlecht.org umgehend weitere politische Schritte zu veranlassen.

Zwischengeschlecht.org ist sehr erfreut und erleichtert über diese konstruktive Lösung.

Der Weblog Zwischengeschlecht.info nimmt den pauschalen Vorwurf der Vereinnahmung per sofort zurück, der entsprechende Blogpost und die Titel der dazugehörigen Pages wurden entsprechend überarbeitet.

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Siehe auch:
- Schweiz: Invalidenversicherung (IV) bezahlt Genitalverstümmelungen
- Kosmetische Genitaloperationen auf der IV-"Liste der Geburtsgebrechen"   

Monday, May 2 2011

Ethikrat: Betroffenenbefragung "Intersexuelle" in Deutschland

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Newsletter Zwischengeschlecht.org vom 29.4.11

>>> Befragung verlängert bis 19.6.
>>> Nachträge 3.5.11 und 4.5.11

 

 

Der Ethikrat führt aktuell eine Befragung von in Deutschland lebenden "Intersexuellen" durch. Das Ausfüllen des Fragebogens ist sowohl online möglich wie auch per Brief.

Zwischengeschlecht.org fordert ALLE von kosmetischen Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken Betroffenen oder davon Bedrohten auf, an der Umfrage teilzunehmen.

Und sich dabei insbesondere und ausdrücklich für die Forderung nach schnellstmöglicher Beendigung kosmetischer Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen u.a. durch ein gesetzliches Verbot einzusetzen, die im Fragebogen leider ziemlich an den Rand gedrängt wurde.

Damit die täglichen Verstümmelungen in den Kinderkliniken endlich aufhören – und zwar ALLE und nicht nur bei ausgewählten "Intersex"-Diagnosen!

>>> Link zum Online-Fragebogen

Der Ethikrat führt zudem am 8. Juni eine öffentliche ExpertInnenanhörung durch, mehr Infos dazu im Newsletter vom 29.4.

Nachtrag 3.5.11: Der Ethikrat hat inzwischen auf seiner Homepage das "mehrstufige Diskurs-Verfahren Intersexualität" >>> offiziell angekündigt. Entgegen dem Rückzieher nach dem letztjährigen Ethikforum "vorerst kein Handlungsbedarf" erarbeite der Ethikrat inzwischen "im Auftrag der Bundesregierung eine Stellungnahme zur Situation von Menschen mit Intersexualität in Deutschland". Ziel u.a. der Betroffenenbefragung sei es, "eine solide empirische Basis für seine Stellungnahme schaffen".

Wie durch die "anonyme" Befragung, an der sich offenbar jedeR als Zwitter ausgeben und irgend etwas angeben kann, "eine solide empirische Basis" gewährleistet werden soll, wird sich zeigen. Ebenso, ob bereits vorhandene empirische Erkenntnisse z.B. aus den BMBF-Studien (die von den Medizynern selber bekanntlich seit längerem frisiert werden) vollumfänglich oder nur selektiv einfliessen. Sowie, welche "ExpertInnen" an der kommenden Anhörung zum Zuge kommen werden ...

Nachtrag 4.5.11: Von OII Deutschland (Internationalen Vereinigung intergeschlechtlicher Menschen IVIM) gibt es eine >>> kritische Stellungnahme zur Umfrage. Von Intersexuelle Menschen e.V. wurde verlautet, der Verein stünde schon sehr lange in gutem Kontakt mit dem Ethikrat und hätte bei der Entwicklung des Fragebogens mitgewirkt.

>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Fakten und Zahlen

>>> Übersichtsseite zur laufenden Ethikrat-Anhörung 2011

    
Unzensierte Version: Draufklicken (PDF, 3.3 MB)
>>> Flugblatt zur Anhörung (PDF, 3.3 MB)
         WARNUNG: 2. Seite enthält Operationsfotos!

