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Saturday, February 9 2013

§ 22 (3) PStG: Deutliche Kritik von Zwischengeschlecht.org, Intersexuelle Menschen e.V., OII Deutschland (IVIM), Konstanze Plett

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Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

Zwischengeschlecht.org on Facebook

Zum >>> unglücklichen neuen "Geschlechtseintrags-Verbot"
für Intersex-Kinder (§ 22 PStG)
, das der Bundestag am 31.1.13 beschloss, liegen nach der Kritik durch die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org nun auch öffentliche Verlautbarungen von den Betroffenenorganisationen Intersexuelle Menschen e.V. und Internationale Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM) vor, sowie von der Juristin Konstanze Plett, die alle (fast) kein Blatt vor den Mund nehmen. Danke!

In einem >>> Artikel des Weser Kurier vom 5.2.13 (Scan) sagt Lucie Veith im Namen von Intersexuelle Menschen e.V. zum neuen Paragraphen, sie seien "traurig über den Schnellschuss", und "kritisiert", dass weder die "Stimmen der Betroffenen genügend berücksichtigt wurden", noch die Empfehlungen des Ethikrates, "dass nur Betroffene selbst über geschlechtszuordnende Operationen entscheiden sollten und dass es einen Härtefallfonds für Opfer von medizinisch nicht indizierten Operationen geben sollte".

Die "nun schnell gefasste Neuregelung" könne "den Druck auf Betroffene und deren Eltern nicht abmildern".  Veith fordert – nebst einem (realpolitisch unrealistischen) generellen Verzicht auf Geschlechtseinträge "bis zum 16. oder 18. Lebensjahr" – ein "grundsätzliches" gesetzliches Verbot kosmetischer Genitaloperationen an betroffenen Kindern (vom Weser Kurier in indirekter Rede und unglücklicherweise in der TäterInnensprache wiedergegeben als "geschlechtsangleichende Operationen").

Zum Vergrössern: reinklicken! 

Und weiter:"„Intersexuell geboren zu sein, heißt nicht, krank zu sein.“ Veith möchte zudem, dass auch Eltern nicht über den Kopf des Kindes hinweg in eine Geschlechtsoperation einwilligen. [...] Laut Veith wird insgesamt weniger, aber immer noch zu viel operiert." 

(Quellen werden keine genannt für letztere Behauptung von wegen "weniger" OPs, bei der offensichtlich in erster Linie Kastrationen bei CAIS gemeint und die massiv häufigeren – und zunehmenden! – kosmetischen "Peniskorrekturen"/"Harnröhrenverlegungen"/"Hypospadiekorrekturen" sowie "Klitorisreduktionen" und "Vaginalplastiken" einmal mehr nicht mit berücksichtigt sind – was dem Leiter der Kinderchirurgie am >>> Verstümmler-Klinikum Bremen-Mitte, Christian Lorenz, eine Steilvorlage liefert zur üblichen Schutzbehauptung, dass heutzutage praktisch nur noch "Fälle [...] vorlägen, die also medizinisch notwendig seien", und überhaupt: "Reine Rekonstruktionsoperationen, wie sie in den 60er-Jahren üblich waren, seien überholt." Schön wärs – aber Hauptsache, nichts zugeben, was auch nicht ganz sicher längst absolut verjährt ist ...)

In einer >>> Pressemitteilung vom 07.02.2013 hält die Internationale Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM) / OII Deutschland ebenfalls fest: Der neue § 22 (3) PStG "bedeutet im Klartext, dass es sich nicht um eine Wahlmöglichkeit, sondern um eine Vorschrift handelt", gar um eine "Sondervorschrift", die "Ausschlüsse" produziere: "Die Lebenssituation der allermeisten intergeschlechtlichen Menschen wird sich dadurch nicht verbessern." Zudem bleibe die "Definitionsmacht" der MedizinerInnen über die Betroffenen "unangetastet", und es drohe "die Gefahr der Stigmatisierung":

"Daher könnte im Gegenteil, die neue Vorschrift (potentielle) Eltern und Ärzt_innen zusätzlich darin bestärken, ein “uneindeutiges” Kind um jeden Preis zu vermeiden (durch Abtreibung, pränatale “Behandlung” oder sogenannte vereindeutigende chirurgische und/oder hormonelle Eingriffe). Sofern das Motiv der Neureglung gewesen ist, chirurgisch-hormonelle “Vereindeutigungen” von Kindern zu verringern, so ist abzusehen, dass dieses Ziel nicht erreicht werden wird."

Fazit von IVIM: "Was wir brauchen, ist ein Ende der fremdbestimmten Geschlechtszuweisung, der Praxis geschlechtlicher Normierung und Verstümmelung sowie der medizinischen Definitionshoheit über Geschlecht."

Ebenfalls im >>> Artikel des Weser Kurier vom 5.2.13 (Scan) kam weiter die emeritierte Jus-Professorin Konstanze Plett zu Wort. Auch sie kommt zum Schluss:

„Diese Regelung löst eher Zwang aus“, sagt sie, „weil die Ärzte entscheiden müssen, ob eine Geschlechtszuordnung möglich ist.“ Zudem sei ungeklärt, wie Standesämter prüfen sollen, dass eine bestimmte Zuordnung nicht möglich ist – Entwürfe für Ausführungsvorschriften gebe es bislang nicht. „Im Zweifel ist wohl ein Attest eines Arztes nötig“, so Plett, sodass weiter die Gefahr einer zwangsweisen Geschlechtszuordnung bestehe.

>>> Bundesrat 2014: Verwaltungsvorschrift zum PStG-Murks § 22(3) PStG:
        Alleinige Definitionshoheit und Entscheidungsgewalt für Ärzte    

>>> Bundestag 31.1.13: Staatliches Zwangsouting für "Intersex-Kinder" -
        Freipass für GenitalabschneiderInnen

>>> Intersex-Fakten: Geschlechtseintrag "offen" seit 2009 möglich (§ 7 PStV) -
        Genitalverstümmelungen zunehmend 

>>> § 22 (3) PStG: "Deutliche Kritik an neuer Regelung" - erste Reaktionen

Thursday, January 31 2013

Bundestag: Staatliches Zwangsouting für Intersex-Kinder - Freipass für Genitalverstümmler

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Zwischengeschlecht.org on FacebookPressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 01.02.2013:

Ausgeliefert!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org verurteilt den gestrigen Beschluss des Bundestages, künftig bei "uneindeutigen" Neugeborenen keinen Geschlechtseintrag mehr zuzulassen.
Und warnt vor den negativen Folgen für die Betroffenen, darunter erhöhter Druck auf die Eltern zu kosmetischen Genitaloperationen und selektiven Abtreibungen sowie staatliches Zwangsouting für die betroffenen Kinder.


INHALT
1. Verbot des Geschlechteintrags für "intersexuelle" Neugeborene
2. Praktische Folgen für Betroffene Kinder und Eltern
   • Faktisches Verbot
   • Bestimmen werden weiter allein die Ärzte
   • Druck auf Eltern zu kosmetischen GenitalOPs erhöht sich
   • Druck auf Eltern zu (Spät-)Abtreibungen erhöht sich
   • Staatliches Zwangsouting für betroffene Kinder
   • Weniger Schutz vor Verstümmelung und Diskriminierung
3. Das eigentliche Problem
4. Wie Betroffene einfach und effektiv geschützt werden könnten
   • Verbot kosmetischer Genitaloperationen an Kindern
   • Psychosoziale Unterstützung und Peer Support statt Verstümmeln
   • Korrekte Anwendung von § 47 PStG
   • Das Preussische Landrecht war schon mal weiter ...
5. Intersex-Genitalverstümmelungen nicht mehr länger ignorieren!

1. Verbot des Geschlechteintrags für "intersexuelle" Neugeborene

Der Bundestag hat am späten Donnerstagabend einen kurzfristig eingereichten Antrag (PDF) zum Personenstandsrechts-Änderungsgesetz (PStRÄndG) gutheissen, wonach künftig via Personenstandgesetz "uneindeutigen" Neugeborenen der Eintrag eines Geschlechts amtlich verboten wird:

PStG § 22 Abs. 3 [neu]: „(3) Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen.“

Zweifellos wird diese Neuerung als ein angeblicher "Durchbruch für die Rechte Intersexueller" verkauft werden (allen voran von Grünen und LGBT-Verbänden). Und von allen Parteien als Ausrede benutzt, weshalb sie auf die tatsächlichen und massiven Menschenrechtsverletzungen an Zwittern (wie z.B. kosmetische Genitalverstümmelungen und selektive Abtreibungen) weiterhin gar nicht erst eintreten werden, das Problem sein nun ja abgehakt.

2. Umso mehr lohnt es sich, näher zu betrachten, was dieser Beschluss für die betroffenen Kinder selbst sowie für ihr Umfeld konkret bedeutet:

Leider zeigt sich dabei schnell einmal, dass (nebst Gender-PolitikerInnen und dritten Interessengruppen) hauptsächlich die GenitalverstümmlerInnen in den Kinderkliniken von diesem neuen Gesetz profitieren werden ...

• Zunächst ist zu beachten: Es handelt sich NICHT um keine optionale "Kann-Formulierung", sondern um ein obligatorisches Muss: "ist [...] ohne eine solche Angabe [...] einzutragen". Damit wird betroffenen Kindern ein Geschlechtseintrag explizit verunmöglicht, was faktisch einem Verbot gleichkommt. (Auch wenn Familienministerin Kristina Schröder in ihrer Presseeinladung fälschlicherweise das Gegenteil suggeriert: "Damit wird es erstmals möglich, das Geschlecht intersexueller Menschen im Geburtenregister offen zu lassen.")

• Welche Instanz letztlich bestimmt, wann und ob "das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden [kann]", wird dabei nicht weiter festgehalten – braucht es aber auch nicht: Bestimmen werden wie gehabt allein die MedizynerInnen ...

Der Druck auf Eltern, widerrechtlich in kosmetische Genitaloperationen für die betroffenen Kinder "einzuwilligen", wird sich erhöhen: Die oft überforderten und von irrationalen Schuldgefühlen geplagten Eltern werden von den MedizynerInnen – nebst mit dem bereits üblichen Unter-Druck-Setzungs-Instrumentarium ("soziales Aus", "wird sich umbringen", "niemals glücklich sein können", Blablabla) – zusätzlich damit konfrontiert werden, dass sie bei einem "solchen Kind" nicht einmal mehr ein Geschlecht eintragen lassen dürften – es sei den, sie willigten zuerst in eine kleine Operation ein, nachher sei eine "Zuordnung" ja problemlos möglich ... (Schon heute argumentieren die MedizynerInnen ja bei den meisten betroffenen Kindern, es handle sich eigentlich klar um Jungen oder Mädchen, nur hätten sie ein kleines Problemchen, das sich aber ohne weiteres operativ beheben liesse ...)

Der Druck auf Eltern, ein betroffenenes Kind (spät-)abtreiben zu lassen, wird sich erhöhen: Spätabtreibungen betroffener Kinder sind seit mindestens 1972 legal und zunehmend. Auch hier werden die MedizynerInnen den neuen §22 gerne als zusätzliches "Überzeugungsmittel" herbeiziehen.

Betroffenen Kindern droht ein staatlich verordnetes Zwangsouting in Kindergarten, Schule usw. – mit allen Folgen: "Anderssein" ist in der Regel kein Zuckerschlecken. Umso wichtiger wäre psychosoziale Unterstützung bei konkreten Mobbing-Fällen (statt angeblich "präventive" genitalverstümmelnde Zwangsoperationen). Die Verweigerung eines Geschlechtseintrags für betroffene Kinder wird stattdessen zu mehr Mobbing führen ("Du hast ja nicht mal nen Geschlechtseintrag!").

• Fazit: Noch weniger Schutz der Betroffenen vor kosmetischen Genitaloperationen, aber auch vor Diskriminierungen.

3. Das eigentliche Problem

Nach wie vor werden heute 90% aller betroffenen Neugeborenen möglichst früh ohne medizinische Notwendigkeit kosmetisch genitalverstümmelt und leiden ein Leben lang unter den Folgen (u.a. Verminderung oder Zerstörung der sexuellem Empfindungsfähigkeiz, schmerzende Narben, usw.). Immer noch werden viele ohne medizinische Notwendigkeit kastriert ("Wir wollen doch keine Mutanten züchten").

Aber wen interessiert sowas schon? Offensichtlich nicht den Bundestag. Hauptsache, der Amtsschimmel wiehert und GeschlechterpolitikerInnen können darauf anstossen, einmal mehr zwangsverstümmelte Kinder als Mittel zum Zweck der Aushöhlung des "bösen Zweigeschlechtersystems" missbraucht zu haben. Fazit: Personenstandspolitik mit Kinderblut an den Händen!

4. Dabei wäre es ganz einfach, WIRKLICH etwas für die betroffenen Kinder zu tun:

• Ein Verbot medizinisch nicht notwendiger, kosmetischer Genitaloperationen an Kindern, rsp. die gesetzgeberische Anerkennung, dass Eltern noch nie berechtigt waren, im Namen ihrer Kinder in solche Eingriffe einzuwilligen, weshalb die Verstümmelungen schon seit jeher illegal erfolgten, und entsprechendes Unterbinden von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern aufgrund solcher widerrechtlicher "Einwilligungen".

• Statt menschenrechtswidrige Genitalverstümmelungen zu tolerieren endlich angemessene psychosoziale Unterstützung und Peer Support für Betroffene, Eltern und das soziale Umfeld zu gewährleisten.

Durchsetzung der korrekten Anwendung von §47 PStG, wonach Betroffene, die später ihren Geschlechtseintrag korrigieren lassen wollen, dies unbürokratisch tun können (statt dass Ämter und Behörden weiterhin widerrechtlich MedizynerInnen helfen, solche Betroffene tatsachenwidrig zu Transsexuellen zu erklären).

Das Preussische Landrecht war schon mal weiter: Seit 20 Jahren weisen Betroffenenorganisationen darauf hin, dass Personenstandsexperimente wie zwangsweises Offenlassen des Geschlechtseintrags oder zwangsweise Einführung eines 3. Geschlechtseintrag nicht im Interesse der betroffenen Kinder sind. Stattdessen sollten betroffene Kinder nach bester Einschätzung vorläufig einem sozialen Geschlecht inkl. Eintrag zugewiesen werden (jedoch ohne kosmetische Eingriffe!!!), unter Offenheit den Kindern gegenüber über ihre Besonderheit, und Hinweis auf die Option, ihren Geschlechtseintrag ggf. später unbürokratisch korrigieren zu lassen (§47 PStG). Paradoxerweise waren Betroffene mit dem Zwitterparagraphen im Preussischen Landrecht, wonach zunächst die Eltern den Geschlechtseintrag bestimmten (§19) und die betroffene Person diesen später unbürokratisch ändern konnte (§20), besser gestellt als heute!

5. Intersex-Genitalverstümmelungen nicht mehr länger ignorieren!

Leider hat es der Bundestag einmal mehr sträflich versäumt, sich wirksam für den Schutz und die Interessen der Betroffenen einzusetzen, und stattdessen wiederum dritte Interessengruppen und nicht zuletzt ausgerechnet die GenitalverstümmlerInnen favorisiert – wie sich auch die Bundesregierung seit über 16 Jahren konsequent GEGEN die Opfer der frühkindlichen Verstümmelungen stellt, und sich bis heute stets auf die Seite der TäterInnen schlägt.

Wie lange noch?!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmäßige Updates: http://zwischengeschlecht.info

 
>>> Bundesrat 2014: Verwaltungsvorschrift zum PStG-Murks § 22(3) PStG:
        Alleinige Definitionshoheit und Entscheidungsgewalt für Ärzte     

>>> Intersex-Fakten: Geschlechtseintrag "offen" seit 2009 möglich (§ 7 PStV) -
        Genitalverstümmelungen zunehmend 

>>> § 22 (3) PStG: "Deutliche Kritik an neuer Regelung" - erste Reaktionen

>>> § 22 (3) PStG: Deutliche Kritik von Intersexuelle Menschen e.V.,
        OII Deutschland (IVIM) und Konstanze Plett  

>>> Bundestag 31.1.13: Staatliches Zwangsouting für "Intersex-Kinder" -
        Freipass für GenitalabschneiderInnen

Bundestag 31.1.13: Staatliches Zwangsouting für "Intersex-Kinder" - Freipass für GenitalabschneiderInnen (§ 22 PStG)

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>>> Pressemitteilung zum Thema von Zwischengeschlecht.org vom 01.02.2013

Ausgeliefert! Zwischengeschlecht.org on FacebookDer Bundestag hat am späten Donnerstagabend einen kurzfristig eingereichten Antrag (PDF)  gutgeheissen, wonach künftig via Personenstandsgesetz "uneindeutigen" Neugeborenen der Eintrag eines Geschlechts amtlich verboten wird:

PStG § 22 Abs. 3 [neu]: „(3) Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen.“

Zweifellos wird diese Neuerung als ein angeblicher "Durchbruch für die Rechte Intersexueller" verkauft werden (allen voran von Grünen und LGBT-Verbänden – Nachtrag: q.e.d.). Und von allen Parteien als Ausrede benutzt, weshalb sie auf die tatsächlichen und massiven Menschenrechtsverletzungen an Zwittern (wie z.B. kosmetische Genitalverstümmelungen und selektive Abtreibungen) weiterhin gar nicht erst eintreten werden, das Problem sei nun ja abgehakt (Nachtrag: q.e.d., CDU/CSU).

Umso mehr lohnt es sich, näher zu betrachten, was dieser Beschluss für die betroffenen Kinder selbst sowie für ihr Umfeld konkret bedeutet:

Leider zeigt sich dabei schnell einmal, dass (nebst Gender-PolitikerInnen und dritten Interessengruppen) hauptsächlich die GenitalverstümmlerInnen in den Kinderkliniken von diesem neuen Gesetz profitieren werden ...

• Zunächst ist zu beachten: Es handelt sich NICHT um eine optionale "Kann-Formulierung", sondern um ein obligatorisches Muss: "ist [...] ohne eine solche Angabe [...] einzutragen". Damit wird betroffenen Kindern ein Geschlechtseintrag explizit verunmöglicht, was faktisch einem Verbot gleichkommt. (Auch wenn Familienministerin Kristina Schröder in ihrer Presseeinladung fälschlicherweise das Gegenteil suggeriert: "Damit wird es erstmals möglich, das Geschlecht intersexueller Menschen im Geburtenregister offen zu lassen.")

• Welche Instanz letztlich bestimmt, wann und ob "das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden [kann]", wird dabei nicht weiter festgehalten – braucht es aber auch nicht: Bestimmen werden wie gehabt allein die MedizynerInnen ...

Der Druck auf Eltern, widerrechtlich in kosmetische Genitaloperationen für die betroffenen Kinder "einzuwilligen", wird sich erhöhen: Die oft überforderten und von irrationalen Schuldgefühlen geplagten Eltern werden von den MedizynerInnen – nebst mit dem bereits üblichen Unter-Druck-Setzungs-Instrumentarium ("soziales Aus", "wird sich umbringen", "niemals glücklich sein können", Blablabla) – zusätzlich damit konfrontiert werden, dass sie bei einem "solchen Kind" nicht einmal mehr ein Geschlecht eintragen lassen dürften – es sei den, sie willigten zuerst in eine kleine Operation ein, nachher sei eine "Zuordnung" ja problemlos möglich ... (Schon heute argumentieren die MedizynerInnen bei den meisten betroffenen Kindern, eigentlich handle es sich klar um Jungen oder Mädchen, diese nur hätten ein kleines Problemchen, das sich aber ohne weiteres operativ beheben liesse ...)

Der Druck auf Eltern, ein betroffenes Kind (spät-)abtreiben zu lassen, wird sich erhöhen: Spätabtreibungen betroffener Kinder sind seit mindestens 1972 legal und zunehmend. Auch hier werden die MedizynerInnen den neuen §22 gerne als zusätzliches "Überzeugungsmittel" herbeiziehen.

Betroffenen Kindern droht ein staatlich verordnetes Zwangsouting in Kindergarten, Schule usw. – mit allen Folgen: "Anderssein" ist in der Regel kein Zuckerschlecken. Umso wichtiger wäre psychosoziale Unterstützung bei konkreten Mobbing-Fällen (statt angeblich "präventive" genitalverstümmelnde Zwangsoperationen). Die Verweigerung eines Geschlechtseintrags für betroffene Kinder wird stattdessen zu mehr Mobbing führen ("Du hast ja nicht mal nen Geschlechtseintrag!").

• Fazit: Noch weniger Schutz der Betroffenen vor kosmetischen Genitaloperationen, aber auch vor Diskriminierungen.