>>> Aufforderung um Unterstützung an den Deutschen Ethikrat Dezember 2008
>>> Erneute Anfrage um Unterstützung an den Deutschen Ethikrat Mai 2009 
>>> Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates zu "Intersexualität" 23.6.2010  
>>> Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- 9. Menschenrechtsbericht: Bundesregierung deckt medizinische Verbrechen 
- Zwitter-Genitalverstümmelungen: Ethikrat gefordert
- "Ethik als Freifahrtschein für operieren auf Teufel komm raus" - Claudia Wiesemann
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen! 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag (I)
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: Business as usual (II)
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Tuesday, April 19 2011

Genitalverstümmler-Kongress "DGE 2011": Bilder der 2. Mahnwache

>>> Lübeck 20.-22.5.11: Proteste gegen Genitalverstümmler-Kongress "3rd EuroDSD"

"Hier drin tagen GenitalverstümmlerInnen!" Eingang zur "DGE 2011", Hamburg 2.4.11

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Infoseite zu den Protesten   >>> Bericht 1. Aktion 30.3.   >>> Bericht 2. Aktion 1.4.

Bei Postkartenwetter bauten wir am Samstagmorgen die Transparente und Schilder auf zur mittlerweile 3. Friedlichen Protestaktion gegen das Genitalabschneider-Jahrestreffen der "Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)" sowie der "Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK)" (wobei letztere mit den Verstümmelungen angeblich nichts am Hut haben will, aber scheints wegen Kompetenzproblemen auch nicht konkret Stellung dazu beziehen könne). Unterstützt wurden wir erneut durch eine noch zahlreicher erschienene, lokale Soli-Delegation. Fettes Dankeschön an alle, die kamen!

Konkreter Anlass für die heutige Mahnwache war der "DGE 2011"-Programmpunkt "Meet the Expert: Adrenogenitales Syndrom [CAH/AGS]". Dabei propagierte die "EuroDSD"-"Expertin" Dr. Nicole Reisch (Klinikum Universität München / School of Clinical & Experimental Medicine, Birmingham) dem Vernehmen nach erwartungsgemäss die üblichen medizinisch nicht notwendigen, chirurgischen Genitalverstümmelungen an wehrlosen Kleinkindern, getreu der von der DGE mitverantworteten AMWF-Verstümmlerleitlinie 027/047 "Adrenogenitales Syndrom"

"In der Regel wird die Operation in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt."

Allerdings klappte das mit dem Anpreisen von Genitalverstümmelungen dann doch nicht ganz so ungestört, wie es Dr. Nicole Reisch und ihre GenitalabschneiderkomplizInnen wohl gern gehabt hätten ...

An der bewährten Zwitter-Flugblatt-Brigade kam nämlich auch diesmal keinE KongressbesucherIn unbehelligt vorbei, weder auf dem Hin- noch später auf dem Nachhauseweg. Freundlich, aber bestimmt wurden sie allesamt einmal mehr auf das menschenrechtswidrige Treiben im Congress Centrum Hamburg aufmerksam gemacht. 

Da parallel zu den "Meet the Expert Sessions" auch noch diverse PatientInnenveranstaltungen auf dem Programm standen, gab es unter den BesucherInnen auch viele Nicht-MedizinerInnen, die wie noch so viele andere MitbürgerInnen auch noch gar nicht wussten, was in den hiesigen Kinderkliniken vor sich geht.

Die Flugblätter (>>> Download PDF, 168KB) gingen weg wie warme Semmeln, zwischendurch mussten wir gar zusätzliche 150 nachdrucken.

Auch ergaben sich beim Verteilen zahlreiche interessante und positive Gespräche mit BesucherInnen. Viele reagierten betroffen und empört über die Genitalverstümmelungen vor der eigenen Haustüre, solidarisierten sich und kündigten gar an, von sich selber für weitere Aufklärung über diese Praktiken zu sorgen.

Erneut taten auch an den Verstümmelungen nicht direkt mitbeteiligte MedizinerInnen ebenfalls ihre Unterstützung für unser Anliegen kund.

Diejenigen der TäterInnen selber, die sich überhaupt auf Gespräche einliessen, sagten auffällig oft dasselbe, bevor sie rasch weitereilten:

"Wir machen es uns bestimmt nicht leicht!"