Personenstandspolitik mit Kinderblut an den Händen

Das eigentliche Problem: Nach wie vor werden heute 90% aller betroffenen Neugeborenen möglichst früh ohne medizinische Notwendigkeit kosmetisch genitalverstümmelt und leiden ein Leben lang unter den Folgen (u.a. Verminderung oder Zerstörung der sexuellem Empfindungsfähigkeit, schmerzende Narben, usw.). Immer noch werden viele ohne medizinische Notwendigkeit kastriert ("Wir wollen doch keine Mutanten züchten").

Aber wen interessiert sowas schon? Offensichtlich nicht den Bundestag. Hauptsache, der Amtsschimmel wiehert und GeschlechterpolitikerInnen können darauf anstossen, einmal mehr zwangsverstümmelte Kinder als Mittel zum Zweck der Aushöhlung des "bösen Zweigeschlechtersystems" missbraucht zu haben.

Dabei wäre es ganz einfach, WIRKLICH etwas für die betroffenen Kinder zu tun:

• Ein Verbot medizinisch nicht notwendiger, kosmetischer Genitaloperationen an Kindern, rsp. die gesetzgeberische Anerkennung, dass Eltern noch nie berechtigt waren, im Namen ihrer Kinder in solche Eingriffe einzuwilligen, weshalb die Verstümmelungen schon seit jeher illegal erfolgten, und entsprechendes Unterbinden von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern aufgrund solcher widerrechtlicher "Einwilligungen".

• Statt menschenrechtswidrige Genitalverstümmelungen zu tolerieren endlich angemessene psychosoziale Unterstützung und Peer Support für Betroffene, Eltern und das soziale Umfeld zu gewährleisten.

Durchsetzung der korrekten Anwendung von  § 7 PStV, wonach ein sinnvolles OPTIONALES Offenlassen des Geschlechtseintrags bei betroffenen Kindern seit 2009 ohnehin unbefristet möglich ist (Nachtrag):

Dazu hielt etwa der Hamburger Senat am 2. Juni 2009 öffentlich fest (Drucks. 19/3438, S. 3): "[D]as Personenstandsgesetz in Deutschland sieht aktuell keine Verpflichtung vor, bei der Anmeldung des Kindes nach der Geburt auch das Geschlecht festzulegen. [...] Es werde danach keine Frist gesetzt, innerhalb der das Geschlecht festgelegt werden müsse."

Die offizielle Grundlage dafür ist die aktuelle "Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (PStV)". Deren § 7 PStV lautet seit dem 01.01.2009 wie folgt (vgl. auch die Hebammenbroschüre von Intersexuelle Menschen e.V. (PDF) --> S. 13):

(1) Fehlen Angaben oder Nachweise für die Beurkundung eines Personenstandsfalls, kann das Standesamt die Beurkundung zurückstellen. Die Beurkundung des Personenstandsfalls ist in diesem Fall in angemessener Frist nachzuholen.

(2) Dem Anzeigenden ist auf Antrag eine Bescheinigung darüber auszustellen, dass der Personenstandsfall angezeigt wurde, aber noch nicht beurkundet werden konnte.

Durchsetzung der korrekten Anwendung von § 47 PStG, wonach Betroffene, die später ihren Geschlechtseintrag korrigieren lassen wollen, dies unbürokratisch tun können (statt dass Ämter und Behörden weiterhin widerrechtlich MedizynerInnen helfen, solche Betroffene tatsachenwidrig zu Transsexuellen zu erklären).

Das Preussische Landrecht war schon mal weiter: Seit 20 Jahren weisen Betroffenenorganisationen darauf hin, dass Personenstandsexperimente wie zwangsweises Offenlassen des Geschlechtseintrags oder zwangsweise Einführung eines 3. Geschlechtseintrag nicht im Interesse der betroffenen Kinder sind. Stattdessen sollten betroffene Kinder nach bester Einschätzung vorläufig einem sozialen Geschlecht inkl. Eintrag zugewiesen werden (jedoch ohne kosmetische Eingriffe!!!), unter Offenheit den Kindern gegenüber über ihre Besonderheit, und Hinweis auf die Option, ihren Geschlechtseintrag ggf. später unbürokratisch korrigieren zu lassen (§47 PStG). Paradoxerweise waren Betroffene mit dem Zwitterparagraphen im Preussischen Allgemeinen Landrecht (1794-1900), wonach zunächst die Eltern den Geschlechtseintrag bestimmten (§19) und die betroffene Person diesen bei Volljährigkeit unbürokratisch ändern konnte (§20), besser gestellt als heute!

Meine 2 Cent:

Leider hat es der Bundestag einmal mehr sträflich versäumt, sich wirksam für den Schutz und die Interessen der wirklich Betroffenen einzusetzen, und stattdessen wiederum dritte Interessengruppen und nicht zuletzt ausgerechnet die GenitalverstümmlerInnen favorisiert – wie sich auch die Bundesregierung seit über 16 Jahren konsequent GEGEN die Opfer der frühkindlichen Verstümmelungen stellt, und sich bis heute stets auf die Seite der TäterInnen schlägt.

Wie lange noch?!

Nachtrag: Die insgesamt 34-minütige Beratung von TOP 18 mit allen Reden der Abgeordneten kann online nachegeguckt/gehört und heruntergeladen werden, entweder >>> an einem Stück oder >>> einzeln. Das >>> schriftliche Protokoll 219. Sitzung (PDF) ist mittlerweile ebenfalls aufgeschaltet (TOP 18 auf S. 27217-27223).

Inzwischen gab's auch deutliche Kritik von Intersexuelle Menschen e.V und OII Deutschland (IVIM).

>>> UPDATE: Medien-Falschmeldung "Geschlechtseintrag 'unbestimmt' in D wählbar"

>>> Intersex-Fakten: Geschlechtseintrag "offen" seit 2009 möglich (§ 7 PStV) 
>>> § 22 (3) PStG: "Deutliche Kritik an neuer Regelung" - erste Reaktionen
>>> Alleinige Entscheidungsgewalt für Ärzte: Verwaltungsvorschrift zum PStG-Murks

>>> Verflucht sollt ihr alle sein, denn an euren Händen klebt Kinderblut! 
>>> Deutschland: Hunde besser vor Verstümmelung & Kastration geschützt als Kinder
>>> Bundesregierung angeblich "keine Meinung" zu Intersex-Genitalverstümmelungen
>>> Faule Eier für "die Bundesregierung"! (1996-2009)

>>>
Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe 

Friday, December 7 2012

Intersex-Genitalverstümmelungen in der Universitätskinderklinik Ulm ("DSD-Symposium" 7.12.12 - Clothilde Leriche, Martin Wabitsch)

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Ausgeliefert!Seit dem Zuzug der Genitalabschneiderin Dr. med. Clothilde Leriche (vormals Klinikum Nürnberg Süd) wird im Universitätsklinikum Ulm derzeit das Angebot an menschenrechtswidrigen, medizinisch nicht notwendigen kosmetischen Genitaloperationen an "DSD"-Kindern offenbar massiv ausgebaut:

• Seit dem 15. November 2012 wird auf dem Internetauftritt des "Zentrums für seltene Erkrankungen" (sic!) der Uniklinik ein >>> neuer "Kompetenzbereich Störungen der Geschlechtsdeterminierung und -Differenzierung (DSD)" aktiv beworben (s. unten). 

• Zwecks öffentlicher Bekanntmachung des neuen "Verstümmlerbereichs" ist auf heute 07.12.2012 ein "Symposium Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung Disorders of Sex Development (DSD)" angekündigt (s. nachf.).  >>> Flyer (PDF)  >>> Pressemitteilung

• Auf 2013 sucht das Uniklinikum Ulm einE zusätzliche KinderchirurgIn ... 
>>> Ausschreibung PDF 

"Genitalkorrekturen am besten zwischen dem 9. und 12. Lebensmonat"

Zwar behauptet der Ankündigungsflyer zum heutigen "DSD-Symposium" vollmundig: "Unser Symposium [...] nimmt Bezug auf die Stellungnahme des deutschen Ethikrates." Einen Vortragspunkt zu ethischen Aspekten kosmetischer Genitaloperationen an Kindern sucht mensch im Programm allerdings vergebens.

Vielsagend dagegen der Titel des Beitrages von Chef-Kinderchirurgin Clothilde Leriche, "Die Rekonstruktion des Genitale: Das Vorgehen und der beste Zeitpunkt hinsichtlich eines optimales Ergebnisses", der das Fazit schon vorwegnimmt: Medizinisch nicht notwendige, kosmetische "Genitalrekonstruktionen" müssen in Ulm Betroffenen trotz erwiesener negativer Folgen weiterhin buchstäblich um jeden Preis aufgezwungen werden. Zur Debatte steht einzig der (möglichst frühe) Zeitpunkt – laut Dr. Leriche bekanntlich "am besten zwischen dem 9. und 12. Lebensmonat" (siehe unten). 

"schon 500 AGS-Mädchen operiert"

Bei einem anderen Vortrag im Herbst 2012 vor Eltern brüstete sich Dr. Leriche, bisher schon "500 AGS-Mädchen operiert" zu haben, sowie "170 andere Kinder". ('Ordinäre' "Hypospadiekorrekturen" sind da offensichtlich gar nicht erst mit eingerechnet.)

Einen Beitrag zu menschenrechtlichen Aspekten solcher medizinisch nicht notwendiger Genitalverstümmelungen sucht mensch am Ulmer "DSD-Symposium" wenig überraschend ebenfalls vergebens – obwohl vor noch nicht mal einem Jahr das UN-Komitee gegen Folter die BRD wegen Intersex-Genitalverstümmelungen rügte (CAT/C/DEU/CO/5).

Stattdessen darf – Überraschung! – als einziger "Gastreferent" der Lübecker Promiverstümmler Prof. Dr. Olaf Hiort ("Netzwerk Intersexualität/DSD", "EuroDSD", "I-DSD", "DSD-Life", usw.) die Werbetrommel für seine TäterInnenforschungsprojekte rühren.

Prinzipiell fällt auf, dass am "DSD-Symposium" zu den Themen "Versorgungssituation" (Prof. Dr. med. Olaf Hiort), "Praktisches Vorgehen" (Dr. med. Friedericke Denzer) und "Die interdisziplinäre Hochschulambulanz für DSD" (Prof. Dr. med. Martin Wabitsch) einzig und allein KinderendokrinologInnen zu Wort kommen. Ganz entsprechend der Tatsache, dass – laut Erhebungen der TäterInnen selbst – statt echten "multidisziplinären Teams" auch in Deutschland weiterhin zu 90% KinderendokrinologInnen die Eltern "beraten" – und diese darauf zu 90% ihre Kinder genitalverstümmeln lassen ...

"Betroffene müssen leider draussen bleiben"

Diejenigen, um die es eigentlich geht, nämlich die Betroffenen, sind dagegen auch beim Ulmer "DSD-Symposium" einmal mehr ausdrücklich nicht erwünscht – vorsorglich hält die Pressemitteilung dazu abschliessend fest:

"Das Symposium ist eine Fortbildungsveranstaltung für Ärzte und Journalisten. Journalisten sind nach kurzer formloser Anmeldung in der Pressestelle herzlich zur Teilnahme eingeladen. Gerne vermitteln wir Ihnen auch Gesprächspartner. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir keinen Kontakt zu Betroffenen vermitteln können."

Uniklinik Ulm: Menschenrechte, Psychosoziale Betreuung, Ethik? Aber nicht mit uns!

Wie überall, wo statt adäquater Unterstützung von Eltern und Kindern mit "atypischen" Genitalien vielmehr Genitalverstümmeln "auf Teufel komm raus" propagiert wird, sind auch im Universitätsklinikum Ulm im "Kompetenzbereich Störungen der Geschlechtsdeterminierung und –Differenzierung (DSD)" ein "altbewährtes" sog. Pseudo-"Multidisziplinäres Team", bestehend ausschliesslich aus KinderendokrinologInnenen + KinderchirurgInnen + Genetiker für die "Behandlung" zuständig – psychosoziale Unterstützung wird laut Homepage nicht einmal der Form halber wenigstens alibimässig angeboten.

Auch die Pressemitteilung zum "DSD-Symposium" (siehe oben) lässt durchblicken, dass psychosziale Unterstützung – statt wie von Betroffenen und EthikerInnen seit Jahrzehnten gefordert – in Ulm wenn überhaupt, dann (wie auch in anderen Kliniken) höchstens als "Zugabe" zu verstümmelnden OPs angeboten wird:

"Alle Pa­ti­en­ten wer­den ge­mein­sam von Ärz­ten der Sek­ti­on Kin­der­chir­ur­gie (Lei­tung: Dr. Clo­thil­de Le­ri­che; Kli­nik für All­ge­mein- und Vis­zer­al­chir­ur­ge) und der Sek­ti­on Päd­ia­tri­sche En­do­kri­no­lo­gie und Dia­be­to­lo­gie (Lei­tung: Prof. Dr. Mar­tin Wa­b­itsch) be­treut. Bei Be­darf wer­den Ärzte an­de­rer Fach­rich­tun­gen und Psy­cho­lo­gen hin­zu­ge­zo­gen."

Vorausgesetzt, die Eltern lassen erstmal die "Genitalkorrektur" zu ...

"normales Aussehen beruhigt"Clothilde Leriche (Leiterin Kinderchirurgie)

Dass ein unverstümmeltes Aufwachsen in Würde für betroffene Kinder keinesfalls erfolgen darf, dafür bürgt auch die Anstellung der berüchtigten Serienverstümmlerin Dr. med. Clothilde Leriche als Leiterin der "Sektion Kinderchirurgie" in Ulm (und Co-Verantwortliche des "DSD-Symposiums"), von der Uniklinik als "Intersex-Referenz-Chirurgin in Deutschland" gefeiert (>>> PDF, S. 1) – wohl in Anspielung auf ihren "Leistungsausweis" von 500 Genitalverstümmeungen an "AGS-Mädchen" plus 170 Genitalverstümmelungen an sonstigen "intersex"-Kindern (siehe oben). 

Wie Clothilde Leriche auch auf ihrer >>> persönlichen Internetseite der Uniklinik anführt, ist sie Mitglied beim "Intersex Netzwerk Lübeck" (korrekt: "Netzwerk Intersexualität/DSD").

In diesem Zusammenhang hob Leriche in einer Publikation in >>> "Kinderärztliche Praxis 74 / 2005 (PDF) gemeinsam mit dem Lübecker "Netzwerk-"Verstümmlerkollegen PD Dr. med. Lutz Wünsch betreffend "Genitalkorrekturen" in einem Kasten hervor: 

"Bei Mädchen mit adrenogenitalem Syndrom bei ausgeprägter Klitorishypertrophie wie auch bei Patienten mit 46,XY-Karyotyp und unvollständiger Virilisierung sollte eine Genitalkorrektur früh durchgeführt werden - am besten gegen Ende des ersten Lebensjahres."

Und führte dazu im Text weiter aus:

"Weibliche Genitalkorrektur
Nach unserer Einschätzung sollte [...] eine Genitalkorrektur früh durchgeführt werden, da es Hinweise darauf gibt, daß „normales Aussehen beruhigt“ und die Identifikation mit der eigenen Geschlechtsrolle gefördert wird. Wir favorisieren den Zeitpunkt zwischen dem 9. und 12. Lebensmonat, gesicherte Daten für eine solche Empfehlung fehlen aber. Ab dem Alter von zwei Jahren sind diese Kinder in Klinik und Praxis schwerer zu führen und zu untersuchen und erleben Behandlungssituationen als sehr traumatisch. [...] Bei der Operation erfolgt eine Verkleinerung des Phallus im Sinne einer Klitorisplastik [...]. Die Glans wird teilreseziert und remodelliert. [...] In gleicher Sitzung erfolgt eine Introitusplastik [...]." 

Dito bezüglich Genitalkorrekturen" bei Hypospadie:

"Männliche Genitalkorrektur
[...] Auch für diese Patienten ist der günstigste Operationszeitpunkt zum Ende des ersten Lebensjahres gegeben. Wir bevorzugen eine Technik, bei der die Begradigung des Penisschaftes, die Neubildung der Harnröhre und die Korrektur der penoskrotalen Transposition in einem einzigen Operationsschritt durchgeführt wird."

Aus einer "Planetopia"-TV-Sendung vom 18.03.2007 ist weiter folgendes denkwürdiges Zitat von Clothilde Leriche überliefert:

"... es ist einfacher ein Kind zu operieren, als es mühsam mit Hilfe von Psychologen in die Gesellschaft als Intersex zu integrieren"

"erhebliche psychosoziale Belastung der Eltern und der Familie" – Martin Wabitsch (Leiter Kinderendokrinologie)

Prof. Dr. med. Martin Wabitsch ist über seine Rolle im Universitätsklinikum Ulm im "Kompetenzbereich Störungen der Geschlechtsdeterminierung und –Differenzierung (DSD)" und als Hauptorgansiator des "DSD-Symposiums" seit langem prominent in Fachgesellschaften vertreten, die seit Jahrzehnten und bis heute systematische kosmetische "Genitalkorrekturen" an Kindern propagieren und anordnen. Seit 2008 ist er Sprecher bzw. Präsident der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie (APE) bzw. deren Nachfolgeorganisation Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED), die für die aktuelle AWMF-Verstümmler-Leitline 027/022 „Störungen der Geschlechtsentwicklung“ verantwortlich zeichnet, und für deren Überprüfung Prof. Wabitsch namentlich mitverantwortlich ist.

Diese Leitlinie rechtfertigt unter dem Strich Genitalverstümmelungen und negiert die Menschenrechte der betroffenen Kinder nach dem üblichen Muster:

"Ein uneindeutiges Genitale kann eine erhebliche psychosoziale Belastung der Eltern und der Familie bedeuten [...]. Rechtlich steht letztlich den Eltern die Entscheidung zu."

Betreffend des Zeitpunktes von "Feminisierungsoperation[en] (Vulvaplastik, Klitorisreduktionsplastik, Labienplastik, Vaginalplastik)" bezieht sich die Leitlinie u.a. auf die europäische (bei der Wabitsch ebenfalls Mitglied ist) sowie auf die US-amerikanische KinderendokrinologInnengesellschaft: 

"Das AGS- Konsensusstatement der ESPE und der LWPES empfiehlt eine frühzeitige einzeitige Operation (2. – 6. Lebensmonat) [...]"  

>>> Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter  

Genitalabschneider, wir kriegen euch! Zwangsoperateure, passt bloss auf!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

Friday, October 26 2012

9. Intersex Awareness Day 2012: UN-Menschenrechtsrat verhandelt Zwitter-Genitalverstümmelungen + zig weitere Termine

Foto: Friedlicher Intersex Protest zum UPR #14, Genf 29.10.2012

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Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 26. Oktober 2012:

Heute ist es genau 16 Jahre her, dass Betroffene und Unterstützer_innen zum ersten Mal gegen ignorante GenitalabschneiderInnen auf die Straße gingen (siehe Bild --> Quelle).

Seit 2004 wird der 26. Oktober weltweit als "Intersex Awareness Day" begangen, um an den Beginn des politischen Widerstandes gegen die Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken zu erinnern.

Auch 2012 ist dieser Kampf leider noch lange nicht zu Ende. Doch wohl noch nie gab es es so viele Aktionen und Veranstaltungen zum Thema auf einmal wie dieses Jahr in den kommenden Tagen in Luxemburg, Deutschland und der Schweiz (vollständige Auflistung siehe "Aktuelles & Termine" auf Zwischengeschlecht.org).

     INHALT:
     1.  Genf, Mo 29.10. 08-10h: Friedliche Mahnwache vor der UNO
     2.  Stellungnahme Nationale Ethikkommission (NEK-CNE)
     3.  Veranstaltungen von Gleichstellungs-Fachstellen in Luxemburg, Zürich und Dresden
     4.  Intersex-Aktionswoche Frankfurt a. M. 08.-15.11. - Studierende fordern Aufarbeitung!

1.  Genf, Mo 29.10. 08-10h: Friedliche Mahnwache vor der UNO

Nächste Woche wird in Genf der UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) im Rahmen des Universellen periodischen Überprüfungsverfahrens (UPR) der Schweiz am Montag den 29.10. von 09-12:30h und Mittwoch 31.10. von 10-11:30 Uhr zum 1. Mal über Intersex-Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken beraten

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird zum Beginn der Überprüfung der Schweiz am Montag den 29.10. von 08-10 Uhr auf der Place des Nations (direkt gegenüber dem Sitz des Menschenrechtsrats) eine friedliche Mahnwache abhalten unter dem Motto "Stop aux mutilations génitales!".

Im Anschluss an die Überprüfung werden Daniela Truffer und Markus Bauer von Zwischengeschlecht.org am Montag 29.10. ab 12:30 am Mediencorner der NGO-Koalition anwesend sein.

Am Mittwoch den 31.10. von 10-11:30 Uhr findet die Übernahme des Berichts durch den UNHRC statt.

Konkreter Anlass zur erstmaligen Thematisierung von Intersex-Genitalverstümmelungen im Menschenrechtsrat ist ein von Zwischengeschlecht.org eingebrachter Punkt im UPR-Schattenbericht der Schweizer NGO-Koalition (S. 9):

18. Kosmetische Genitaloperationen an Kindern

Etwa jedes 1000. Kind kommt mit "uneindeutigen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen zur Welt (sog. Zwitter, Hermaphroditen, Intersexe, Disorders of Sex Development DSD). Diese werden sehr häufig im Kleinkindalter aus „kosmetischen“ Gründen operiert. Betroffene klagen diese nicht eingewilligten Eingriffe ohne medizinische Notwendigkeit und Evidenz als massiven Verstoss gegen ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung an.

Empfehlung
Die Schweiz wird aufgefordert, eine Kommission ins Leben zu rufen, welche sich mit den Vorwürfen der Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen unvoreingenommen und fair auseinandersetzt und Vorschläge für eine Änderung der Praxis erarbeitet.

Erst im September 2012 hatte sich das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) in der Publikation "Born Free and Equal" (HR/PUB/12/06) zum ersten Mal konkret und deutlich zu "medizinisch nicht notwendigen Operationen an Intersex-Kindern" geäußert (S. 51).

2011 hatte das UN-Komitee gegen Folter (CAT) "kosmetische Operationen an den Fortpflanzungsorganen von intersexuellen Kindern" kritisiert sowie "das Fehlen gesetzlicher Bestimmungen zu Rechtsschutzmöglichkeiten und Entschädigungen in solchen Fällen" (CAT/C/DEU/CO/5, S. 6-7, Abschn. 20. "Intersex people").

2009 hatte das UN-Komitee für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) dazu aufgefordert "ein besseres Verständnis für die Anliegen von Intersex-Menschen zu erlangen und wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenrechte zu ergreifen" (CEDAW/C/DEU/CO/6, Abschn. 4, 61, 62, 67).

2.  Stellungnahme Nationale Ethikkommission (NEK-CNE)

Im Anschluss an von Zwischengeschlecht.org initiierte Interpellationen im Nationalrat hatte der Bundesrat die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE) mit einer Stellungnahme zum Thema kosmetische Genitaloperationen an Kindern mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen beauftragt. Diese liegt inzwischen vor und soll in den nächsten Tagen auch der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Bereits im Februar 2012 hatte der Deutsche Ethikrat eine Stellungnahme publiziert, die ausdrücklich das den Betroffenen angetane Leid anerkennt und Entschädigungen fordert.

3.  Veranstaltungen von Gleichstellungs-Fachstellen in Luxemburg, Zürich und Dresden 26.10.-8.11.

Heute 26.10. findet in Luxemburg ein Workshop zum Thema medizinische Interventionen an Intersex-Menschen statt – die letzte Veranstaltung einer Konferenz mit insgesamt 13 Workshops und Vorträgen unter der Schirmherrschaft des Luxemburgischen Gesundheitsministers und unter Beteiligung des Luxemburgischen Zentrums für Gleichbehandlung (CET). Dabei sind heute wie auch bei früheren Terminen auch Betroffene beteiligt, u.a. von Intersexuelle Menschen e.V.

Am kommenden Di 30.10. findet in Zürich eine Diskussion statt zum Thema "Genitalverstümmelung im Spiegel von Schönheitsoperationen und Intersex-Chirurgie", veranstaltet von der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich und der Universität Zürich, mit einem Impulsreferat von Marion Hulverscheidt, die bereits 2000 in ihrer Dissertation festhielt: "In der aktuellen Debatte um die weibliche Genitalverstümmelung bei afrikanischen Ethnien wird erwähnt, dass es auch in der westlichen Welt eine Form von Genitalverstümmelung gibt, die starke Ähnlichkeit mit der Verstümmelung afrikanischer Mädchen und Frauen hat: die chirurgisch-plastische Korrektur der Genitalorgane bei Menschen mit einem nicht eindeutig zu bestimmenden Geschlecht, den Intersexuellen. Die an diesen Kindern in frühester Kindheit durchgeführten Operationen und Eingriffe wie Dilatationen einer "zu engen Vagina" wirken hochtraumatisierend auf diese Menschen." (M. Hulverscheidt: "Weibliche Genitalverstümmelung. Diskussion und Praxis der Medizin während des 19. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum", 2000, S. 19)

Am Do 08.11. findet in Dresden eine weitere Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema statt, veranstaltet von der Gleichstellungsbeauftragten für Mann und Frau der Landeshauptstadt Dresden, u.a. mit Beteiligung eines Betroffenenvertreters von OII Deutschland.

4.  Intersex-Aktionswoche Frankfurt a. M. 08.-15.11. - Studierende fordern Aufarbeitung!

Die Aufarbeitung der Geschichte der systematischen Intersex-Genitalverstümmelungen ist nach wie vor ein großes Tabu – kein Wunder, wurden doch von "aufgeklärten westlichen MedizinerInnen" u.a. kosmetische Klitorisamputationen an wehrlosen Kindern bis in die 1980er-Jahre unter den abstrusesten Vorwänden propagiert, und waren insbesondere Universitäten und Universitätskliniken bei der Verbreitung und Durchsetzung der Verstümmelungen führend:

So behaupteten heute noch hoch geehrte schweizer und deutsche Pädiatrie-Koryphäen unbeirrbar, medizinisch nicht notwendige Klitorisamputationen seien "sicher gerechtfertigt" (Max Grob und Andrea Prader), und es sei "erwiesen, dass die Orgasmusfähigkeit durch die Klitorisenfernung nicht leidet" (Jürgen Bierich).

Auch Hinweise auf Verflechtungen zur NS-Medizin wurden und werden kategorisch geleugnet, obwohl z.B. das Wort "Intersex" auf eine auch von "Rassehygienikern" wie Fritz Lenz favorisierten Theorie zurückgeht, welche die "Aufweichung der Geschlechterunterschiede" als Folge von "Rassenvermischung" definierte (und in ihrer "völkischen" Ausprägung zusätzlich mit Geisteskrankheiten korrelierte), und der NS-Mediziner Hans Christian Naujoks bereits 1933 mit "genitalkorrigierenden" Klitorisamputationen in Verbindung mit hormonellen Fertilisierungsversuchen experimentierte.

Auf Anregung von Zwischengeschlecht.org hatten im Frühjahr 2012 Studierende der Philipps-Universität Marburg und der Justus-Liebig-Universität Gießen in den Uni-Senaten efolgreich Anträge auf historische Aufarbeitung kosmetischer Genitaloperationen an Kindern mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen eingebracht – auch wenn bisher die praktische Umsetzung dieser Beschlüsse nach wie vor auf sich warten lässt.

Auf Initiative des Autonomen AStA-Schwulenreferats der Johann Wolfgang Goethe Universität wird nun auch in Frankfurt ein entsprechender Senats-Antrag eingebracht, umrahmt von einer Aktionswoche vom 08.-15.11. u.a. mit Infoveranstaltungen und friedlichen Aktionen.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Mobile +41 (0) 76 398 06 50
press_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmäßige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen
>>> 16.04.2012: Senat der Philipps-Universität Marburg beschliesst Aufarbeitung
>>> 06.06.2012: Senat der JLU Gießen regt einstimmig historische Aufarbeitung an 

Monday, September 10 2012

Intersex-Proteste + Infoabend in Hamburg 13.-16.09.2012

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Offener Brief an Universitätsklinikum (UKE) + Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK)
>>>
Interview Radio Dreyeckland, 13.9.12   >>> taz Nord, 15.9.12   >>> FSK, 15.9.12

Uni_ZH_Mobi_Flugi_2012_A4Aus Anlass der GenitalverstümmlerInnen-Tagung "DGKJ 2012":

• Do 13.09.2012 19:00h: INFOABEND im Kulturkursraum der Uni / VMP5 - Von Melle Park 5 (“Wiwi Bunker” Eingang AStA Trakt)
„Intersex-Genitalverstümmelungen in Hamburg – Geschichte und Gegenwart“
Vortrag & Diskussion mit Markus Bauer (Zwischengeschlecht.org)

• Sa 15.09. 10-18h FRIEDLICHER PROTEST „DGKJ 2012“ Congress Center Hamburg

• So 16.09. 11-15h FRIEDLICHER PROTEST Altonaer Kinderkrankenhaus AKK

>>> Flyer A4 (PDF 378 KB)  >>> Flyer 2x A5

Wir sehn uns, wo die Action ist!

Flyertext  (mit zusätzlichen Links / Quellen / weiterführenden Infos):

„In der Regel wird die Klitorisreduktionsplastik in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt.“ (DGKJ-Leitlinie 027/047 „Adrenogenitales Syndrom“, Evidenszstufe: S1 = niedrigste)

Etwa jedes 1000. Kind wird mit „auffälligen“ körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren (sog. Zwitter, Hermaphroditen, Intersexe). Bis heute werden diese Menschen zu 90% als Kleinkinder kosmetisch genitaloperiert. Allein in Deutschland wird JEDEN TAG in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt – auch in Hamburg.

Historisch waren die Universität Hamburg und ihre Kinderkliniken das 2. wichtigste Zentrum in Europa zur Durchsetzung der systematischen Genitalverstümmelungen an Intersex-Kindern, und in Sachen kosmetische Klitorisamputationen das wohl unbeirrbarste. Prof. Jürgen Bierich behauptete bis mindestens 1971, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass die Orgasmusfähigkeit durch Klitorisentfernungen nicht beeinträchtigt werde. Bis mindestens 1976 wurde an der Uni Hamburg gelehrt: „In der Kinderheilkunde ist die Indikation zur Klitorektomie gegeben, wenn [...] bei Mädchen ein übermäßiges Wachstum der Klitoris stattfindet.“

„Indiziert ist die Korrektur auch aus ästhetisch-psychologischen Gründen. Ziel ist die Positionierung des Meatus urethrae an der Glansspitze.“ (DGKCH-Leitlinie 006/026 „Hypospadie“, Evidenszstufe: S1 = niedrigste)

Heute noch sind in Hamburg medizinisch nicht notwendige „Genitalkorrekturen“ an wehrlosen Kindern an der Tagesordnung, etwa im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), dessen Ableger Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) und in den Privatkliniken Katholisches Kinderkrankenhaus Wilhelmsstift, Asklepios und Helios Mariahilf.

Nächste Woche versammelt sich in Hamburg zur „DGKJ 2012“ zwei der hauptsächlich verantwortlichen Genitalabschneider-Standesorganisationen, nämlich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), um möglichst ungestört neue „Verbesserungen“ ihrer menschenrechtswidrigen „Behandlungen“ zu propagieren.

„Ein uneindeutiges Genitale kann eine erhebliche psychosoziale Belastung der Eltern und der Familie bedeuten.“ (DGKJ-Leitlinie 027/022 „Störungen der Geschlechtsentwicklung“, Evidenszstufe: S1 = niedrigste)

Wir wollen bei diesen täglichen Genitalverstümmelungen vor unserer Haustüre nicht mehr länger tatenlos zusehen!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org, bestehend aus Betroffenen und solidarischen Nicht-Zwittern, kämpft seit 5 Jahren gegen kosmetische Genitaloperationen in Kinderkliniken – und wird mit Unterstützung von enter_the_gap! und der AG Queerstudies vor Ort in Hamburg über diese menschenrechtswidrigen Praktiken informieren.

• Do 13.09.2012 19h: INFOABEND im Kulturkursraum der Uni / VMP5
„Intersex-Genitalverstümmelungen in Hamburg – Geschichte und Gegenwart“
Vortrag & Diskussion mit Markus Bauer (Zwischengeschlecht.org) - Von Melle Park 5 (“Wiwi Bunker” Eingang AStA Trakt)

Und am Wochenende zum Kongress und vor einer lokalen Verstümmlerklinik friedlich protestieren – gegen die GenitalabschneiderInnen und gegen die Untätigkeit von Politik und Justiz bei diesem fortdauernden Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

• Sa 15.09. 10-18h FRIEDLICHER PROTEST „DGKJ 2012“ Congress Center Hamburg CCH Am Dammtor / Marseiller Str., 20355 Hamburg, vor dem Haupteingang

• So 16.09. 11-15h FRIEDLICHER PROTEST Altonaer Kinderkrankenhaus AKK Bleickenallee 38, 22763 Hamburg, vor dem Haupteingang

„Zudem bietet die operative Korrektur von der männlichen in die weibliche Richtung weit weniger Schwierigkeiten als umgekehrt.“ (DGU-Leitlinie 043/029 „Störungen der sexuellen Differenzierung“, Evidenszstufe: S1 = niedrigste)

Helft mit, die TäterInnen daran zu erinnern, dass wehrlose Kinder zu verstümmeln NICHT OK ist!

http://zwischengeschlecht.org

>>> Hamburg - Ort von Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken
>>> Uni HH: "Orgasmusfähigkeit leidet durch Klitorisamputationen nicht" - Prof. Bierich 1971
>>> Lehre Uni HH 1976: "Indikation zur Klitorektomie gegeben b. übermäßigem Wachstum"

>>> Offener Brief an Universitätsklinikum (UKE) + Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK)
>>>
Interview Radio Dreyeckland, 13.9.12   >>> taz Nord, 15.9.12   >>> FSK, 15.9.12

>>> 19.-30.9.12 Proteste+Info LEIPZIG-DRESDEN-HALLE

>>> Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen? 
>>>
"Aufarbeitung tut not!" Klitorisamputationen u.a. "Genitalkorrekturen" an Kindern
>>> Kosmetische GenitalOPs: Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch
>>> "Intersex"-Genitalverstümmelungen - Offener Brief an Rogate-Kloster St. Michael

Wednesday, September 5 2012

Intersex-Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Verstoss gegen die Menschenrechte - Nationale Ethikkommisson (NEK-CNE)

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>>>  NEK-CNE: Anhörungen 2011-2012      >>> Redebeitrag zur Anhörung vom 15.12.11

Als Reaktion auf 2 von Zwischengeschlecht.org initiierte parlamentarische Vorstöße führte die schweizerische Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE) im Auftrag des Bundesrates nicht-öffentliche Anhörungen zum Thema "Intersexualität/DSD" durch. Die Stellungnahme sei inzwischen fertiggestellt und dem Bundesrat übergeben worden, der über den Zeitpunkt einer Veröffentlichung entscheide.

In einer schriftlichen Vorab-Stellungnahme hob Zwischengeschlecht.org aus der Perspektive von Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen im Kindesalter zentrale Fakten heraus, darunter Zahlen und Zitate zur fehlenden Einsicht der Behandler sowie (nachfolgend) Verstösse gegen die Verfassung und von der Schweiz ratifitierte Menschenrechtsabkommen. Weitere Teile der Stellungnahme werden in loser Folge erscheinen.  

 
Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE)

Schriftliche Stellungnahme von Zwischengeschlecht.org, 8.12.2011:

Kosmetische Genitaloperationen bei Kindern und Jugendlichen mit „uneindeutigen“ körperlichen Geschlechtsmerkmalen (Intersexualität/DSD)
 

Anhang 1: Verstoss gegen Menschenrechte

a) Körperliche Unversehrtheit

"Unfortunately the surgery is immensely destructive of sexual sensation and of the sense of bodily integrity." ["Unglücklicherweise sind diese Operationen ungeheuer destruktiv für das sexuelle Empfinden und für das Gefühl der körperlichen Unversehrtheit."]
Cheryl Chase: Letter. In: Sciences, July/August 1993, S. 3. [online]

"Wir erachten genitale Zwangsoperationen für ein schweres Verbrechen, das gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde verstösst."
Amnesty Schweiz (2010), http://www.queeramnesty.ch/docs/QAI_Motion_GV2010_Intersex.pdf

"Dies wird als fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte (Recht auf körperliche Un- versehrtheit, auf Selbstbestimmung und Würde und auf Nicht-Diskriminierung) gewertet, da solche Maßnahmen in den allermeisten Fällen aus medizinisch-gesundheitlicher Sicht kei- nerlei Begründung haben."
Amnesty Deutschland (2010), http://www.mersi-hamburg.de/Main/20100526001

"Ein zentraler Punkt ist das Recht der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit. [...] Hier findet das Elternrecht seine Grenzen und auch dies spricht dafür, mit solchen Eingriffen so lange wie möglich zu warten, damit die betroffenen Intersexuellen selbst entscheiden können."
Deutscher Ethikrat (2011), http://diskurs.ethikrat.org/2011/06/eine-erste-einschatzung/

b) Nürnberger Kodex, Deklaration von Helsinki, UN-Kinderrechtskonvention

ISNA's Amicus Brief on Intersex Genital Surgery (1998), Punkt 12.
http://www.isna.org/node/97

c) UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW)

Schattenbericht Intersexuelle Menschen e.V. (2008),
http://intersex.schattenbericht.org/public/Schattenbericht_CEDAW_2008- Intersexuelle_Menschen_e_V.pdf
Concluding Observations (2009), siehe: http://faz- community.faz.net/blogs/biopolitik/archive/2009/02/20/deutschland-ger-252-gt-menschenrechte-von- zwittern-werden-ignoriert.aspx

d) UN-Übereinkommen gegen Folter (CAT)

Schattenbericht Intersexuelle Menschen e.V. (2011),
http://intersex.schattenbericht.org/public/Schattenbericht_CAT_2011_Intersexuelle_Menschen_e_V.pdf
Pressemitteilung CAT (2011): "Verstümmelung", "Zwangsoperationen" und "nicht notwendige Operationen", http://www.unog.ch/unog/website/news_media.nsf/%28httpNewsByYear_en %29/5E9C56AC5E294D50C125793E0044841D?OpenDocument

e) Höchstpersönliche Rechte

"Ein medizinischer Eingriff braucht die Zustimmung der betroffenen Person. In der Regel können die Eltern für ihr Kind zustimmen. Geschlechtszuweisende Operationen aber tangieren die höchstpersönlichen Rechte und dürfen nicht ohne Zustimmung des betroffenen Kindes vorgenommen werden – ausser es ist medizinisch notwendig."
Prof. Dr. Andrea Büchler (2008),
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/wissen/medizin/838834.html

"Hier findet das Elternrecht seine Grenzen und auch dies spricht dafür, mit solchen Eingriffen so lange wie möglich zu warten, damit die betroffenen Intersexuellen selbst entscheiden können."
Deutscher Ethikrat (2011), http://diskurs.ethikrat.org/2011/06/eine-erste-einschatzung/

Auch explorative Studien weisen darauf hin, dass Eltern hier nicht in der Lage sind, das Wohl des Kindes und seine Rechte adäquat zu vertreten:

Suzanne J. Kessler: "Lessons from the Intersexed", New Brunswick and London: Rutgers University Press 1998, S. 100-103

Yvonne Cavicchia-Balmer: "Information, Aufklärung und Entscheidungsfindung von Eltern bei der Geburt eines Kindes mit uneindeutigem Geschlecht. Eine explorative Studie", Bachelor-Arbeit Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, November 2010

 

>>>  NEK-CNE: Anhörungen 2011-2012     >>> Redebeitrag zur Anhörung vom 15.12.11

 

>>> Schriftliche Stellungnahme von Zwischengeschlecht.org (PDF, 460 kb)
>>>
Fehlende Einsicht der Täter - Nationale Ethikkommisson (NEK-CNE)    

>>> Medizinische Verbrechen an Zwittern
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Saturday, July 7 2012

"Eine riesige Befreiung" - Interview mit Daniela "Nella" Truffer, an.schläge 05/2012

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"Es war eine riesige Befreiung, mich nicht mehr verstecken zu müssen,
aber man bezahlt auch einen Preis dafür"

1. Zwitterdemo vor dem Kinderspital Zürich, 06.07.2008
>>>
Tagesschau-Video  >>> Transkript  >>> Demo-Bericht

Zwischengeschlecht.org on Facebook

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Menschenrechte auch für Zwitter!

Die Mai-Ausgabe des feministischen Magazins "an.schläge" aus Österreich hatte als Monatsthema "Intersex" inkl. mehreren Beiträgen und Interviews ( siehe Hinweis auf diesem Blog).

Online erhältlich auf an.schlaege.at ist bisher der Artikel "1-0-1 Intersex" von Bettina Enzenhofer und Julia Mac Gowan mit einigem an Klartext.