Nun ja, für die Verstümmelten, die später ein Leben lang an den Folgen leiden, bestimmt beruhigend zu wissen ...

Mal abgesehen davon, dass "Unbedingt zwangsoperieren, so schnell wie möglich, zack-zack!", wie es nicht nur die DGE-Verstümmlerleitlinie 027/047 nach wie vor propagiert, auch nicht gerade besonders differenziert und wohlabwägend daherkommt.

Dass die "herausforderungssüchtigen" GenitalabschneiderInnen auch schlicht endlich damit aufhören könnten, täglich weitere wehrlose Kleinkinder irreversibel zu verstümmeln, ist ihnen wohl definitiv zu unkompliziert. Wo sich doch all die schönen Komplikationen (WARNUNG!) für sie selber und ihre Brötchengeber offensichtlich bestens rentieren ...

Vielsagend auch folgende Kommentare eines offensichtlich selber an den Verstümmelungen beteiligten Kongressteilnehmers:

"Kommt ihr auch nach Lübeck ['3rd EuroDSD Symposium' 20.-22.5.]?"

"Ein Verbot wäre auch keine Lösung!" 

Gekrönt vom anscheinend obligaten letzten Schluss aller offensichtlich Unverbesserlichen:

"Dann gehen die Eltern nämlich einfach ins Ausland!"

Meine 2 Cent: Immerhin scheint sich auch unter den hartgesotteneren TäterInnen langsam herumzusprechen, dass sie sich künftig nicht mehr beliebig zu Städteausflügen treffen können, ohne dass jeweils Überlebende und solidarische Nicht-Betroffene draussen vor dem Eingang gegen ihr menschenverachtendes Treiben friedlich, aber unübersehbar protestieren – ob's den GenitalabschneiderInnen drinnen passt oder nicht. 

Sowie, dass ein gesetzliches Verbot von kosmetischen Genitaloperationen in den Kinderkliniken eine realistische, legitime und logische Forderung darstellt, die mehr und mehr ins Gespräch kommt und inzwischen nicht mehr länger einfach als rein utopisch abgetan werden kann. 

Logisch sind mit einem Verbot der Verstümmelungen nicht automatisch alle weiteren Probleme gelöst, im Gegenteil: Danach können die eigentlichen Fragen nach einer menschenwürdigen psychosozialen Versorgung von Eltern und "Betroffenen" erst konsequent angegangen werden. 

Für das Problem der wenigen ebenfalls unverbesserlich menschenverachtenden Eltern lassen sich (wie übrigens auch bei der weiblichen Genitalverstümmelung vorgesehen) kosmetische Genitaloperationen an Kindern zudem problemlos auch unter Strafe stellen, wenn die Tat selber im Ausland begangen bzw. veranlasst wurde – ebenso die dringend notwendige Aufhebung/Verlängerung der Verjährung.

Und nicht zuletzt, wie sich der betreffende Medizyner in Hamburg von einer Überlebenden sagen lassen musste:

"Erst, wenn die Forderung nach einem Verbot der Verstümmelungen unübersehbar im Raum steht, werden die Medizyner beginnen, ernsthaft mit den Betroffenen zu reden."

In diesem Sinne: Wir sehn uns, wo die Action ist!

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

>>> Infoseite zu den Protesten zur "DGE 2011" 
>>> Download Flugblatt (PDF, 168KB)
>>> Bericht 1. Aktion 30.3.   >>> Bericht 2. Aktion 1.4.
>>> Chirurgische Arbeitsgemeinschaft geht auf Distanz (will sich aber nicht distanzieren)

Siehe auch:
- Friedlicher Protest & Offener Brief DGKJ-DGKCH 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief APE-AGPD 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief 11th EMBL/EMBO 2010
- Aktion & Offener Brief Ostschweizer Kinderspital St. Gallen 2011
- Aktion & Offener Brief Kinderspital Luzern 2010
- Aktion & Offener Brief Inselspital Bern 2009
- Aktion & Offener Brief Kinderspital Zürich 2008
- Friedlicher Protest & Offener Brief, IOC 2009
- 2. Mahnwache vor der UNO in Genf, 26.01.09
- 1. Mahnwache vor der UNO in Genf, 02.02.09
- 3. Zwitterdemo vor dem Landgericht Köln, 20.05.09
- 2. Zwitterdemo vor dem Landgericht Köln, 06.02.08
- 1. Zwitterdemo vor dem Landgericht Köln, 12.12.07 