Dieser Blog dokumentiert im Folgenden das Interview mit Daniela "Nella" Truffer:

Eine riesige Befreiung“

Daniela Truffer gründete 2007 die Menschenrechtsgruppe „Zwischengeschlecht.org“. Julia Mac Gowan und Bettina Enzenhofer erzählte sie von dem Weg dorthin.

a.schläge: Welche Herausforderungen erleben Sie durch Ihre Intersexualität? Wie wirkt sich Ihre Diagnose auf Ihr Leben aus?

Daniela Truffer: Ich wurde mit zweieinhalb Monaten kastriert, obwohl ich einen schweren Herzfehler und eine geringe Überlebenschance hatte. Mit sieben Jahren wurde mein uneindeutiges Genital operativ verkleinert. Ab Zwölf musste ich weibliche Hormone nehmen. Mit 18 wurde eine Scheide gebaut, wo vorher keine war. Die Folgen dieser kosmetischen, medizinisch nicht notwendigen Eingriffe: störende Narben, wiederkehrende Schmerzen im Genitalbereich, durch die Kastration und die Einnahme körperfremder Hormone habe ich Stoffwechselprobleme und eine verringerte Knochendichte. Ich wurde immer angelogen, konnte mit niemandem reden, schämte mich furchtbar. Um überleben zu können, musste ich so tun, als würde das alles gar nicht passieren. Dank einer zehnjährigen Psychoanalyse konnte ich vieles aufarbeiten, leide jedoch immer noch an den Folgen dieser menschenrechtswidrigen Praxis. Die Herausforderung besteht darin, trotz der psychischen und physischen Schäden weiterzuleben.

Was war Ihre Motivation, sich über Zwischengeschlecht.org zu organisieren? Und welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Als ich 2000 mit 35 Jahren via Internet andere Betroffene kennenlernte, war das wie eine Offenbarung, ich war nicht mehr allein! Ich ging zu einem ersten Selbsthilfe-Treffen in Deutschland und gründete bald darauf in der Schweiz eine Selbsthilfegruppe und die Plattform „intersex.ch“. Der Kontakt zu anderen Betroffenen half mir, dieses massive Unrecht, das wir alle erlebt haben, greifbar zu machen. Ich lernte auch andere Eltern kennen und erfuhr, dass immer noch operiert wird. Ich konnte nicht mehr so weiterleben, als ginge mich das nichts an.

2002 gab ich die ersten Interviews, zuerst anonym. Fünf Jahre später lernte ich meinen Freund und Mitstreiter Markus Bauer kennen, der viel Erfahrung mit Medien und Öffentlichkeitsarbeit hat. Als Christiane Völling uns darüber informierte, dass sie ihren ehemaligen Verstümmler anzeigen würde, wurde das Gefühl konkret, etwas bewirken zu können. Im September 2007 gründeten wir den Weblog „Zwischengeschlecht.info“, im Dezember organisierten wir die erste Zwitterdemo für Christiane Völling [1] vor dem Landgericht Köln.

Welche Konsequenzen hat es für Sie, als intersexuell „geouteter“ Mensch in der Öffentlichkeit zu stehen?

Die erste Zwitterdemo kam in der Schweizer Nachrichtensendung „Rundschau“ – plötzlich war ich im Fernsehen, Daniela Truffer, der Zwitter! Mein Umfeld war sehr betroffen und überrascht, die meisten kannten mich schon seit Jahrzehnten, wussten aber nichts von meinem „Geheimnis“. Die Reaktionen waren durchwegs positiv, viele fanden es mutig. Für meine Eltern war es nicht einfach, aber heute ist unsere Beziehung viel besser als früher. Einzig mein damaliger Arbeitgeber versuchte, mir weitere Medienauftritte zu verbieten. Als ich mich weigerte, wurde ich ein Jahr später wegrationalisiert.

Es war eine riesige Befreiung, mich nicht mehr verstecken zu müssen, aber man bezahlt auch einen Preis dafür. Irgendwie bin ich da hineingerutscht, mehr mit dem Herzen als mit dem Verstand, denn ich wollte Zeugnis ablegen, wo die meisten schweigen. Ich wollte, dass die Gesellschaft erfährt, was mit Zwittern gemacht wird. Aber den Fluch des von den Medizinern auferlegten Schweigegebotes wird man nie ganz los. Auch einige Mitzwitter haben ihre liebe Mühe damit, dass ich öffentlich Klartext rede. Von meinen Freunden und Verwandten hat sich niemand von mir abgewandt, im Gegenteil: Die meisten Beziehungen sind durch meine Offenheit intensiver geworden. Einige können jedoch nicht verstehen, dass ich plötzlich eine Aktivistin bin und meine ganze Energie dafür brauche anstatt mehr auf mich zu schauen.

Welche persönlichen und politischen Forderungen stellen Sie?

Keine kosmetischen Operationen an Kindern und Jugendlichen, jeder soll selber entscheiden können. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung muss auch für Zwitter gelten. Gefordert sind Politik, Staat und Gesetzgeber. Dafür kämpfe ich seit Jahren, ein Kampf, der öffentlich und politisch geführt werden muss, wenn man wirklich etwas erreichen will. Die meisten Mediziner sind leider uneinsichtig und machen einfach weiter, weshalb ich für ein Verbot von solchen Operationen kämpfe.

Was mich neben der Uneinsichtigkeit der Mediziner belastet und fertigmacht, ist, wie Zwitter von Gruppierungen politisch vereinnahmt werden, die das sogenannte Zweigeschlechtersystem kritisieren. Es schmerzt mich, dass ich verstümmelt und angelogen wurde, und nun kommen die Kritiker dieses Systems und missbrauchen mich erneut, um ihre eigenen politischen Anliegen durchzusetzen.

Ebenso schmerzt mich, wenn Zwitter, die selbst das Glück hatten, den Genitalverstümmelungen im Kindesalter zu entgehen, öffentlich im Namen aller Zwitter reden, ohne die Verstümmelungen an Kindern angemessen anzusprechen und sich der Tragweite dieser Ausgrenzung offenbar nicht bewusst sind.

[1] Christiane Völling verklagte ihren ehemaligen Chirurgen wegen Körperverletzung auf Schadenersatz. Das Schmerzensgeld wurde ihr zugesprochen. 2010 wurde ihr Buch „Ich war Mann und Frau. Mein Leben als Intersexuelle“ veröffentlicht.

>>> Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen? 
>>>
"Aufarbeitung tut not!" Klitorisamputationen u.a. "Genitalkorrekturen" an Kindern
>>> Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe 

Input von Daniela Truffer zum "Fachtag Intersex"
  • IGM Überlebende – Danielas Geschichte
  • Historischer Überblick:
     "Zwitter gab es schon immer – IGM nicht!"
  • Was ist Intersex?  • Was sind IGM-Praktiken?
  • IGM in Hannover  • Kritik von Betroffenen  • u.a.m.
>>> PDF-Download (5.53 MB)

Wednesday, June 6 2012

Gießen: Klitorisamputationen und andere chirurgische "Genitalkorrekturen" - Uni-Senat debattiert heute über Aufarbeitung in JLU und UKGM

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>>> 06.06.2012: Senat der JLU Gießen regt einstimmig historische Aufarbeitung an! 

 

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1) Seit 60 Jahren werden mit "atypischen" oder "uneindeutigen" Genitalien geborene Kinder systematisch und möglichst früh medizinisch nicht notwendigen Genitaloperationen unterworfen – bis in die 1980er-Jahre wurde dabei eine "zu große Klitoris" rsp. ein "zu kurzer Penis" kurzerhand amputiert. Wie aktuelle offizielle Fallzahlen, Behandlungsangebote und wissenschaftliche Publikationen aus Gießen mehrfach belegen, werden solche kosmetischen "Genitalkorrekturen" an Kindern auch im Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) sowie im Lehrangebot der Justus-Liebig-Universität Gießen heute noch propagiert, angeboten und auch durchgeführt.

 

Aufgrund eines >>> studentischen Antrags (PDF) berät heute der Senat der JLU u.a. über eine Aufarbeitung dieser fragwürdigen Praxis, die Anfang Jahr auch der Deutsche Ethikrat in einer Stellungnahme deutlich kritisierte. >>> Sitzung 6. Juni, TOP 19 (PDF) 

Professoren leugnen "Genitalkorrekturen" - die sie persönlich publizierten

Offensichtlich ist den verantwortlichen Professoren wie auch der UKGM GmbH das erwachte öffentliche Interesse an den umstrittenen, medizinisch nicht notwendigen und irreversiblen chirurgischen Eingriffen an Kindergenitalien alles andere als genehm – erst recht, nachdem die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org in einem >>> Offenen Brief an UKGM und JLU (PDF, S. 2) offizielle OP-Zahlen aus dem UKGM-Qualitätsbericht sowie "Behandlungs"angebote und -zahlen auf der UKGM-Homepage publik machte.

So hatte sich etwa Prof. Stefan Wudy sich im "Gießener Anzeiger" vom 22.04.2008 öffentlich damit gebrüstet, im UKGM Gießen würden "über 100 Betreute, vorwiegend Kinder und Jugendliche" mit Diagnose Adrenogenitales Syndrom (AGS) behandelt, seit 2000 werde "diese[r] Schwerpunkt kontinuierlich ausgebaut" – als operative Therapie bei AGS empfiehlt die "Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie (APE)" in ihrer Leitlinie 027/047 bekanntlich unverändert eine chirurgisch-kosmetische "Klitorisreduktionsplastik [...] im ersten Lebensjahr" (Vorstandsmitglied der APE zur Zeit der Publikation: Prof. Stefan Wudy). Ebenso werden kosmetische Genitaloperationen an Kindern bis heute unverändert propagiert in der APE-Leitlinie 027/022 (Mitverfasser: Prof. Stefan Wudy).

Auch ein >>> Beiblatt Genitalstatus (PDF) aus dem UKGM illustriert, dass "Genitalmalformationen" in Gießen durchaus behandelt werden – wie jüngst eine BMBF-geförderte Studie zu Tage förderte, werden Menschen mit "auffälligen" Genitalien in Deutschland unverändert zu 90% im Kindesalter kosmetisch genitaloperiert.

Oder in der Fachzeitschrift "Hormones in Pediatrics" Vol. 74, No. 1, 2010 erschien ein Artikel "Difficulties in Diagnosis and Treatment of 5α-Reductase Type 2 Deficiency in a Newborn with 46,XY DSD", mitverfasst von Prof. Stefan Wudy, darin wird von einer "vermännlichenden" kosmetischen Genitaloperation an einem Kind berichtet ("masculinization operation"). Ein typisches Beispiel für "vermännlichende" Genitaloperationen sind so genannte "Hypospadiekorrekturen", in der offizielle OPS-Systematik "5-645 Plastische Rekonstruktion bei männlicher Hypospadie"genannt. Laut klinikeigenem obligatorischem Qualitätsbericht werden solche "Korrekturen" in Gießen 15 mal pro Jahr durchgeführt.

Doch statt in einen konstruktiven Dialog zu treten, wie dies an vielen anderen Kliniken problemlos möglich war, leugnen die verantwortlichen JLU-Professoren seit Wochen entgegen allen bekanntgewordenen Tatsachen (und ihren eigenen Publikationen!) die kosmetischen Genitaloperationen rundheraus. Und versuchen stattdessen Betroffene von solchen "Korrekturen" im Kindesalter, die eine Aufarbeitung fordern, schamlos zu verunglimpfen und zu diffamieren, so zum Beispiel in einer im April im Senat verlesenen, offiziellen >>> UKGM-Erklärung (PDF).

Aufarbeitung tut not!

Bereits in der Senatssitzung vom 25.04.2012 war das Thema "kosmetische Genitaloperationen im Universitätsklinikum Gießen / Marburg an Kindern und Jugendlichen" auf der Tagesordnung gestanden. Jedoch hatten die (ausser dem Dekan abwesenden) angesprochenen Medizin-Professoren der JLU versucht, mit der an der Sitzung vom Rektor mündlich verlesenen "UKGM-Erklärung" eine eigentliche Debatte zum Thema zu verhindern – wenn auch ohne Erfolg.

An der heutigen Sitzung vom 06.06.2012 stehen das Thema sowie ausdrücklich auch eine Debatte erneut auf der Tagesordnung. Zur Beratung steht dabei u.a. an, ob auch die JLU Gießen eine öffentlich zugänglich zu machende historische Aufarbeitung einschlägiger kosmetischer "Genitalkorrekturen" an Kindern bewirken will. Betroffene fordern schon lange, die bis in die 1980er-Jahre regelmäßig durchgeführten, medizinisch nicht notwendigen Klitorisamputationen an betroffenen Kindern aufzuarbeiten. Bereits im April hatte der Senat der Philipps-Universität Marburg eine solche Aufarbeitung beschlossen. Auch der Justus-Liebig Universität Gießen würde ein solcher Beschluss gut anstehen ...

Wir danken allen ganz herzlich, die sich vor Ort für die Rechte der von uneingewilligten, medizinisch nicht notwendigen Eingriffen bedrohten Kinder einsetzen, speziell dem Autonomen Schwulen-Trans*-Queer-Referat im AStA der JLU Gießen und dem Autonomen FrauenLesbenReferat im AStA der Universität Marburg!

>>> Nachtrag: Senat der JLU Gießen regt einstimmig historische Aufarbeitung an! 

>>> Marburg + Gießen: Proteste + Info + Senatstermine 15.04.-06.06.2012
>>>
Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Offener Brief an JLU und UKGM Giessen, 22.04.2012

Tuesday, June 5 2012

Magnus Hirschfeld als Zwitter-Genitalabschneider - Offene Anfrage an Rosa von Praunheim

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Filmbild: Hirschfeld operiert mit Blut im GesichtMagnus Hirschfeld, Zwitterverstümmler "für einen guten Zweck"
Darstellung nach Rosa von Praunheim: "Der Einstein des Sex"  >>> Quelle

Offene Anfrage von Zwischengeschlecht.org vom 05.06.2012

Liebe Rosa von Praunheim

Wir möchten die heutige Vorführung von "Der Einstein des Sex" im Rahmen der Hirschfeld-Tage 2012 zum Anlass nehmen, uns mit einigen Fragen zum Film an dich zu wenden, die uns schon länger beschäftigen.

Wir sind eine Menschenrechtsgruppe, bestehend aus Zwittern und solidarischen Nicht-Zwittern, die sich für ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen einsetzt (wie sie auch in Berlin u.a. an der Charité mit dem Segen des Senates immer noch regelmäßig und seit letztem Jahr noch verstärkt stattfinden), sowie für "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Aus dieser Perspektive machte uns die Szene in "Der Einstein des Sex" besonders betroffen, in der Magnus Hirschfeld nach anfänglichem Zögern einem wehrlosen Hermaphroditen auf Geheiss dessen Eltern das "uneindeutige" Lustorgan kurzerhand amputiert, um mit der Schatztruhe, die Hirschfeld als Honorar für diese Genitalverstümmelung erhält, in der nächsten Szene das "Institut für Sexualwissenschaft" zu gründen. Und erschien uns als enorm treffsicheres Sinnbild für bestimmte problematische Aspekte in Hirschfelds Werk und Vermächtnis, die bis heute im Allgemeinen und offensichtlich auch innerhalb der Hirschfeld-Tage 2012 im Besonderen nach wie vor ausgeblendet bleiben.

Dass nämlich für heutige "Intersexuelle", und damit zu 90% Überlebende uneingewilligter medizinischer "Genitalkorrekturen" im Kindes- und Jugendalter,  Hirschfeld und sein historisches Erbe nicht als ein Teil der Lösung erscheint, sondern als ein Teil des Problems (im Gegensatz wohl zu allen anderen so genannten "Minderheiten" und "Randgruppen", die auch im Rahmen der Hirschfeld-Tage 2012 mit Hirschfeld in Verbindung gebracht werden).

Und dass das von Hirschfeld seinerzeit populär gemachte Benutzen von Zwittern als Mittel zum Zweck sowohl in der von ihm mitbegründeten politischen Schwulenbewegung wie auch in der durch ihn mitbegründeten Sexologie heute noch Schule macht und dazu beiträgt, dass auch 2012 immer noch 90% aller Zwitterkinder möglichst rasch genitalverstümmelt werden – während gleichzeitig alle wegschauen bzw. noch auf dem Buckel der Opfer "Identitäts-" und "Antidiskriminierungspolitik" für dritte Interessengruppen betreiben.

Nun können wir uns aber schlecht vorstellen, dass dies seinerzeit deine Perspektive und die deiner Drehbuch-Mitautoren war, als ihr mit Beratung der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft den Film und damit auch diese unseres Wissens nach historisch nicht belegte Szene entworfen hattet.

Deshalb interessiert uns schon lange: Wie kamt ihr auf diese Szene? Was war der Hintergrund, woher die Inspiration? Und was wollt ihr damit ausdrücken?

Über einige erhellende Zeilen würden wir uns sehr freuen.

Liebe Grüße

Im Namen von Zwischengeschlecht.org

Daniela Truffer

http://zwischengeschlecht.org
Regelmäßige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> Antwort von Rosa von Prauheim   >>> Rückantwort
>>> Magnus Hirschfeld – bestbezahlter Genitalverstümmler seiner Zeit

Posts zu "Der Einstein des Sex" und Magnus Hirschfeld:
- https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/01/02/Dr.-Magnus-Hirschfeld-f%C3%BChrt-genitale-Zwangsoperation-an-Zwitter-durch
- https://blog.zwischengeschlecht.info/?q=hirschfeld

Wednesday, April 25 2012

CH: UN-Menschenrechtsrat behandelt kosmetische Genitaloperationen an Kindern

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Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)Endlich ist es offiziell: Im Rahmen des 14. Universellen Überprüfungsverfahren 2012 wird der UN-Menschenrechtsrat auf Antrag eines >>> Schattenberichts (PDF) einer breiten NGO-Koalition von ingseamt 47 Menschenrechtsakteuren zum allerersten Mal überhaupt über kosmetische Genitaloperationen an Kindern beraten!

Es ist das 2. Mal, dass die Schweiz am Universal Periodical Review teilnimmt. Durch die Vielzahl der teilnehmenden NGOs und die vorgeschriebene Umfangsbegrenzung des gesamten Bericht blieb für jedes einzelne Anliegen nur wenig Platz. Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org ist in der NGO-Koalition mit dabei und konnte folgenden Punkt einbringen (S. 9):

18. Kosmetische Genitaloperationen an Kindern

Etwa jedes 1000. Kind kommt mit "uneindeutigen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen zur Welt (sog. Zwitter, Hermaphroditen, Intersexe, Disorders of Sex Development DSD). Diese werden sehr häufig im Kleinkindalter aus „kosmetischen“ Gründen operiert. Betroffene klagen diese nicht eingewilligten Eingriffe ohne medizinische Notwendigkeit und Evidenz als massiven Verstoss gegen ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung an.

Empfehlung
Die Schweiz wird aufgefordert, eine Kommission ins Leben zu rufen, welche sich mit den Vorwürfen der Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen unvoreingenommen und fair auseinandersetzt und Vorschläge für eine Änderung der Praxis erarbeitet.

Dieser Punkt ist zugleich das allererste Mal überhaupt, dass ein UN-Gremium dezidiert mit der Thematik "kosmetischen Genitaloperationen in westlichen Kinderkliniken" konfrontiert wird ohne jeglichen (wie die Erfahrung zeigte) vom eigentlichen Thema ablenkenden "Geschlechter-Gender-Firlefanz". Nachtrag: Rückblickend hätten wir wohl besser "'atypische' körperliche Geschlechtsmerkmale" gebraucht, und auch "Menschen mit Hypospadie" zusätzlich konkretisierend angefügt. Leider war im Koalitionsbericht für unser Anliegen nur sehr wenig Platz, und es musste auch ziemlich zackig gehen.

>>> Der ganze NGO-Schattenbericht (PDF, 214 kb)

Das Büro des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte wird nun als nächstes zwei Berichte zur Schweiz zusammenstellen, wovon sich der eine voraussichtlich stark auf den Bericht der Schweizer NGO-Koalition abstützen wird.

Eine offizielle Schweizer Regierungs-Delegation wird danach Ende Oktober 2012 an einer Sitzung der UPR-Arbeitsgruppe des Menschenrechtsrats mit den Empfehlungen der Staaten konfrontiert, und kann bis zur folgenden Sitzung des UNO-Menschenrechtsrats im März 2013 dazu Stellung nehmen, indem sie die erhaltenen Empfehlungen entweder akzeptiert oder ablehnt.

Fortsetzung folgt ...

>>> Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Thursday, April 12 2012

Marburg: Protest gegen Genitalverstümmelung in Uniklinik - Senat berät Stellungnahme (15.-23.4.12)

>>> UKGM Marburg leugnet Verstümmelungen - Kinderchirurg verplappert sich ...
>>> Offener Brief    >>> Oberhessische Presse 14.4. | 15.4. | 16.4.   >>> Senatseingabe
>>>
Kosmetische Genitaloperationen an Kindern in Marburg? Aber wir doch nicht!