Saturday, April 2 2011

Genitalverstümmler-Kongress "DGE 2011": Bilder der 1. Mahnwache

1. Mahnwache vor der "DGE 2011", Hamburg 1.4.11

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Infoseite zu den Protesten   >>> Demo-Flugblatt (PDF)   >>> Bericht 1. Aktion 30.3.

Als gestern morgen früh die Mitglieder des Genitalabschneider-Standesorganisation "Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)" zu ihrer Jahresversammlung 2011 ins Congress Centrum Hamburg CCH eilten, empfing sie das unvermeidliche Empfangskomitee mit Flugblättern (>>> Download PDF, 168KB), Schildern und Transparenten – sowie verstärkt um eine lokale Soli-Delegation. Fettes Dankeschön an alle, die kamen!

Und von den "DGE 2011"-TeilnehmerInnen offensichtlich mittlerweile nicht mehr ganz unerwartet: "Ah, die Demo!", begrüsste uns lautstark schon der erste Pulk, sobald er vom Bahnhof her um die Ecke bog. Auffallend viele Male hörten wir diesmal auch beim Flugblattverteilen erfreuliche Aussagen wie: "Ich bin auf eurer Seite!" – obwohl nach wie vor die Mehrzahl der KongressteilnehmerInnen Gesichter schnitt, als hätten sie in etwas besonders Saures gebissen ...

Und während dann die DGE-GenitalabschneiderInnen drinnen tagten, überbrachte die unermüdliche Zwitter-Flugblattbrigade am "DGE 2011"-Empfang den obligaten >>> Offenen Brief der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org.

Auch PassantInnen wurden erneut zahlreich über die Genitalverstümmelungen vor ihrer Haustüre informiert. Wie schon gestern überwiegend mit positiven Reaktionen: "Warum warten die nicht einfach zu?", sprach etwa ein junger Mann ein grosses Wort gelassen aus.

Ja, warum eigentlich nicht?

Und damit bis zur heutigen 2. Mahnwache, Samstag 09:30-13:30 Uhr am selben Ort ...

>>> Infoseite zu den Protesten zur "DGE 2011" 
>>> Download Flugblatt (PDF, 168KB)

xxx

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Siehe auch:
- Friedlicher Protest & Offener Brief DGKJ-DGKCH 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief APE-AGPD 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief 11th EMBL/EMBO 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief, IOC 2009

Monday, March 28 2011

«Hermaphrodite - Phoebes intersexuelles Abenteuer» - HEUTE 28.3.11 22:50h SF1 (Wiederholung: 4.4.11, 11:10h SF1)

Kann ein Zwitter Sünde sein?

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Zufällig entdeckt: Heute abend läuft auf SF1 die deutsche Fassung der australischen Filmbiographie von Phoebe Hart (Originaltitel: "Orchids - My Intersex Adventure").

Die Hinweise auf den Film in den Medien sind eher durchzogen:

Auf der >>> Ankündigung auf SF.tv wird etwa unhinterfragt und undifferenziert einmal mehr die Medizyner-Krebslüge kolportiert: "Ihre Hoden wurden später entfernt, da ein erhöhtes Krebsrisiko bestand." Dazu das übliche unzutreffende, aber Hauptsache Gender-fixierte Gefasel à la "Sie hat eine Veranlagung namens Androgenresistenz, ist also halb Mann, halb Frau".