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!»Aktion von Zwischengeschlecht.org, 6.2.2011 (Bild: NZZ Format)

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PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 12.04.2012:

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt – auch im Universitätsklinikum Gießen und Marburg sowie im Klinikum Fulda (Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität Marburg).

Der Standort Marburg des Universitätslinikums wirft zusätzlich ein Schlaglicht auf die nach wie vor unaufgearbeitete historische Dimension von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern mit "uneindeutigen" Genitalien. Der Deutsche Ethikrat betrat Neuland, als er am im Zusammenhang mit einem seinerzeitigen Professor der Philipps-Universität und Oberarzt der Universitäts-Frauenklinik Marburg festhielt (19.07.2011):

"Als gesichert kann hingegen gelten, dass Hans Naujoks seit 1934 rassistisch motivierte medizinische Operationen an intersexuellen Menschen vorgenommen hat."

Wir wollen bei diesen täglichen Genitalverstümmelungen vor unserer Haustüre nicht mehr länger tatenlos zusehen!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird vor Ort in Marburg öffentlich über "kosmetische" Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken informieren. Und am kommenden Sonntag mit Unterstützung durch Studierende vor dem Universitätsklinikum friedlich protestieren – gegen die GenitalabschneiderInnen sowie gegen die Untätigkeit von Politik und Justiz bei diesem fortdauernden Verbrechen gegen die Menschlichkeit:

• FRIEDLICHER PROTEST + ÜBERREICHUNG OFFENER BRIEF
So 15.4.2012 14-17 h - Universitätsklinikum Marburg, Haupteingang
Baldinger Straße, 35043 Marburg   >>> alle Termine
>>> Bericht Oberhessische Presse 14.4. | 15.4.

• INFOVERANSTALTUNG MARBURG
Mo 23.4.2012 19 h - Philipps-Universität Marburg, Hörsaal 115 (+1/0120)
Hörsaalgebäude, Biegenstraße 14, 35037 Marburg

Und Zwischengeschlecht.org freut sich ganz besonders, dass am kommenden Montag auf Initiative von Studierenden der Phillips-Universität zum allerersten Mal in Deutschland der Senat einer Universität über eine Stellungnahme zu kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen beraten wird:

ÖFFENTLICHE SENATSSITZUNG MARBURG
Mo 16.4.2012 14:15 h - Philipps-Universität Marburg, Senatssitzungssaal
Biegenstr. 12, 35037 Marburg
TOP 9: Stellungnahme des Senats zu kosmetischen Genitaloperationen im Universitätsklinikum Marburg / Gießen an Kindern und Jugendlichen (Unterlage Nr. 06-195)

• VORANKÜNDIGUNG: Aktionen und Senatsitzung in Gießen 22.-25.4.
(Genaue Termine in Kürze via blog.zwischengeschlecht.info)

Wir danken allen, die vor Ort dazu beitragen!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Mobile +41 (0) 76 398 06 50
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HINTERGRUND:
KOSMETISCHE GENITALOPERATIONEN AN KINDERN

 
     INHALT:
     1.  Jeden Tag wird in einer Kinderklinik ein wehrloses Kind verstümmelt
     2.  Hunde besser vor Verstümmelung und Kastration geschützt als Kinder
     3.  "fundamentaler Verstoß gegen körperliche Unversehrtheit"
     4.  Politische Instrumentalisierung durch Schwule und Lesben
     5.  Diskussion über gesetzliches Verbot notwendig
 

1.  Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt.

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)

Die Mediziner nennen es "korrigierende", "angleichende" oder "rekonstruktive Eingriffe".

Überlebende Betroffene sprechen ihrerseits von Genitalverstümmelung, uneingewilligten Zwangsoperationen und Zwangskastrationen und von medizinischer Folter.

Etwa jedes 1000. Kind wird mit "auffälligen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren (Zwitter, Hermaphroditen, "Intersexuelle").

Auch das Universitätsklinikum Gießen und Marburg sowie das Klinikum Fulda (Akademisches Lehrkrankenhaus der Phillips-Universität Marburg) haben Genitaloperationen im Angebot u.a. für Kleinkinder "mit zu großer Klitoris" oder sonstwie "auffälligen Geschlechtsorganen". Bundesweit sollen es über 100 Kinderchirurgien sein, darunter auch zahlreiche kleine bis Kleinst-Anbieter.

Das florierende kosmetisch-chirurgische Angebot umfasst u.a. "Klitorisverkleinerungen", "Peniskorrekturen", "Anlegen einer Neovagina", "Verlegung der Harnröhre", Kastrationen, Gebärmutterentfernungen, usw. usf.

Kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern werden von Kliniken und anderen Anbietern aggressiv vermarktet unter Dutzenden von verschiedenen "Diagnosen" wie "Hypospadie", "AGS/CAH", "Pseudohermaphroditismus", "Inters*xualität", "Epispadie", "AIS", "Disorders of Sex Development (DSD)", "Gonadendysgenesie", "Swyer", "Turner", etc.

Diese Operationen erfolgen seit Jahrzehnten als unkontrollierte Menschenexperimente ohne ethische Überwachung. Die angebliche Wirksamkeit der medizinisch nicht notwendigen, irreversiblen Eingriffe wurde bis heute nie klinisch bewiesen. Die einschlägigen AMWF-Leitlinien stehen alle heute noch unverändert auf der niedrigsten Evidenzstufe S1.

2. Hunde besser vor Verstümmelung geschützt als Kinder

Seit 15 Jahren klagen zwangsoperierte Zwitter in Deutschland die Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken öffentlich an und fordern die Medizyner zum Aufhören und die Politik zum Handeln auf – bisher vergeblich.

Die Bundesregierung gab wiederholt zu Protokoll, von unzufriedenen Zwangsoperierten nichts zu wissen (Drucks. 14/5627), und sah keinen Handlungsbedarf (Drucks. 16/13269).

Aktuell sind in Deutschland Haustiere besser geschützt als Kinder: Während z.B. Hunde ohne medizinische Notwendigkeit weder kupiert noch kastriert werden dürfen, wird in den Kinderkliniken ungehindert weiter kosmetisch verstümmelt und kastriert.

Laut neuesten BMBF-Studien sind ab 3 Jahren nach wie vor 90% aller bedrohten Kinder durchschnittlich mehrfach kosmetisch operiert.

Ähnlich wie bei Betroffenen von sexualisierter Gewalt ("Kindesmissbrauch") ist der Rechtsweg für Überlebende ein Alptraum und eine Farce. Da die Verstümmelungen meistens vor dem 2. Lebensjahr erfolgen, haben Überlebende in der Regel keine Chance, vor Ablauf der Verjährung zu klagen. Die meisten leiden zudem an mit den Eingriffen verbundenen, schweren Traumatisierungen.

3. Westliche Form der Genitalverstümmelung

Seit den frühen 1990er Jahren klagen Überlebende die medizinisch nicht notwendigen Zwangsbehandlungen an Kindern mit "atypische Genitalien" öffentlich an als "westliche Form der Genitalverstümmelung" und kritisieren die Doppelmoral, wie in westlichen Kulturen einerseits die weibliche Genitalverstümmelungen in Afrika (FGM/FGC) als "barbarisch" gebrandmarkt und verurteilt werden, während gleichzeitig die chirurgischen Genitalverstümmelungen an Zwittern in Kinderkliniken vor der eigenen Haustüre ausgeblendet und geleugnet werden.

Seit 10 Jahren werden die frappierenden Übereinstimmungen zwischen den chirurgischen Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken und der weiblichen Genitalverstümmelung in Afrika auch von namhaften FGM-Expertinnen, JuristInnen und Menschenrechtsorganisationen öffentlich angeprangert, in Deutschland etwa durch Marion Hulverscheidt, Hanny Lightfoot-Klein, Fana Asefaw, Konstanze Plett, Oliver Tolmein, Andreas Nentwich, Terre des Femmes und Amnesty Deutschland.

4. "fundamentaler Verstoß gegen körperliche Unversehrtheit"

Seit 1997 werden kosmetische Genitaloperationen an Kindern nebst von erwachsenen Betroffenen auch von namhaften Bioethikern, Juristen und Kulturwissenschaftlern öffentlich kritisiert. Seit 2004 beurteilen Menschenrechtsorganisationen wie Terre des Femmes und Amnesty Deutschland kosmetische Genitaloperationen an Kindern als "schwere Menschenrechtsverletzung" und "fundamentaler Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit".

2007 gelang es der Betroffenen Christiane Völling, die als Ausnahme erst im Alter von 18 Jahren operiert wurde, als erster und bisher immer noch einziger, ihren ehemaligen Chirurgen zu verklagen, unmittelbar vor Eintritt der absoluten Verjährung. 2008 erkannte das OLG Köln letztinstanzlich das "Selbstbestimmungsrecht [...] in ganz erheblichem Maße verletzt" (5 U 51/08).

2009 rügte das von Betroffenen angerufene UN-Komitee CEDAW die Bundesregierung wegen mangelnden "wirksamen Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenrechte" (CEDAW/C/DEU/CO/6).

Am 8. November 2011 behandelte der UN-Ausschuss gegen Folter erstmals das Thema, sprach von "Verstümmelung", "Zwangsoperationen" und "nicht notwendigen Operationen" und rügte mehrfache Verstöße gegen die Anti-Folter-Konvention.

Am 23. Februar 2012 veröffentlichte der Deutsche Ethikrat im Auftrag der Bundesregierung eine Stellungnahme "Inters*xualität". In einer ersten Einschätzung vom 15. Juni 2011 hatte der Deutsche Ethikrat bereits festgehalten: "Ein zentraler Punkt ist das Recht der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit. [...] Hier findet das Elternrecht seine Grenzen und auch dies spricht dafür, mit solchen Eingriffen so lange wie möglich zu warten, damit die betroffenen Inters*xuellen selbst entscheiden können." In seiner Stellungnahme anerkannte der Deutsche Ethikrat ausdrücklich das physische und psychische Leiden der Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen und -behandlungen und bekräftigte den Vorrang des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und des Rechts auf eine offene Zukunft der Betroffenen. Weiter forderte der Deutsche Ethikrat u.a. dazu auf, Betroffene zu entschädigen und bei kosmetischen Genitaloperationen die Verjährung analog den bereits bestehenden Gesetzen betreffend s*xualisierte Gewalt an Kindern und Schutzbefohlenen auszusetzen.

5. Politische Instrumentalisierung durch Schwule und Lesben

Vermehrt Erwähnung in aktuellen politischen Debatten fanden Zwitter und damit Betroffene von Genitalverstümmelung in Kinderkliniken in letzter Zeit vor allem durch dritte Interessensgruppen. Abgesehen von wenigen löblichen Ausnahmen (vgl. u.a. die aktuellen Anträge von Studierenden an die Senate der Universitäten in Gießen und Marburg) wurden Betroffene dabei leider einmal mehr bevormundet und benutzt – als Kanonenfutter im "Kampf gegen das Zweigeschlechtersystem" oder für "Schutz von sexuellen Minderheiten vor Diskriminierung", etwa jüngst in politischen Debatten um "Personenstand" und "Sexuelle Identität".

Denn die betreffenden politischen Interessensgruppen richten ihren Blick in der Regel nicht auf die realen, zwangsoperierten Zwitterkörper, sondern auf ein fiktives unversehrtes Ideal, das ihre eigenen Wunschvorstellungen verkörpert. Dabei setzen sie unhinterfragt – und tatsachenwidrig – voraus, dass alle Zwitter auf Grund ihrer quasi "körpergewordenen Aufhebung des Zweigeschlechtersystems" ihre Ziele teilen würden. Und adoptieren "Intersexuelle" ungefragt als eine Unterabteilung ihrer eigenen Gruppe, oder hängen sie als Schlusslicht bei sich hinten an (z.B. "LGBTQI").

Sofern diese dritten Interessensgruppen die Leiden der Betroffenen von Genitalverstümmelungen überhaupt behandeln, propagieren sie als Heilmittel wiederum einzig ihr eigenes Anliegen, z.B. die Abschaffung der Geschlechter, oder benutzen die Verstümmelungen als wissenschaftliches Rohmaterial für Geschlechtertheorien.

Entsprechend mehren sich in letzter Zeit auf Länderebene politische Beschlüsse, in denen vorgeblich etwas zur Verbesserung der Lage "Intersexueller" unternommen werden soll. Tatsächlich wurden aber die täglichen Genitalverstümmelungen vor der eigenen Haustüre entweder glatt geleugnet, z.B. vom Berliner Senat (Drucks. 16/144436) oder in der Bremischen Bürgerschaft (taz, 25.02.2011). Oder die Genitalverstümmelungen werden in konkreten Maßnahmen stillschweigend ausgeklammert, vgl. Hamburgische Bürgerschaft (Drucks. 19/4095).

U.a. 2009 und 2010 wurden "Intersexuelle" auch im Bundestag immer wieder Dutzende Male in offiziellen Dokumenten erwähnt  – kein einziges Mal ging es dabei konkret um die Beendigung der täglichen Verstümmelungen.

Umso erfreulicher, dass aktuell an der Justus-Liebig-Universität Gießen und an der Philipps-Universität Marburg schwul-lesbische Hochschulgruppen in praktischer Solidarität Anträge an den jeweiligen Senat initiierten, welche die Anliegen der Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen ins Zentrum stellen, um künftiges Leid zu verhindern und das bestehende aufzuarbeiten und auszusöhnen – positive Gegenbeispiele, die Mut machen!

6. Diskussion über gesetzliches Verbot notwendig

Seit 20 Jahren klagen Betroffene den Ärzten und der Öffentlichkeit ihr Leid. Trotzdem operieren die Mediziner stur weiter - sicher im Wissen, dass sie wegen der Verjährungsfristen und der Traumatisierung der Opfer juristisch kaum belangt werden können.

Während Genitalverstümmelungen in Afrika verurteilt und juristisch bekämpft werden, sind die Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken vor der eigenen Haustüre nach wie vor kein Thema.

Die Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken müssen so schnell wie möglich gestoppt werden, "eines der dunkelsten Kapitel der Medizingeschichte" (Apotheken Umschau, 01.06.2011) muss beendet und öffentlich aufgearbeitet, das Unrecht der Medizinversuche muss gesellschaftlich anerkannt und so weit wie noch möglich ausgesöhnt werden.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Mobile +41 (0) 76 398 06 50
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Regelmäßige Updates: http://zwischengeschlecht.info

Wednesday, April 11 2012

Genitalverstümmelung in Kinderkliniken: Fehlende Einsicht der Täter - Nationale Ethikkommisson (NEK-CNE)

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>>>  NEK-CNE: Anhörungen 2011-2012      >>> Redebeitrag zur Anhörung vom 15.12.11

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

Als Reaktion auf 2 von Zwischengeschlecht.org initiierte parlamentarische Vorstöße führt aktuell die schweizerische Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE) im Auftrag des Bundesrates nicht-öffentliche Anhörungen zum Thema "Intersexualität/DSD" durch. In einer schriftlichen Vorab-Stellungnahme hob Zwischengeschlecht.org aus der Perspektive von Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen im Kindesalter zentrale Fakten heraus.

Die im nachfolgend dokumentierten Ausschnitt belegten Zahlen stammen aus internationalen Erhebungen und repräsentieren die aktuelle Situation auch in Deutschland und Österreich. Die Zitate unbeirrbarer TäterInnen beschränken sich zwar auf die Schweiz, vergleichbare Äußerungen finden sich jedoch aus allen Ländern, in denen weiterhin täglich wehrlose Kinder verstümmelt werden. Weitere Teile der Stellungnahme werden in loser Folge erscheinen.  

 
Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE)

Schriftliche Stellungnahme von Zwischengeschlecht.org, 8.12.2011:

Kosmetische Genitaloperationen bei Kindern und Jugendlichen mit „uneindeutigen“ körperlichen Geschlechtsmerkmalen (Intersexualität/DSD)

Anhang 5: Fehlende Einsicht der Behandler

Bis heute werden nach Erhebungen der Behandler selbst 90% aller Betroffenen als Kinder und Jugendliche durchschnittlich mehrfach operiert:

58% aller Kinder von 0-3 Jahren sind zwangsoperiert. 87% aller Kinder von 4-12 Jahren sind zwangsoperiert. 91% aller Jugendlichen sind zwangsoperiert. 90% aller Erwachsenen sind zwangsoperiert. (BMBF-Studie mit 434 Proband_innen, 2009)

Lübecker Studie (mit Schweizer Beteiligung) Quelle: Martina Jürgensen: "Klinische Evaluationsstudie im Netzwerk DSD/Intersexualität: Zentrale Ergebnisse", Vortrag 27.05.2009, Folie 6.

Bis heute werden nach Erhebungen der Behandler selbst Eltern zu 90% ausschliesslich von Endokrinologen und Kinderchirurgen beraten und betreut. Werden überhaupt Psychologen und Sozialpädagogen hinzugezogen, so spielen sie im "multiprofessionellen Team" höchstens eine Nebenrolle.
Eckhard Korsch: "Überlegungen zur praktischen Umsetzung des DSD-Consensus-Statements", Vortrag APE 2006, Folie 16.

Bis heute werden nach Erhebungen der Behandler selbst 50% der betroffenen Kinder nicht oder nur unzureichend aufgeklärt:

"Die Hälfte aller Kinder zwischen 8 und 12 Jahren, bei denen regelmäßige ärztliche Kontrollen durchgeführt werden, ist nicht über die konkreten Gründe dafür aufgeklärt."
Lübecker Studie (mit Schweizer Beteiligung)
Eva Kleinemeier, Martina Jürgensen: Erste Ergebnisse der Klinischen Evaluationsstudie im Netzwerk Störungen der Geschlechtsentwicklung/Intersexualität in Deutschland, Österreich und Schweiz. Januar 2005 bis Dezember 2007, 2008, S. 32
http://www.netzwerk-dsd.uk-sh.de/fileadmin/documents/netzwerk/evalstudie/Bericht_Klinische_Evaluationsstudie.pdf

Bis heute werden nach Erhebungen der Behandler selbst rund 20% der betroffenen Jugendlichen nicht oder nur unzureichend aufgeklärt:

"82% der Jugendlichen kennen die genauen Gründe der regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen und 3/4 der Jugendlichen mit uneindeutigem Genitalbefund wissen, dass die bei ihnen die Geschlechtsorgane anders aussehen oder ausgesehen haben als es gewöhnlich der Fall ist."
Lübecker Studie (mit Schweizer Beteiligung)
Eva Kleinemeier, Martina Jürgensen: Erste Ergebnisse der Klinischen Evaluationsstudie im Netzwerk Störungen der Geschlechtsentwicklung/Intersexualität in Deutschland, Österreich und Schweiz. Januar 2005 bis Dezember 2007, 2008, S. 32
http://www.netzwerk-dsd.uk-sh.de/fileadmin/documents/netzwerk/evalstudie/Bericht_Klinische_Evaluationsstudie.pdf

Eine beliebte Ausflucht der Behandler besteht darin, gebetsmühlenartig das Fehlen von Langzeitstudien zu beklagen und gleichzeitig unkontrolliert weiter zu operieren.
Howard Devore: "Endless Calls for 'More Research' as Harmful Interventions Continue". In: Hermaphrodites With Attitude, Fall/Winter 1996, S. 3 [PDF].