Auch die >>> Vorschau auf 20min.ch dreht sich identitätsfixiert um "Die Reise zum eigenen Ich" (so der Titel). Immerhin wird aber auch ein Bezug zur Schweiz gemacht – und es werden zwischendurch auch kritische Töne angeschlagen:

Noch bis in die 80er-Jahre war es Intersexuellen – wie sie heute heissen – meistens nicht möglich, ihr Geschlecht selbst zu wählen. Oft hatten sich die Eltern bereits früh dafür entschieden, ob das Kind ein Bub oder ein Mädchen sein soll. Wie «drs2.ch» berichtete, operierten Ärzte die Kinder sogar ohne die Zustimmung der Eltern. Die aufgezwungene Geschlechterzuweisung, die später unter Umständen von einer Hormonbehandlung begleitet wird, bleibt für viele Betroffene nicht folgenlos: Sie geraten in eine Identitätskrise, fühlen sich weiblich, werden aber in die männliche Rolle gedrängt oder umgekehrt. Hinzu kommt, dass es durch die operative «Korrektur» zu einer Minderung des sexuellen Empfindens kommen kann, wie es auf «intersex.ch» heisst.

Zwar handelt es sich mit der Behauptung, "seit den 80-er Jahren" würden hierzulande Zwitter nicht mehr genitalverstümmelt, bekanntlich bloss um das unkritische Nachplappern eines altbekannten Medizynermärchens, das durch stete und unhinterfragte Wiederholung auch nicht wahrer wird: Tatsächlich werden (wohlbemerkt laut Erhebungen der VerstümmlerInnen selber!) heute noch 90% aller Kinder mit "auffälligen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen mindestens einmal ohne medizinischen Grund in Kinderspitälern genitalverstümmelt, auch in der Schweiz.

Auch wäre die neuere >>> DRS2-"Kontext"-Sendung (davon insbesondere der 2. Teil) ein wertvollerer Hinweis gewesen als die bei 20min.ch verlinkte, ältere "Wissen aktuell"-Kurzsendung.

Immerhin wird aber explizit auf die "Minderung des sexuellen Empfindens" durch die kosmetischen Genitaloperationen hingewiesen, und in diesem Zusammenhang auf die CH-Selbsthilfegruppe verlinkt. Dafür ein herzliches Danke! 

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> "STOP Genitalverstümmelung als 'Rohmaterial' für die Geschlechterforschung!"

Saturday, March 12 2011

Lesung mit Christiane Völling, Kulturbunker Köln Mi 16.3. 20h

Christiane Völling: »Ich war Mann und Frau. Mein Leben als Intersexuelle.« Fackelträger Verlag, erscheint 25.08.2010Veranstaltungshinweis:

Wer & Was? Christiane Völling liest aus ihrer lesenswerten Biographie, mit anschliessender Diskussion.

Wann? Nächsten Mittwoch 16.3.11 20h

Wo? Kulturbunker Köln-Mülheim, Berliner Str. 20, 51063 Köln

Wieviel? Eintritt: 6,50 € / 5,- € (erm.) 

Kommentar zum Ankündigungstext: Der ist ja wieder mal ziemlich typisch, besch...euert und durch-die-Schända-Brille-mit-Tunnelblick-auf-den-eigenen-Bauchnabel-fixiert ...

Einen Schlusssatz wie folgenden kann z.B. wohl nur ein selbsteingenommener und privilegierter Mensch schreiben, der selber noch der nie um die Unversehrtheit seiner eigenen Genitalien fürchten musste (oder sich nur schon wenigstens mal paar Gedanken dazu machte):

Eine überfällige Kritik an einer Gesellschaft, die die Existenz einer großen Gruppe von Menschen verleugnet, und ein starkes Plädoyer an alle Betroffenen und deren Angehörige, das Dazwischenleben anzunehmen und sich dafür einzusetzen.

Nun ja, wer weiss – vielleicht kapieren's dann ja nach der Lesung wenigstens ein paar Menschen mehr:

• Solange für Zwitter das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht endlich ebenso selbstverständlich wird wie z.B. für privilegierte "Geschlechter-Spielen"-Schända-EnthusiastInnen ...

• solange Zwitterkinder weiterhin tagtäglich in Kinderkliniken verstümmelt werden, auch in Köln und Umgebung ...