Eine weitere beliebte Ausflucht der Behandler besteht darin, als Reaktion auf Kritik die Definition von "Intersexualität" nach Bedarf zu verengen, um die Zwangsbehandlungen öffentlich abzustreiten:

Prof. Dr. Primus Mullis, Abteilungsleiter für pädiatrische Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel, behauptet zunächst: "Hier werden keine Zwangsoperationen durchgeführt", um darauf sogleich als "Ausnahme in kosmetischer Hinsicht" diejenigen "Mädchen" zu nennen, die mit dem so genannten adrenogenitalen Syndrom geboren werden: "Die oft vergrösserte Klitoris werde wegen des sozialen Stigmas verkleinert." Bezeichnenderweise handelt es sich bei der "Ausnahme" AGS-"Mädchen" um die zahlenmässig grösste "Patientengruppe" für "Klitorisreduktionen".
Pascale Hofmeier: "Frauen, Männer und Intersexuelle". Der Bund, 15.11.2008

Trotz aller Ausflüchte bleiben gemäss öffentlichen Aussagen der Behandler die kosmetischen Genitaloperationen weiterhin die Regel:

Prof. Dr. Zacharias Zachariou, seinerzeitiger Direktor der Kinderchirurgie am Inselspital Bern, betont, dass es wichtig sei, "möglichst in den ersten zwei Jahren nach der Geburt zu einer Entscheidung zu kommen", sprich zu einer geschlechtsangleichenden Operation, was "für die Identität des Kindes [...] sehr wichtig" sei.
Lena Stallmach: "Das dritte Geschlecht". NZZ am Sonntag, 13.7.2008

"Aber immerhin, sagt der Endokrinologe Primus Mullis, «wächst unter den Ärzten die Bereitschaft, ein unbestimmtes Geschlecht auch einmal sein zu lassen [...]»."
Christoph Keller: "Die Frau, die nie ein Mann war". Das Magazin, Nr. 36/2007, 7.9.2007

Prof. Dr. Christian Kind, Chefarzt und Präsident SAMW-Ethikkommission:
«Wenn die Eltern ein intersexuelles Kind nicht annehmen können, dann kann es für das Wohl des Kindes besser sein, zu operieren.»
"Christian Kind sieht das pragmatisch: «Es ist mir lieber, wir behandeln die Kinder hier, als dass die Eltern in den Osten fahren und die Operation dort vornehmen lassen.»"
St. Galler Tagblatt und Regionalausgaben 11.02.2011, http://www.thurgauerzeitung.ch/ostschweiz/ostschweiz/tb-os/art120094,1686613

Trotz der Jahrzehnte langen Klagen Betroffener und der durch Studien erhärteten hohen Behandlungsunzufriedenheit werden Betroffene, die es wagen, die Zwangsbehandlungen öffentlich zu kritisieren, von Behandelnden als Einzelfälle diffamiert. Und erst auf öffentlichen Druck Dritter werden allenfalls verbale Zugeständnisse gemacht, denen in der Regel jedoch keine Taten folgen:

Prof. Dr. Christian Kind, Chefarzt und Präsident SAMW-Ethikkommission:
"Es scheint uns eher, dass es sich um Einzelproteste und eine sehr sehr kleine Gruppe zu handeln scheint und sich auch auf etwas Vergangenes bezieht."
"Die zentrale Ethikkommission der schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften macht in der Tat Richtlinien zu ethischen Problemen, die, so wie wir das empfinden, für die Ärzteschaft von Wichtigkeit und von Belang sind, und richten uns dabei eigentlich nach dem, was wir für Signale aus der Ärzteschaft und aus der Öffentlichkeit bekommen. Und da muss ich Ihnen sagen, dass in unserer Wahrnehmung bis jetzt das Problem der Störung der Geschlechtsentwicklung nicht als so brennend und mit einem grossen Handlungsbedarf behaftet gesehen wird."
"Wo dass der Handlungsbedarf besteht, dass kann auch unterschiedlich empfunden werden und gibt es wahrscheinlich kaum objektive Massstäbe dafür, was jetzt da richtig ist, aber ich werde das zum Anlass nehmen, das etwas näher nochmals anzuschauen, ob wir auch so ein grosses Problem sehen kann."
DRS2, Kontext: "Geschlechter jenseits von Mann und Frau" / "Wenn der Arzt das Geschlecht bestimmt" (2010), http://www.drs.ch/www/de/drs/sendungen/top/kontext/5005.sh10153727.html

>>>  NEK-CNE: Anhörungen 2011-2012     >>> Redebeitrag zur Anhörung vom 15.12.11

>>> Schriftliche Stellungnahme von Zwischengeschlecht.org (PDF, 460 kb)
>>>
Verstoss gegen die Menschenrechte - Nationale Ethikkommisson (NEK-CNE) 

>>> Medizinische Verbrechen an Zwittern
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Wednesday, March 28 2012

"Aus dem Sexleben eines im Kindesalter genitalverstümmelten und kastrierten Zwitters" - megafon 368, April 2012

>>> Friedlicher Protest + Offener Brief Inselspital Bern, 16.08.2009 (Bild: Ärger)

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Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1) Zur aktuellen megafon-Ausgabe mit dem Schwerpunktthema "Sex" war Daniela "Nella" Truffer von der Redaktion um einen Beitrag angefragt worden. Sie hatte zugesagt unter der Voraussetzung, dabei kein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen. Nachfolgend ihr druckfrischer Text (Megafon 368, S. 14-15):

Aus dem Sexleben eines Zwitters
Im Kindersalter genitalverstümmelt und kastriert

Als ich mit etwa Siebzehn begann, mich selber zu befriedigen, war das ein riesiges Triumphgefühl. Ich spürte etwas und ich war die einzige, die es wusste! Bisher gehörte das, was ich da zwischen den Beinen hatte, nicht mir, sondern den Medizynern. Ich wusste, dass man da was spüren sollte, aber offenbar hatte ich nicht erwartet, dass ich noch etwas spüren würde. Erst mit über Vierzig las ich in meiner Krankenakte von der massiven Genitaloperation mit Sieben, die ich verdrängt hatte. Ich leide bis heute an den Folgen dieser menschenverachtenden Praxis.

Ich bin mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren. Ich habe einen männlichen Chromosomensatz und hatte bei der Geburt Hoden im Bauchraum. Mein Genital sah "uneindeutig" aus. Die Medizyner stritten sich, ob es eine vergrösserte Klitoris sei oder ein Mikropenis mit Hypospadie (das heisst mit dem Harnröhrenausgang nicht an der Penisspitze, sondern unterhalb, in meinem Fall ganz unten wie bei einem Mädchen). Darunter je nach Sichtweise ein gespaltener Hodensack oder teilweise zusammengewachsene grosse Schamlippen.

Ich wurde als Säugling im Alter von zweieinhalb Monaten kastriert, man hat meinen Bauch aufgeschnitten und meine gesunden Hoden in den Mülleimer geworfen. Aus meiner Krankenakte: Professor B., der "vor der Castratio anwesend war, glaubt[e] […] retrospektiv doch, dass ein Fehler begangen wurde. Die Situation ist nun jedoch so, dass auf diesem Wege fortgefahren werden muss und aus dem kleinen Patienten ein Mädchen gemacht werden muss."

Wegen der Kastration wuchsen meine Knochen in der Kindheit viel langsamer. Als ich sieben Jahre alt war, wurde mein Mikropenis operativ zu einem "unauffälligen" weiblichen Genital operiert. Im Alter von achtzehn Jahren wurde eine künstliche Scheide geschaffen.

Sex mit abgeschnittenem Lustorgan

Aber ich hatte trotz allem Glück im Unglück, im Gegensatz zu vielen anderen, die ich kenne, die gar nichts mehr spüren, weil ihnen ihr Lustorgan ganz einfach amputiert wurde. Oder die eine künstliche Scheidenöffnung haben, die nie wieder richtig verheilt. Andere haben bei sexueller Erregung starke Schmerzen oder fühlen nur noch eine Art Druck.

Mein Mikropenis wurde nicht ganz abgeschnitten, wie ich später erfuhr, sondern "nur" in mich hineingestopft: Der Penisschaft wurde auseinandergesäbelt, ein Grossteil weggeschnitten, die Eichel belassen und "versenkt", dann wurden die übrigen Penisschaftstreifen um die Eichel gelegt und alles vernäht, worauf ich nun eine "sehr kleine Klitoris" habe.

Nach der Operation hatte ich einen Schock und Blutergüsse am Genital. Ich lag eine Woche im Krankenhaus, jede Nacht wurden meine Hände angebunden. Ich danke Gott, dass ich überhaupt noch etwas spüre und einen Orgasmus haben kann. Auch wenn Lust oft auch mit unangenehmen Gefühlen verbunden ist: da mein Genital in mich hineingestopft und vernäht wurde, ist da auch immer ein Gefühl von Druck und Blockiertheit. Da kommt mir immer diese Käsewerbung in den Sinn: der Kleine, der raus will. Auch sonst habe ich immer wieder Schmerzen, ein plötzliches Zucken wie von einem Stromschlag, stechende, ziehende und pulsierende Schmerzen.

Mit achtzehn Jahren entschloss ich mich zu einer Scheidenoperation, die einzige Operation, die ich selber wollte. Aber was heisst schon wollen: gemäss Krankenakte hatte ich mit sieben Jahren auch der Genitalverkleinerung zugestimmt. Mir wurde von Anfang an vermittelt, dass ich "so" nicht richtig bin und keinen Freund haben könne. Die hatten mich mit Genitaloperationen und Hormonen zum Mädchen gemacht. Ich wollte nicht weiter auffallen, das letzte Teil dazu fehlte noch: eine Scheide, um mit einem Mann eine "normale" Beziehung haben zu können. Das ist die letzte Operation, danach seht ihr mich nie wieder, dachte ich.

Meine Scheide ist ein Konstrukt, wo vorher nichts war. Penetration kann schön sein, aber meine Scheide ist keine richtige Scheide, weder sonderlich dehnbar noch feucht, sondern ein künstlich gebauter Schlauch voller Narben. Wenn "er" zu lang ist, dann tut es weh, weil hinten geht's nicht mehr weiter wie bei einer "normalen" Frau. Meine Scheide wurde mit einem Hautlappen von meinem Gesäss ausgekleidet, damit die Öffnung nicht zusammenwächst. Wenn man dieses "Loch" nicht benutzt, dann zieht es sich zusammen. Ich war deshalb früher ziemlich auf Penetration fixiert, das musste sein, damit meine Scheide nicht schrumpft. Ob ich das wirklich wollte, ob das für meinen Partner auch immer sein musste, diese Fragen stellte ich mir nie. Die Angst war immer da, dass irgendwann eine neue Scheidenoperation notwendig sein würde. Ich wollte nie wieder am Genital operiert werden müssen.

Narben und Verletzungen

Heute habe ich keine Angst mehr davor, dass meine Scheide unwiederbringlich schrumpfen könnte. Ich fühle mich nicht mehr weniger wert, weil ich eine andere Sexualität habe. Sexualität hat mich immer interessiert, war für mich wichtig, Fantasien, Gedanken und Gefühle: die kann dir niemand nehmen und glücklicherweise spüre ich auch noch was zwischen den Beinen. Aber das Thema ist aufgrund meiner Geschichte belastet. Ich habe in letzter Zeit immer wieder Schmerzen in der "Scheide" und auch mein verkleinerter Penis schmerzt immer wieder mal. Irgendwelche hormonellen Veränderungen in einem Körper, der seines ursprünglichen Gleichgewichts beraubt wurde. Pfusch, der ganze Hormonhaushalt, der Stoffwechsel, alles durcheinander.

Wie den meisten Betroffenen, die ich kenne, geht es mir nicht um die Frage, ob ich mich in der zugewiesenen Rolle wohl fühle. Dass ich als Mädchen aufgezogen wurde, war für mich nicht das Problem, ich habe auch nicht das Bedürfnis, jetzt als Mann zu leben. Traumatisierend hingegen waren die Operationen, die Schmerzen, die Angst und die Lügen.

Bis heute werden 90% aller Betroffenen im Kindesalter meist mehrfach kosmetisch genitaloperiert. Die meisten "Intersexuellen", die ich kenne, haben keine Sexualität, wollen nicht berührt werden, haben Angst vor Beziehungen, sind schwer traumatisiert. Laut einer Studie von 2009 haben sie eine erhöhte Selbstmordneigung, vergleichbar mit Folteropfern und Opfern von sexualisierter Gewalt an Kindern.

Kampf um körperliche Unversehrtheit

In letzter Zeit denke ich immer wieder, dass es das Beste wäre, keine Sexualität mehr zu haben, asexuell zu sein. Mit diesem Körper "normalen" Sex zu haben ist doch eigentlich wie eine Komplizenschaft, wie eine Bestätigung dessen, was die für mich vorgesehen haben.

Seit viereinhalb Jahren kämpfe ich mit der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org gegen die Genitalverstümmelungen. Die tägliche Beschäftigung mit dem von den Medizynern verursachte Elend ist oft sehr belastend, verleidet mir die schönen Dinge im Leben, auch Sexualität. Auch die eigene Geschichte kommt immer wieder hoch und macht mich traurig. Aber dennoch bin ich heute stark, ich bin nicht mehr das wehrlose kleine Kind, niemand bestimmt mehr über meinen Körper. Dank einer zehnjährigen Analyse und auch dank meines Kampfes in der Öffentlichkeit habe ich einen inneren Frieden gefunden - und Gelassenheit. Trotzdem bleibt da immer eine grosser Trauer: Wie wäre ich, was würde ich fühlen, was wollen, wenn man mich nicht operiert hätte? Ich werde es nie erfahren. Ich bin ein Flickwerk, geschaffen von Medizynern, verletzt und vernarbt. Das einzige, was mir  bleibt, ist mit diesen Narben und Verletzungen weiterzuleben, nicht aufzugeben, mich selber neu zu erfinden. Auch im Bett.

Daniela "Nella" Truffer

>>> Genitalverstümmelungen im Inselspital Bern
>>> Video: "Gesetze für Zwitter gefordert" - Telebärn, 18.03.2010
>>>
"Geschlecht: Zwangsoperiert" - megafon 335, September 2009
>>> Megafon 255: Nellas allererstes Interview von 2002    

Friday, March 23 2012

Intersex-Genitalverstümmelungen (IGMs) in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Friedlicher Protest vor der Ethikrat-Pressekonferenz, Berlin 23.02.2012
 

Ausgeliefert! INHALT:
1.  Die häufigsten kosmetischen "Genitalkorrekturen"
       a) IGM 1: "Hypospadiekorrekturen"
       b) IGM 2: Klitorisamputationen / "Vaginalplastiken"
       c) IGM 3: Kastrationen
       d) Anlegen "Neovagina"
       e) Brustamputationen   f) "Hodenverlagerungen"
2.  Weitere kosmetische Eingriffe / Abgrenzung
3.  Es wird unbeirrt weiterverstümmelt!
4.  Es geht um Genitalverstümmelung und Folter,
     NICHT um "Geschlecht"
5.  Medizyngeschichte u. "Krankheits"-Bezeichnungen
 

Zwischengeschlecht.org on FacebookGegen Zwitter-Tabu, Schweigegebote und Erpressung! 
Intersex-GenitalverstümmlerInnen sind zum möglichst ungestörten Weiterverstümmeln dringend darauf angewiesen, dass nicht über Intersex-Genitalverstümmelungen (IGMs) geredet wird. Und falls doch, dann nicht im Detail, und immer nur über einzelne wenige, aber nie über alle.

  

1.  Die häufigsten kosmetischen "Genitalkorrekturen" & ihre Diagnosen

a)  IGM 1: Harnröhrenverlegung, Hypospadiekorrektur – Hypospadie, Fehlbildungen der Harnröhre: Harnröhrenausgang liegt irgendwo zwischen Penisspitze und Hodensack, ev. in Verbindung mit Bauchhoden und/oder (Partieller) Androgenresistenz ((P)AIS) (siehe unten). Klassische "vermännlichende Genitalkorrektur", der Penis wird auseinandergeschnitten und es wird versucht, eine künstliche Harnröhre u.a. aus Vorhaut oder Mundschleimhaut zu konstruieren mit Ausgang an der Penisspitze; z.T. in Verbindng mit zusätzlicher "Penisaufrichtung". Sehr hohe Komplikationsraten, offizielle Diagnose für hoffnunglos Kaputtoperierte: „Hypospadie Krüppel“ [Warnung!].
"Hypospadie" ist mittlerweile die wohl häufigste Diagnose für kosmetische Genitaloperationen im Kindesalter. Die neueste AWMF-Leitlinie 006/026 (Evidenzstufe 1  = niedrigste) empfiehlt ausdrücklich Operationen auch aus ästhetisch-psychologischen Gründen.“ Die meisten Kliniken empfehlen frühe OPs z.B. „zwischen dem 12. und 24. Lebensmonat“.
  • Tiger Howard Devore: "Aufwachsen im chirurgischen Mahlstrom"
  • Ernst Bilke: "Die Wut ist gut versteckt" - Biographie mit "Hypospadie"  
  • Erich Marti: "Operiertes Geschlechtsteil extrem berührungsempfindlich"
  • Erfahrungsberichte: "Sehr taube Eichel nach Op" vs. "unbehandelt gut leben"

  
b
IGM 2: Klitorisamputation, Klitorisreduktionsplastik, Scheidenerweiterungsplastiken – Klitorishypertrophie, Adrenogenitales Syndrom (AGS/CAH), Androgenresistenz (AIS): Erscheinungsform des äußeren Genitals "zwischen" Klitoris und Penis, je nach Betrachtungsweise "vergrößerte Klitoris" oder "Mikropenis mit Hypospadie"; bei AGS/CAH eventuell zusätzlich "zu kleine" oder zugewachsene Scheidenöffnung, sowie bei AIS "zu kleine" oder fehlende Scheide.
bPlastische Operationen an den Genitalien Die operative Korrektur (s. S. 476 ff.) der vermännlichten Genitalien beim kongenitalen adrenogenitalen Syndrom des Mädchens ist aus mehreren Gründen indiziert, 1. um eine regelrechte Funktion der Vagina zu ermöglichen, 2. um die unangenehmen Klitoriserektionen zu verhindern, 3. um seelische Konflikte zu vermeiden, die den Mädchen aus dem Vorhandensein männlicher Attribute erwachsen können. Nach Möglichkeit soll die Operation schon vor dem vierten Lebensjahr durchgeführt werden. Bei leichteren Fällen ist lediglich die Entfernung der Klitoris erforderlich. Das Organ soll dabei exstirpiert und nicht amputiert werden, da sich sonst lästige Erektionen des zurückgebliebenen Stumpfes einstellen können. Wie HAMPSON (1956) bei einer größeren Reihe operierter Frauen festgestellt hat, leidet die Orgasmusfähigkeit durch die Klitorisentfernung nicht. Ist das Genitale stark vermännlicht, so muß darüberhinaus die Eröffnung des Sinus urogenitalis vorgenommen werden. Jürgen W. Bierich, in: Overzier 1961, S. 387Bis in die 1980er Jahre wurde eine "zu grosse Klitoris" oder ein "uneindeutiges Genitale" kurzerhand amputiert – unter Berufung auf medizinische Studien, die "wissenschaftlich bewiesen", das für Frauen die Klitoris für das sexuelle Empfinden unwesentlich sei. Auch bei den neueren "schonenderen" Methoden („Klitorisverkürzung“ oder „Versenkung“) droht weiterhin Verminderung oder Zerstörung der sexuellen Epfindungsfähigkeit; wird immer noch der größte Teil der zu "korrigierenden" Klitoris weggeschnitten und fortgeworfen.
Klassische "verweiblichende GenitalkorrekturOPs". Nach dem ChirurgInnenmotto „It's easier to dig a hole than to build a pole“ ("Es ist einfacher, ein Loch zu graben als einen Mast zu bauen") wurden bis Anfang des 21. Jahrhunderts die meisten Kinder mit "atypischen" Genitalien zu Mädchen gemacht“.
"Adrenogenitales Syndrom (AGS/CAH)" ist die wohl zweithäufigste Diagnose für kosmetische Genitaloperationen. Die aktuelle AWMF-Leitlinie 027/047 (Evidenzstufe 1 = niedrigste) empfiehlt unter „Operative Therapie“: „[...] Die chirurgische Korrektur umfasst die Klitorisreduktionsplastik unter Schonung des Gefäß-Nervenbündels, die Labienplastik und die Vaginalerweiterungsplastik. In der Regel wird die Operation in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt.“
Im Kindesalter durchgeführte "Vaginalplastiken" müssen oft regelmäßig gedehnt werden ("bougiert") – für die Betroffenen schmerzhaft und traumatisierend. Bei Partieller Androgenresistenz (PAIS) ist gar das "Anlegen" einer Neovagina notwendig (s.a. unten).
  • Daniela "Nella" Truffer: "Ein Leben aus der Krankenakte"
  • Alex Jürgen: "Meine Geschichte" 
  • "Michel Reiter, intersexuell" 

Kosmetische Klitorisamputationen an Kindern im Kispi Zürich und Insel Bern, z.B. Andrea Prader, Max Grob, Marcel Bettex, von Zwischengeschlecht.org

DOKUMENTATION
>>> Kosmetische Klitorisamputationen (PDF)
in Kinderspital Zürich und Inselspital Bern
mit Belegen aus Fachpublikationen, die jahrzehntelange, systematische Klitorisamputationen an wehrlosen Kindern aufzeigen – und wie beteiligte Institutionen im In- und Ausland sich bis heute vor jeglicher Verantwortung drücken. 

  
c) 
IGM 3: Kastration, Gonadektomie – Komplette Androgenresistenz (CAIS), Androgenresistenz (AIS), Bauchhoden / Adrenogenitales Syndrom (AGS/CAH) / Hermaphroditismus verus: Bei Kompletter Androgenresistenz (CAIS) sowie bei "feminisierender Genitalkorrektur" bei AIS werden die gesunden hormonproduzierenden Hoden chirurgisch aus Bauchraum, Leisten oder Schamlippen entfernt und weggeschmissen – mit allen lebenslangen Folgen einer Kastration. Zusätzlich werden Überlebende oft von Behörden und Krankenkassen gewungen, lebensnotwendige adäquate Ersatzhormone aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Dies ist die wohl dritthäufigste Diagnose für kosmetische Genitaloperationen.
Bei "Adrenogenitalem Syndrom (AGS/CAH)" werden männlich zugewiesenen XX-Betroffenen oft Eierstöcke und Gebärmutter entfernt.
Bei "echten Hermaphroditen", die Eierstöcke und Hoden oder Mischgewebe aufweisen, wird meist alles entfernt, was nicht mit dem zugewiesenen Geschlecht "übereinstimmt".
  • Katrin Ann Kunze: "Die Legende vom besonderen Kind" 
  • Elisabeth Müller: "Ein Zwitter ist nicht per se krank"
  • Fakten zu Kastrationsfolgen und zum angeblichen Krebsrisiko bei (C)AIS

   
d) Anlegen Neovagina – Vaginalaplasie, Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS), Komplette Androgenresistenz (CAIS), Partielle Androgenresistenz (PAIS):
Vagina nicht vorhanden oder nur "kurz", chirurgisches Anlegen einer künstlichen Vagina, ausgekleidet mit transplantierter Haut oder Darm, zunehmend laparoskopische 'Einbuchtungs-/"Dehnungs"methoden' – im Kindesalter unnötig, traumatisierend und ohne Einwilligung der betroffenen Person.
  

e) Mastektomie, Brustamputation – Klinefelter-Syndrom ("XXY"):
Chirurgische Entfernung von Brüsten bei männlich Zugewiesenen, meist in der Pubertät sobald es "auffällt". Oft bei XXY-Menschen, und ohne informierte Einwilligung der Betroffenen.

   
f) Orchidopexie, Hodenverlagerung – Androgenresistenz (AIS), Kryptorchismus, Bauchhoden: Bei "maskulinisierenden Korrekturen" werden nicht abgestiegene Hoden versucht chirurgisch in den Hodensack zu verlegen und ggf. dort anzunähen – erwachsene Betroffene beklagen bleibende Schmerzen, etwa beim Joggen oder beim Sex, und uneingewilligte Fertilisierungsexperimente ohne Evidenz. Mittlerweile gibt es auch medizinische Studien, wonach Bauchhoden fertile Spermien produzieren können.

Unzensierte Version: Draufklicken (PDF, 2MB)
>>> Flugblatt mit Beispielen kosmetischer "Genitalkorrekturen" (PDF, 2MB)
         WARNUNG: 2. Seite enthält IGM-Operationsfotos!

Intersex Genital Mutilations
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy

2014 NGO Report an das UN-Kinderrechtekomitee (CRC) (englisch)
Belegt 17 gebräuchliche IGM-Formen und NS-Verbrechen in CH, D, A
>>> Download PDF (3.65 MB)     >>>
Table of Contents      
  

2.  Weitere kosmetische Eingriffe / Abgrenzung

Obige Auflistung ist alles andere als abschließend. Bei den genannten Diagnosen nicht aufgeführte und ggf. weitere Eingriffe im Zusammenhang mit "atypischen Genitalien" müssen zwar nicht in jedem Fall kosmetisch sein: Zum Beispiel bei Verengungen oder Verschlüssen der Harnröhre ist ein ggf. chirurgisches Ermöglichen des Harnabflusses medizinisch klar notwendig, ebenso bei "AGS/CAH" mit Salzverlust entsprechende medikamentöse Cortisol-Substitution. Auch bei "klassischem AGS/CAH ohne Salzverlust" verhindert Cortisol-Substitution Kleinwuchs und vorzeitige Pubertät und stärkt das Recht der betroffenen Kinder auf eine offene Zukunft.

Chirurgische "Genitalkorrekturen" und "Harnröhrenverlegungen" im Kindesalter sind dagegen – wie die MedizynerInnen immer mal wieder selbst zugeben, vgl. Abbildung unten – medizinisch nicht notwendige, kosmetische Genitaloperationen aus „ästhetischen“ oder „psychosozialen“ Gründen und werden letztlich nicht für das Kind gemacht, sondern "zur Beruhigung" der meist überforderten und von den MedizynerInnen zusätzlich unter Druck gesetzten Eltern; dasselbe gilt auch z.B. für Brustamputationen (Mastektomien) bei "Jungen", für experimentelle pränatale Dexamethason-"Therapien" bei vermuteten "AGS-Mädchen" zur "Verhinderung eines vergrößerten Klitoris", usw.

Infolge der zunehmender Pränataldignostik gewinnt zudem die Problematik der seit 1972 zugelassenen selektiven (Spät)-Abtreibungen von Kindern wegen „Gefahr intersexueller Mißbildungen“ stetig an Bedeutung.

Weitere nicht-chirurgische typische IGM-Praktiken sind Medizinische Zurschaustellung und unötige, wiederholte Genitaluntersuchungen und -Forografien. Der CRC-Schattenbericht listet insgesamt 17 gebräuchliche IGM-Praktiken und -Formen.

»Die meisten Fälle sind medizinisch keine Notfälle« Professor Olaf Hiort, Kinder- und Jugendarzt am Universitätsklinikum Lübeck(Apotheken-Umschau, 1.6.11)

3.  Allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz:
     In den Kinderkliniken wird unbeirrt weiterverstümmelt!

"Früher war es schlimm, aber heute wird nicht mehr operiert." – Als Reaktion auf die wachsende öffentliche Kritik behaupten MedizynerInnen in der Öffentlichkeit regelmäßig, in hiesigen Kinderkliniken würde seit langem nicht mehr kosmetisch "genitalkorrigiert", diese Praxis sei wahlweise schon seit den 1970er oder spätestens seit den 1990er Jahren "Vergangenheit" (Hauptsache, immer mindestens seit Ablauf der absoluten Verjährung). Medien und verantwortliche PolitikerInnen plappern dies immer wieder unüberprüft nach.

Tatsache bleibt: Auch im 21. Jahrhundert werden unverändert 90% aller betroffenen Kinder durchschnittlich mehrfach kosmetische genitalverstümmelt – mehr als die Hälfte davon, bevor sie nur schon 3 Jahre alt sind! Siehe nachfolgende aktuelle Statistik aus der weltweit bisher größten Zwitterstudie, erfasst von den TäterInnen selbst:

58% aller Kinder von 0-3 Jahren sind zwangsoperiert. 87% aller Kinder von 4-12 Jahren sind zwangsoperiert. 91% aller Jugendlichen sind zwangsoperiert. 90% aller Erwachsenen sind zwangsoperiert. (BMBF-Studie mit 434 Proband_innen, 2009)Quelle: "Klinische Evaluationsstudie im Netzwerk DSD/Intersexualität: Zentrale Ergebnisse",
Vortrag 27.05.2009, Folie 6.

Auch 2014 gibt es keinerlei Anzeichen, dass sich an dieser Tasache etwas ändern würde. Die MedizynerInnen mauern weiter, versprechen das Blaue vom Himmel, und weigern sich unverändert Ausmass und Umfang von Genitaleingriffen an betroffenen Kindern offen zu legen. Werden ausnahmsweise trotzdem Zahlen öffentlich bekannt, zeigen sie höchstens "saisonale Schwankungen"  – aus nahe liegenden Gründen:  
 

4.  Es geht um Genitalverstümmelung, Folter und unmenschliche
     Behandlung, NICHT um "Geschlecht"

"Diese Genitalkorrektur ist etwas gaanz anderes!" - Als Reaktion auf die wachsende öffentliche Kritik behaupten MedizynerInnen seit langem, "Hypospadiekorrekturen" seien etwas "gaanz anderes" als "feminisierende Korrektur-OPs" und wollen erstere mit dieser "Begründung" aus der aktuellen ethischen und rechtlichen Diskussion über medizinisch nicht notwendige, kosmetische "Genitalkorrekturen" an Kindern mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen ausklammern.

Ebenso seien auch "Klitorisreduktionen" bei "Adrenogenitalem Syndrom (AGS/CAH)" aus der Diskussion auszuklammern, da es sich dabei "nur" um „geschlechtsangleichende“, „geschlechtsbestätigende“ oder „geschlechtsvereindeutigende“ "Klitorisreduktionen" handle, jedoch nicht um „geschlechtszuweisende“, „geschlechtzuordnende“ oder „geschlechtsverändernde“, und somit um etwas "gaanz anderes"! 

Dadurch soll letztlich nur noch ein verschwindend kleiner Bruchteil aller medizinisch nicht notwendigen "Genitalkorrekturen" überhaupt problematisiert werden dürfen.

"Und diejenigen 20-25 wirklich ganz echten Hermaphroditen pro Jahr, die dann noch übrig bleiben, operieren wir nämlich schon lange nicht mehr! Schon seit Jahrzehnten! Ehrlich!" (vgl. oben 3.)

Betroffenenorganisationen halten demgegenüber seit jeher fest, dass diese Argumentationen letztlich dem Eigennutz und den finanziellen Interessen der BehandlerInnen entspringen und inhaltlich wie auch historisch unzutreffend sind.

Betroffene weltweit stellen demgegenüber das Recht auf körperliche Unversehrtheit ALLER Betroffenen von medizinisch nicht notwendigen, kosmetischen Genitaloperationen ins Zentrum, und verurteilen ALLE medizinisch nicht notwendigen "Genitalkorrekturen" an Kindern mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen als menschenrechtswidrige Westliche Form der Genitalverstümmelung (IGM) und Folter und unmenschliche Behandlung.

(Zur Kritik an "Definitionstricksereien" durch Betroffenen und ihre Verbänden in den USA seit den 1990er-Jahren vgl. Katrina Karkazis: "Fixing Sex", 2008, S. 143f.; zu entsprechender Kritik aus Deutschland vgl. z.B. diese Definition der AGGPG, sowie vgl. Claudia Lang: "Intersexualität. Menschen zwischen den Geschlechter", 2006, S. 95-102, 221; zur Berechtigung dieser Kritik aus aus der Sicht internationaler Menschenrechtsgremien vgl. z.B. Prof. Dr. Beate Rudolf, Deutsches Institut für Menschenrechte, Fachgespräch Bundestags-Familienausschuss.)

>>> "Schädliche Praxis" und "Gewalt": UN-Kinderrechtsausschuss verurteilt IGM
>>> "Unmenschliche Behandlung": UN-Ausschuss gegen Folter verurteilt IGM
>>> UN-Menschenrechtsausschuss (HRCttee) untersucht IGM-Praktiken

Wie nachfolgende Illustration belegt, werden zudem von den MedizynerInnen selbst „Prader-Stadien“ ("zu grosse Klitoris") und „Hypospadie-Grade“ (Harnröhrenmündung nicht an der Spitze des Penis) im Klinikalltag auch heute noch als komplementäre Diagnose-Instrumente für sog. „abnormale Genitalien“ a.k.a. „genitale Malformationen“ und deren Behandlung nebeneinandergestellt (Quelle: UKGM Gießen, 2012 / ganzes Formular PDF):

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5.  Medizyngeschichte – Entwicklung der "Krankheits"-Bezeichnungen

„(Pseudo) Hermaphroditismushieß der medizinische Überbegriff für obige und weitere Diagnosen bis in die 1950er Jahre, gefolgt von "Intersex" im Anschluss an die Einführung systematischer "Genitalkorrekturen" an Kleinkindern.

Seit 2005 lautet die aktuelle medizinische Bezeichnung „Disorders of Sex Development (DSD) a.k.a. „Störungen der Geschlechtsentwicklung (DSD)“ – was die (medizinisch nicht notwendige) "Korrekturbedürftigkeit" der Betroffenen noch betont und deshalb von ihnen praktisch einhellig abgelehnt wird. 

Intersex Genital Mutilations
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy

2014 NGO Report an das UN-Kinderrechtekomitee (CRC) (englisch)
Belegt 17 gebräuchliche IGM-Formen und NS-Verbrechen in CH, D, A
>>> Download PDF (3.65 MB)     >>>
Table of Contents   
  

Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM)
in Baden-Württemberg 2014
 

• häufigste IGM-Formen  • NS-Verbrechen an Zwittern
• 60 Jahre systematische OPs an Kleinkindern
• Nachweis von IGM-Kliniken in BW
• Analyse "Aktionsplan Akzeptanz & gleiche Rechte"

>>> Dokumentation (PDF, 4.9 MB)

>>> Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben 

>>> Medizinische Verbrechen an Kindern mit "atypischen" Genitalien
>>> Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM): Diskriminierung oder Verbrechen? 
>>>
Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken (IGM) – eine Genealogie der Täter
>>> Kosmetische GenitalOPs: Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen 
>>> 1950 - Beginn der systematischen Auslöschung von Zwittern 
>>>
Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

>>> GenitalOPs an Kindern: relevante Ziffern in der CH-"Liste der Geburtsgebrechen"

Unzensierte Version: Draufklicken (PDF, 2MB)
>>> Flugblatt mit Beispielen kosmetischer "Genitalkorrekturen" (PDF, 2MB)
         WARNUNG: 2. Seite enthält IGM-Operationsfotos!

Thursday, February 23 2012

Ethikrat: 150-jährige Geschichte der Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken jetzt beenden!

'Genitalverstümmelungen stoppen!' - Aktion von Zwischengeschlecht.orgFriedliche Aktion vor der Ethikrat-Pressekonferenz, 23.2.12 (Bild: © dapd / sueddeutsche.de)

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Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 23.02.2012:

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

Heute präsentiert der Deutsche Ethikrat in Berlin seine Stellungnahme zu "Intersexualität". Zahllose Betroffene erhoffen sich davon entscheidende Impulse zur Beendigung der verheerenden kosmetischen Genitaloperationen an "uneindeutigen" Kindern. Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird zuvor eine Stunde lang über die blutige Geschichte dieser "westlichen Genitalverstümmelungen" informieren und mit einer farbenfrohen friedlichen Aktion die politisch Verantwortlichen zum Handeln auffordern (09:30-10:30 Uhr vor dem dbb forum, Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin).

Seit über 150 Jahren experimentieren westliche Chirurgen an Kindern mit "abnormalen Geschlechtsteilen" oder "Hermaphroditen", wie sie es zunächst nannten. Zwar waren im 19. Jahrhundert fragwürdige Praktiken wie zum Beispiel Klitorisamputationen auch bei "normalen Mädchen" verbreitet. Während bei diesen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert die Unmenschlichkeit solcher "Heilmittel" erkannt wurde und die Mediziner davon abkamen, wurden ab 1950 bei "Intersexuellen" (wie der medizinische Fachbegriff nun lautete) Genitalamputationen und sonstige verstümmelnde Operationen ausgeweitet und ab ca. 1960 flächendeckend und systematisch im Kindesalter durchgeführt. Heute reden die Mediziner von "Genitalkorrekturen" bei "Störungen der Geschlechtsentwicklung" und allein in Deutschland wird jeden Tag mindestens ein wehrloses Kind einem solchen Eingriff unterzogen - ohne dessen Einwilligung, ohne medizinische Notwendigkeit, ohne Evidenz und obwohl Betroffene seit bald 20 Jahren öffentlich dagegen protestieren. 

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org appelliert an die Verantwortlichen in Politik und Justiz, jetzt konkrete Schritte einzuleiten, um diese menschenrechtswidrigen Genitalverstümmelungen in unseren Kinderkliniken endlich zu stoppen. Seit 1996 hatte die Bundesregierung die Anliegen der Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen im Kindesalter ignoriert und geleugnet. Noch 2010 verkündete der Berliner Senat über "keine Erkenntnisse über konkrete Fälle mit derartigen Eingriffen oder Therapien" zu verfügen. Noch 2011 leugnete der Bremer Gesundheitsstaatsrat Hermann Schulte-Sasse im Bremer Landtag öffentlich das Fortdauern der Zwangsoperationen. Obwohl bereits 2008 das Kölner Landgericht entschieden hatte, im Fall von Christiane Völling sei "das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin in ganz erheblichem Maße verletzt worden". 

Auch dass der Deutsche Ethikrat nun heute eine Stellungnahme präsentiert, geschah letztlich erst, nachdem sich Betroffene an das UN-Komitee CEDAW wandten und dieses 2009 die Bundesregierung zum Handeln aufforderte. Eine Kritik, die erst letztes Jahr das UN-Komitee gegen Folter erneut bekräftigte. Auch der UN-Menschenrechtsrat wird sich dieses Jahr zum ersten Mal mit diesem Thema befassen. 

Laut BMBF-finanzierten Studien werden heute noch 90% aller Betroffenen im Kindesalter oft mehrfach irreversibel kosmetisch genitaloperiert. Ihr Schrei nach Gerechtigkeit darf nicht mehr länger ignoriert, ihre berechtigten Anliegen dürfen nicht mehr weiter auf die lange Bank geschoben oder für Geschlechterpolitik instrumentalisiert werden. Niemand mehr wird später mit gutem Gewissen sagen können, man habe es nicht gewusst. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.
 
Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmäßige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> Chronologie Deutscher Ethikrat 2008-2013

>>> Deutscher Ethikrat: "Verstümmeln ist OK,
        solange es nicht um die Geschlechtsidentität geht" 

>>> "Westliche Form der Genitalverstümmelung"  
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter 

Sunday, February 19 2012

"Es gibt keine Studie, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Betroffenen selbst mit den Ergebnissen der operativen Korrekturen überwiegend zufrieden wären" - Deutscher Hebammenverband (DHV) (Klartext in Ethikrat-Sachverständigen-Stellungnahmen 2)

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Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1) Im Vorfeld der Präsentation der Ethikrat-Stellungnahme nächsten Donnerstag 23.2.12 (Aktion von Zwischengeschlecht.org ab 09:30h) präsentiert dieser Blog einige Highlights aus den vom Ethikrat eingeholten, öffentlich zugänglichen "Stellungnahmen von Sachverständigen".

Diesmal nachfolgend einige relevante Ausschnitte aus der >>> Stellungnahme des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) (pdf), die nicht nur den Finger auf die wunden Stellen der missachteten Rechte der verstümmelten Kinder legt, sondern darüberhinaus auch auf die Tricks, mit denen die Zwangsoperateure bei der Festsetzung ihrer "AWMF-Verstümmlerleitlinien" (Beispiel 1 / Beispiel 2) jegliche kritische Stimmen bequemerweise von vornherein ausgrenzen. Dafür dem Deutschen Hebammenverband (DHV) von diesem Blog ein ganz herzliches Dankeschön für seine mutigen Worte!

Der DHV unterstützt das Anliegen der Organisationen der Intersexuellen Menschen und der Politik bestehende Regelungen auf Veränderungsbedarf zu überprüfen. Unverständlich ist aus unserer Sicht jedoch die Dauer, mit der das Thema diskutiert wird, ohne dass zumindest übergangsweise Regelungen getroffen werden, die von den intersexuellen Menschen selbst als annehmbar anerkannt werden. [...]

Für die Eltern ist jede Abweichung vom Normalen mit Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten verbunden. [...] Bei uneindeutigem Geschlecht des Kindes kommt jedoch ein starker sozialer Handlungsdruck hinzu, der eine Eiligkeit suggeriert, die aus medizinischer Sicht nur sehr selten gegeben ist. Die allermeisten Eltern stimmen daher chirurgischen geschlechtszuweisenden Eingriffen zu. Ohne jegliche Evidenz wird in Leitlinien eine operative Korrektur innerhalb der ersten 6 Lebensmonate des Kindes empfohlen. Wegen der scheinbar einfacheren Operationstechnik wird dem überwiegenden Teil der intersexuellen Menschen das weibliche Geschlecht zugewiesen. Rein optisch sind diese Operationen scheinbar erfolgreich.
Tatsächlich kann über Erfolg oder Misserfolg jedoch erst Jahre später durch die betroffenen Menschen selbst entschiedenen werden. [...]