... solange sollten privilegierte Nicht-Verstümmelte, die mit dem Leid verstümmelter Zwitter Politik treiben und "die Gesellschaft kritisieren" wollen, zuerst gefälligst mal konkret was dafür tun, dass die täglichen Verstümmelungen vor der eigenen Haustüre endlich aufhören und das Recht auf körperliche Unversehrtheit endlich auch für Zwitter gilt!

(Statt weiterhin wie gehabt beim täglichen Verstümmeln tatenlos zuzusehn und gleichzeitig die verstümmelten Zwitter als Mittel zum eigenen Zweck zu benutzen, z.B. für eine "das Dazwischenleben annehmen"-(Trans-)Schända-Agenda.)

Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken sind KEIN "Nebenwiderspruch des Zweigeschlechtersystems"!

Danke.

Siehe auch:
- Christiane Völlings Geschichte in ihren eigenen Worten
- Buch von Christiane Völling: "Mein Leben als Intersexuelle"
- Sieg für Christiane Völling!!!
- Zwitterprozess: 100'000 Euro Schmerzensgeld für Zwangskastration!
- Wie die Zwitterorganisationen Christiane Völlings Zwangsoperateur Prof. Dr. L. 150'000 Euro schenkten 
- "Tabu Intersexualität" - Dok. u.a. mit Christiane Völling
- Die Bielefelderin Britta Dombrowe über "Tabu Intersexualität"
- Alle Posts zu Christiane Völling auf Zwischengeschlecht.info 

Friday, March 4 2011

Schattenbericht zum UN-Sozialpakt auf Deutsch (ICESCR 2010)

Human Rights For Hermaphrodites Too!Seit heute ist nun auch die deutsche Fassung inkl. Fallberichte des aktuellen Parallelberichtes von Intersexuelle Menschen e.V. verfügbar. Wie vermerkt wird der Bericht im Mai vom UN-Ausschuss über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) in Genf während seiner 46. Session behandelt werden.

>>> Zusammenfassung & Kommentar

>>> Download auf intersex.schattenbericht.org 

Friday, February 18 2011

"Sag es niemandem!" - Das verinnerlichte Schweigegebot, Zwittertabu & Medizynermacht (II)

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

1. Zwitterdemo vor dem Landgericht Köln, 12.12.07

(Full Disclosure: Seelenlos ist verantwortlicher Redakteur dieses Blogs, Gründungsmitglied und Kampagnenleiter bei Zwischengeschlecht.org und ein mit einem Zwitter verbandelter "normaler" XY, also ein solidarischer Nicht-Zwitter.) 

>>> Zwittertabu & Medizynermacht (I)

Geschlecht: ZwangsoperiertEiner der schlimmsten Feinde der Zwitterbewegung in ihrem Kampf um die Beendigung der Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken ist das verinnerlichte Schweigegebot.

Traumatisierte Betroffene (und cotraumatisierte Eltern) stehen vielfach und auf allen Ebenen unter massivem (Geheimhaltungs-)Druck, und das von allem Anfang an und über Jahrzehnte:

Man hat mir nichts erklärt, man hat mich ständig angelogen oder mit Halbwahrheiten abgespiesen. Ich habe aber immer gespürt, dass etwas nicht stimmt, habe mich geschämt, denn ich wusste, dass es mit meinen Genitalien zu tun hat. Sonst würden die doch nicht ständig da hingucken und hingreifen und so besorgt und peinlich berührt tun. Ich war abartig, man musste mich verstecken, man musste meinen Körper korrigieren. Ich war immer innerlich wie gelähmt, machte mich so unsichtbar wie möglich.  Nella 

Kommt dazu: Die wenigsten Betroffenen können es gefühlsmässig überhaupt aushalten, sich direkt mit dem zu konfrontieren, was ihnen von ethisch und moralisch gestörten Pädo-MedizynerInnen an Körper und Seele angetan wurde, geschweige denn eine Konfrontation damit über längere Zeit.

Und sogar noch bei den wenigen Ausnahmezwittern und -Eltern, die sich überhaupt öffentlich über die TäterInnen und das von ihnen angerichtete Leiden äussern, führen das verinnerlichte Zwittertabu, Scham und die anhaltende Verdrängung der Demütigungen und Schmerzen im Zusammenhang mit den Zwangsbehandlungen leider immer wieder dazu, dass sie oft nur durch Auslassungen abgeschwächte bzw. geschönte Versionen dessen bekannt geben, was ihnen angetan wurde, vor allem konkret über übergriffige Worte und Taten von Medizynern.

Was es den TäterInnen und ihren HelfershelferInnen erst recht erleichtert, mit ihren immergleichen Beschönigungen und Ausreden unhinterfragt bei Medien, ParlamentarierInnen und BürgerInnen durchzukommen (womit sich gleichzeitig das traumatisierende Unrecht an den wehrlos gemachten Zwangsoperierten jedesmal noch einmal mehr wiederholt).

"Retraumatisierung" heisst dann wenig überraschend mit unschöner Regelmässigkeit der letzte Sargnagel im öffentlichen Aufbegehren von Verstümmelten gegen die heute noch täglich begangenen medizynischen Verbrechen in den Kinderspitälern. 

Elisabeth Müller, Daniela Truffer, Katrin Ann Kunze †, Christiane Völling

"Those who cannot remember the past are condemned to repeat it."
George Santayana (1863 – 1952)

Zumindest dieser Blog weiss von keinem einzigen Zwitter, der es länger als einige wenige Jahre aushielt, den Medizynern kontinuierlich öffentlich Paroli zu bieten, ohne meist eher früher als später emotional unter die Räder zu kommen und ausgebrannt die Segel zu streichen. Wohl nicht wenige schweigen danach für immer.

Worauf die TäterInnen & Co. die Forderungen der Überlebenden einmal mehr als "Einzelproteste und eine sehr sehr kleine Gruppe" usw. in der Öffentlichkeit diffamieren (womit sich das traumatisierende Unrecht gleich noch einmal mehr wiederholt).

Auf dass in den Kinderspitälern alles weiterhin schön so bleibt wie es ist, erpressen die Medizyner zusätzlich Betroffene und Eltern reflexhaft und systematisch – ganze Familien über mehrere Generationen – mit der Drohung, ihnen auch ev. benötigte ECHTE medizinische Hilfeleistungen zu verweigern, wenn sie weiter aufmucken wollen.

All dieser Druck ist weitaus mehr, als die allermeisten (durch das Schweigebot isoliert gehaltenen) Zwitter und ihr Umfeld auf Dauer je aushalten können. Die wenigsten können es nur schon ertragen, wenn andere Zwitter das Schweigegebot brechen:

[...] Wenn etwas, was uns angetan wurde, zu schrecklich ist, verdrängen wir es. Was wir nicht ertragen, blenden wir aus. Opfer sein ist schrecklich, unerträglich. Deshalb sucht jedes Opfer in seinem Täter etwas Gutes, um weniger Opfer sein zu müssen. Deshalb kommen die meisten Täter ungeschoren davon. Und wenn doch ein Opfer einmal aufsteht und die unerträgliche Wahrheit heraus schreit und die Täter anklagt, dann sind die anderen Opfer die ersten, die es zum Schweigen bringen wollen. [...] 
Nella: "Stockholm under Water"

Umso wichtiger, dass empathische Nichtzwitter den Kampf der Verstümmelten gegen ihre PeinigerInnnen und für die Unversehrtheit der kommenden Generationen aktiv solidarisch unterstützen!

Genitalabschneider, wir kriegen euch! Zwangsoperateure, passt bloss auf!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

>>> Zwittertabu & Medizynermacht (I)
>>> Erpressung, Zwittertabu & Medizynermacht (III) 

Siehe auch:
- Trauma, Opferrolle, Befreiung
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Unseres Wissens zufolge unternehmen 80% der Intersexen Suizidversuche, hiervon 25% erfolgreich" - AGGPG 1998
- Schweiz: Bundesrat will weibliche Genitalverstümmelung verbieten – aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- Bundestag: "Weibliche Genitalverstümmelung ahnden" - aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik", 23.6.10
- "Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist."
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

- page 4 of 12 -