Es gibt keine Studie, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Betroffenen selbst mit den Ergebnissen der operativen Korrekturen überwiegend zufrieden wären. Das bestehende Vorgehen wird allein durch einen medizinischen „Standard“ gerechtfertigt, der in Leitlinien seinen Ausdruck findet.
Aus Sicht des DHV macht dies nur deutlich, dass sich am bestehenden Verfahren zur Erstellung von Leitlinien grundsätzlich etwas ändern muss. Leitlinien werden meist von den Operateuren selbst erstellt, die damit das von ihnen favorisierte Verfahren als Standard festschreiben können. Dem DHV, als Beteiligtem an der Leitlinienerstellung „Neugeborenen-Screening auf angeborene Stoffwechselstörungen und Endokrinopathien“, war es zum Beispiel im Konsensverfahren bislang nicht möglich wesentliche Änderungen an dem Satz zur operativen Korrektur des Genitals bei Mädchen: „Zeitpunkt und Methode sind abhängig von Befund und Operateur.“ zu erreichen. Derzeitig umfassen die Möglichkeiten der operativen Korrektur Maßnahmen wie:

- Entfernung von Ovarien/Hoden, mit der Folge, dass lebenslange, nebenwirkungsreiche Hormonersatztherapie notwendig ist
- Anlegen einer Neo-Vagina bei Säuglingen, mit der Folge traumatisierender Dehnungsprozeduren im Kindesalter
- Verkleinerung von Penis/Klitoris mit der Folge des Verlustes der sexuellen Empfindungsfähigkeit

Derartig weitreichende Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung eines Menschen bedürfen einer individuellen sorgfältigen Abwägung. Wenn möglich können Entscheidungen dazu nur von den betroffenen Menschen selbst nach Erreichen der Geschlechtsreife getroffen werden.

Folgende Maßnahmen und Regelungen sind aus Sicht des DHV notwendig: [...]

Sofortmaßnahmen

  • Unverzügliches Aussetzen der derzeitigen operativen Praxis und Entwicklung eines neuen Handlungsalgorythmus unter ausführlichem Einbezug ethischer Aspekte
  • Anerkennung der erfolgten Schädigung durch Versorgungsämter
  • Übernahme der Kosten für Therapie (Psychotherapie, Hormonersatztherapie) durch gesetzliche Krankenkassen
  • Verbot von Kastrationen vor Erreichen der Einwilligungsfähigkeit der Betroffenen
  • Umfassender Schutz des ungeborenen intersexuellen Lebens

>>> ganze Stellungnahme des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) (pdf) 

>>> Chronologie Deutscher Ethikrat 2008-2013

>>> "Es wird weiter an den Genitalien von Kleinkindern geschnitten" - Eva Matt (1)
>>> Ethikratdiskurs: "Wie so oft wird um den heissen Brei herumgeredet" 
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter 

Saturday, February 11 2012

"Intersex"-Tatort "Skalpell" um ermordeten Kinderchirurgen: TV-Premiere Pfingstmontag 28.5.12 auf SF / ARD / ORF + online

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>>> Nachträge (untenstehend): Vorabmeldungen + Sendungskritiken   
Online nachgucken:   >>> Hochdeutsch auf ARD Mediathek
    >>> CH-Version auf SF

Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!Für die bereits letztes Jahr abgedrehte "Tatort"-Folge "Skalpell", die das Luzerner Kinderspital bekanntlich erfolglos hatte verbieten lassen wollen (dieser Blog berichtete), steht nun endlich der Ausstrahlungstermin fest!

Nach geplatzten Ankündigungen noch im alten Jahr hatte Ruedi Matter, oberster Chef bei "Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)" unlängst in der "SonntagsZeitung" vom 15.1.12 angekündigt:

"Der neue Schweizer «Tatort» heisst «Skalpell». Es ist ein guter «Tatort», das kann ich Ihnen versprechen. Er hat das Entscheidungsgremium der ARD mit sehr guter Bewertung passiert. Der Sendetermin wird im Februar bestimmt."

Auf >>> tatort-fundus.de war schon länger der 28.5.12 als möglicher Ausstrahlungstermin genannt. Laut einer >>> aktuellen Agenturmeldung ist dies nun definitiv, SRF und ARD haben überdies diese Woche in Berlin weitere Kooperationen vereinbart.

Ermordeter Kinderchirurg (Bild: drs3.ch)

Auf >>> swissfilms.ch wurden zudem weitere Details zum Plot von "Skalpell" öffentlich:

Ein Chirurg und bekannter Kinderarzt wird an einem Benefizlauf ermordet. Ein Skalpell steckt in seinem Hals. Kommissar Reto Flückiger und sein Ermittlerteam von der Kripo Luzern suchen den Täter in den Reihen der Ärzte, die im gleichen Spital tätig waren. Als sich herausstellt, dass der Stellvertreter des Ermordeten eine Affäre mit dessen Ehefrau hat, konzentriert sich die Polizei auf diese Spur, bis eine Tragödie im privaten Umfeld einer Polizeiangehörigen dem Fall eine ganz neue Wendung gibt.

Da Daniela "Nella" Truffer seinerzeit von einem medizinischen Berater des "Tatort"-Teams um Infos angegangen wurde, kann dieser Blog jetzt schon offiziell bestätigen, dass diese "ganz neue Wendung" es durchaus in sich haben – und viele TV-ZuschauerInnen zu Recht schockieren wird! Mehr wird an dieser Stelle allerdings noch nicht verraten ...

Vorab-Pressemeldungen: "Der ermordete Chirurg vertrat die Auffassung, dass intersexuelle Kinder möglichst frühzeitig operiert werden müssten" 

Der Weser-Kurier plauderte es am 27.4.12 aus: In der Sendung geht es um das "das Tabu-Thema Zwischengeschlechtlichkeit".

Die Coop-Zeitung doppelte am 11.5.12 nach: Es sei "lange geheim gehalten" worden, dass "Intersexualität [...] eine wichtige Rolle spielt".

Und 20 Minuten meldet am 14.5.12: "Was erst nach einem Beziehungsdelikt im Ärzte-Milieu aussieht, entpuppt sich als ein Drama um intersexuelle Kinder (Hermaphroditen)."

Die Aargauer Zeitung schreibt am 15.5.12: "Operationen an Kleinkindern  Der ermordete Chirurg war ein Spezialist auf dem Gebiet und vertrat die Auffassung, dass intersexuelle Kinder möglichst frühzeitig, schon mit zwei Jahren, operiert werden müssten. [...] In der Folge treten weitere von diesen Frühoperationen betroffene Menschen und ihre Angehörigen auf den Plan. Und damit auch weitere Leute, die mit dem Ermordeten eine Rechnung offen hatten." 

Die Weltwoche titelt in der aktuellen Ausgabe: "Aufstand der Intersexuellen" (Bezahlartikel). 

Persoenlich.com bringt am 15.5.12 ausführliches ein Interview mit dem Regisseur Tobias Ineichen, der unter anderem sagt: "Das Skalpell im Titel ist nicht nur die Mordwaffe, es ist auch ein Symbol für das, was die intersexuellen Kinder erleiden müssen." 

>>> SF.tv hat mittlerweile 4 Trailer u.a. mit dem toten Chirurgen online. Plus diverse Sendungen und Infos zum Thema "Intersex".

Die Neue Luzerner Zeitung bringt am 15.5.12 den Artikel aus der AZ mit zusätzlichen Kästen "Kind operiert" ("Daniela Truffer von der Organisation zwischengeschlecht.org, die korrigierende Operationen an Kindern kr tisiert, schätzt aber, dass eines von tausend Kindern betroffen ist.") und einem weiteren Interview mit Regisseur Tobias Ineichen ("Es gibt in der Schweiz oder in Deutschland Gruppierungen, die sich für Betroffene starkmachen."). >>> PDF 748 kb  

Radio DRS2aktuell berichtet am 22.5.12 mit packendem Vorschau-Clip, leider etwas gar "Gender-lastig", muss aber immerhin einräumen, dass in erster Linie die regelmässigen Proteste dazu führten, dass das Thema nun auch im 2. Luzerner Tatort den Hintergrund gibt.

Die NZZ weist am 22.5.12 nebst Tell-Anspielung darauf hin, dass der Mordfall sich um "das Drama von zwischengeschlechtlich geborenen Kindern" dreht: "Ein Tabuthema, das hier klug, unsentimental und vor allem nie voyeuristisch behandelt wird."

Am Abend des 22.5.12 stehen in einer >>> denkwürdigen TV-Diskussion im "Club" Exponent_innen der im obigen Abschnitt erwähnten Proteste u.a. 2 CH-PädiaterInnen gegenüber ...

In einem gut gemeinten Kommentar auf news.ch zur "Club"-Diskussion velwechsert die Autorin leider Zwitter (und einen soldidarischen Nicht-Zwitter) mit Transsexuellen. Eins, setzen, nachsitzen ...

Die SF1-Film-Sendung "Box Office" bringt u.a. einen etwas längeren Trailer.

In einem Interview auf 20min.ch vom 24.5.12 wird Delia Mayer, die Schauspielerin der Tatort-Kommissarin, darauf angesprochen, bei der Premiere "ein Tränchen verdrückt" zu haben, und antwortet: "Das Thema Intersexualität und die damit verbundenen Schicksale sind berührend und aufwühlend." 

Spiegel Online titelt am 25.5.12: "Schweizer "Tatort" über Intersexualität Junge, Mädchen, Mord". Und velwechsert schon wieder Zwitter mit Transsexuellen, wenn es im Artikel heisst: "Wie heißt es einmal eindringlich über einen operierten transsexuellen Halbwüchsigen in diesem "Tatort": "Man hat ein Mädchen aus ihr gemacht, aber sie ist niemals eines geworden."" Eins, setzen, nachsitzen ...

Focus Online vergibt am 25.5.12 unter dem Titel "„Kurzer Prozess“ mit dem Luzerner „Tatort“: „Tatort“-Kritik im Schnellverfahren" das Prädikat "anschauen" und berichtet zum Thema: "Es tauchen immer mehr Kinder auf, die Lanther durch die Operation ins Unglück gestürzt hat. Eines kommt einigermaßen klar, eines flippt aus, wenn man es „Mädchen“ nennt, und von einem bleiben der Kripo nur Chatprotokolle: Es hat sich bereits drei Monate zuvor selbst getötet."  

Kleinreport.ch bringt am einen Artikel samt waffentechnischem Hinweis auf den Tathergang - und folgenden Sätzen: "Das Thema Intersexualität ist ein Tabuthema, und wo der Krimi plötzlich ins Drama kippt und die tragischen Schicksale von Zwitterbuben und -mädchen und deren Familien beleuchtet werden, geht er wirklich unter die Haut: Der ermordete Chefarzt hatte angeblich Hunderte solcher unglücklicher Geschöpfe, und nur zu oft falsch, operiert." 

Der Landbote vom 25.5.12 spricht die Schauspielierin der Kommissarin Liz Ritschard, Delia Mayer, ebenfalls auf die Premiere an: "«Skalpell» greift ein schwieriges Thema auf: Intersexualität. Wie Ärzte, Angehörige und die Gesellschaft mit betroffenen Kindern umgehen. «Nun weiss ich, was ich schon immer wusste: Dass ich ein emotionaler Mensch bin», sagt Delia Mayer mit einem Nastuch in der Hand. Sie hat es während dem Zusehen nassgeheult."

Die Sächsische Zeitung schreibt am 26.5.12: "Ein brisantes Tabuthema ist der Schlüssel zum Tatmotiv: Intersexualität, auch Zwittertum genannt. Es geht um Menschen, die sowohl mit weiblicher als auch männlicher Geschlechtsausprägung zur Welt kommen. [...] Es gibt – so die Rahmenhandlung – unter Ärzten unterschiedliche Auffassungen, wie mit dem Zwitter-Phänomen umzugehen ist. Schon bald nach der Geburt, meinen die einen, muss eine Entscheidung für ein Geschlecht fallen, sollten Spuren des anderen operativ entfernt werden, bis hin zum chirurgischen „Bau“ von Penissen oder Vaginas. [...] „Skalpell“ bleibt nach Überwindung der Einstiegshürden durchgehend spannend und anrührend. Nicht zuletzt, weil mehrere Intersexuelle von jungen Schauspielern eindringlich und überzeugend dargestellt werden."  

Der Berliner Kurier am 26.5.12: "Diesmal muss der Mord an einem Kinderchirurgen aufgeklärt werden, der kleine Patienten mit der Diagnose Intersexualität operierte. Früher nannte man diese Zwitter, und bei seinen Ermittlungen stößt er zusammen mit Kollegin Liz Rischard (Delia Meyer) auf schier unglaubliche Zustände. Das macht zwar die Liste der Verdächtigen immer länger, aber die Handlung auch immer spannender."  

Die Neue Luzerner Zeitung (PDF 139kb) bringt in der Samstagsausgabe vom 26.5.12 (sowie tags darauf als Bezahlartikel online bei allen Zentralschweizer Blättern) ein längeres Interview mit Daniela "Nella" Truffer von Zwischengechlecht.org.

Die Süddeutsche Zeitung bringt am 27.5.12 einen Verriss: "Im Schweizer "Tatort" muss Kommissar Reto Flückinger den Mord an einem Chefarzt aufklären, der intersexuelle Kinder zu früh operiert hat. Ein großes Thema, aber die Schweizer kriegen es nicht in den Griff. Denn am Schluss braucht es ausgerechnet eine Armbrust, damit sich plötzlich alles auflöst."

Spiegel Online schreibt am 28.5.12 in einen "Schnellcheck" u.a.: "Der von Stefan Gubser verkörperte Kommissar Reto Flückiger [...] agiert am Rande der Selbstauflösung. Der Fall um intersexuelle Halbwüchsige, die zwangsoperiert wurden, setzt ihm arg zu - seelisch und körperlich. Die letzten zehn Minuten humpelt er mit gequetschten Hoden durch den Fall. [...] die intersexuellen Opfer spielen aufwühlend und authentisch. Der Plot ist solide gebaut, das Thema wird klug vertieft." 

Der Kölner Statdanzeiger moniert mangelnde Spannung und schreibt zum Thema u.a.: "Doch der Leiter der renommierten Pilatusklinik hat sich auch außerhalb seines privaten Umfeldes Feinde gemacht. Lanther ist spezialisiert auf die operative Behandlung intersexueller Kinder - von Kindern also, die sowohl mit männlichen als auch mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurden. An mehr als 40 Babys hat er nach der Geburt genital-angleichende Operationen vorgenommen und somit aus dem "Zwitter" entweder ein Mädchen oder einen Jungen gemacht. Nicht jeder Eingriff war ein Erfolg: Einige der ehemaligen Patienten haben sich im Teenageralter umgebracht [...]" 

Die Stuttgarter Zeitung schreibt am 28.5.12 u.a.: "Regisseur Tobias Ineichen schafft es, ein Tabuthema offen, mit Respekt für die Betroffenen und trotzdem spannend abzuhandeln – und zeigt dabei, dass Schweigen manchmal schlimmer ist als das vermeintliche Problem selbst."

TV-Kritiken: "Straftaten an Kindern, die nicht wieder gutzumachen sind"

Dieser Blog war von der Sendung angetan und reklamiert als "einzigen wirklichen Kritikpunkt [...], dass es der Tatort leider immer noch nicht kapiert, dass die meisten Betroffenen sich über die Folgen der chirurgischen "Genitalkorrekturen" beklagen wie z.B. Verminderung oder Zerstörung des sexuellen Empfinden und weniger über "falsche Geschlechtswahl" - auch eine aufgezwungene "Korrektur" in die "richtige Richtung" ist schädlich und verstösst gegen die Menschenrechte!"

Stern.de bringt eine überwiegend positive Besprechung, velwechsert aber plötzlich ebenfalls Zwitter mit Transsexuellen. Eins, setzen, nachsitzen ...

Focus Online kriegts da besser hin: "Der tote Arzt operierte die Kinder so früh, dass man im Grunde nur raten konnte, in welche Richtung sie sich entwickeln würden. Eine künstlich angelegte Vagina und Hormontabletten machen aber noch lange kein Mädchen. Genau so wenig, wie ein anoperierter Penis einen Jungen macht. Deshalb wurden viele intersexuelle Kinder in den letzten Jahrzehnten durch Operationen nicht etwa „repariert“, sondern zu Transsexuellen gemacht: Menschen, die im falschen Körper leben. Heutzutage wartet man üblicherweise, bis sich das Kind selbst für ein Geschlecht entscheiden kann." Der letzte Satz bleibt aktuell allerdings Wunschdenken ...

Auch tatort-news.com bespricht die Folge überwiegend positiv: "Auch wenn Witz und Humor in dieser dunklen Folge leider keinen Platz finden, wird ein komplexes Thema sehr sensibel in einen vernünftigen Fall verpackt." 

Blick.ch bringt ein Interview mit den beiden Zwitter-Darstellerinnen: «Es ist brutal, was den intersexuellen Kindern mit Geschlechtsoperationen angetan wird.» «So eine krasse Rolle werden wir wohl nie mehr spielen.»

Der Zürcher Oberländer streicht vor allem die Leistung der Bubikon aufgewachsenen Schauspielerin Anna Schinz als Polizistin Brigitte Bürki heraus und schreibt zum Thema u.a.: "Nach den krimiüblichen Sackgassen kristallisierte sich schnell heraus, dass die Täterschaft mit dem intersexuellen Milieu korrelierte. Denn der tote Arzt war auch Täter, indem er viele Kinder selbstgerecht zu früh zu Mädchen oder Jungen «zurechtgestutzt» und sich damit eine wachsende Gruppe von Feinden gemacht hatte." 

Die Pforzheimer Zeitung bringt Lob – und Klartext: "„Darüber redet man nicht“, sagt die Mutter über die Ursache für den Selbstmord ihrer Tochter. Aber es war ja auch nicht wirklich die Tochter. Eher der Sohn. Und auch das stimmt nicht genau, denn das Selbstmordopfer war intersexuell. Bis zum zweiten Lebensjahr konnte man dem Kind kein eindeutiges Geschlecht zuordnen. Dann wurde es vom Kinderarzt Dr. Lanther operiert und zum Mädchen gemacht. Irgendwann muss der Chirurg für dieses „Geschlechtszuweisung“ genannte, massenhafte Schlachten bezahlen. Er stirbt im Wald durch ein tief in seinen Hals eingedrungenes Skalpell."  

Die Hessische/Niedersächsische Allgemeine: "Der Film bestach durch den Mut von Regisseur Tobias Ineichen, sich dem Thema Intersexualität zuzuwenden, und durch die gradlinige Umsetzung. „Leben sie noch?“, fragte Claudio Caflisch (Steffi Friis) nüchtern nach Opfern und brachte in einem Satz die ganze Tragödie des Films zum Ausdruck."

Bild.de verreisst die Sendung als "Schnarchort" und "Käse".

Die Lübecker Nachrichten berichtet überwiegend positiv, und schreibt u.a.: "Immer tiefer steigen die beiden in das Tabuthema Intersexualität ein. Dadurch, dass der Klinikdirektor Lanther den Kindern schon mit zwei Jahren durch Operationen ein Geschlecht zuweisen wollte, hat er ihnen lebenslanges Leid zugefügt, an dem viele zerbrechen."

Die Stuttgarter Zeitung titelt "Wilhelm Tell lebt und schießt" und schreibt u.a.: "Auch die Thematik lässt aufhorchen: Intersexualität. Ein Chirurg wird umgebracht. Alle könnten es gewesen sein. Aber Reto Flückiger (Stefan Gubser) und seine neue Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer) legen einen Sumpf frei, der so grausam wie glaubhaft ist: Dr. Lanther hat den Hermaphroditen als Kinder operativ ein Geschlecht zugewiesen, leider oftmals das falsche. Er hat experimentiert – am lebendigen Menschen." 

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet von "Straftaten an Kindern, die nicht wieder gutzumachen sind" und "Schicksale, die hier der eigentliche Stoff sind": "Es geht um Kinder, die mit uneindeutigem Geschlecht zu Welt kamen, und um einen Chirurgen, der sie vereindeutigt. Der wird ermordet, der Verdacht zieht Kreise: um seine Gattin und seinen Stellvertreter, eine Polizistin, die Eltern operierter Kinder, um diese selbst. [...] Im Mittelpunkt stehen die Opfer, und man kann die jungen Schauspieler nicht genug loben, die sie darstellen: Anna Schinz, Steffi Friis, Jessica Oswald." 

Fortsetzung folgt ...

...
Luzern-„Tatort“ in der Kritik: Ein Kind im falschen Körper - weiter lesen auf FOCUS Online: http://www.focus.de/kultur/kino_tv/tatort/tatort-kritik/luzern-tatort-in-der-kritik-ein-kind-im-falschen-koerper_aid_757997.html

Siehe auch:
- Zwielichtige Kinderchirurgen: "Ärzte bremsen «Tatort» aus" - SonntagsZeitung, 13.3.11
- Pressespiegel zum Münster-"Intersex"-Tatort 
- "Zwischen den Ohren": Münster-Tatort über intersexuelle Tennissspielerin
- Niedrig und Kuhnt "Nicht Fisch, nicht Fleisch" (11.12.09) vs. Law & Order: New York "Identität" (2005) 

Sunday, January 22 2012

Intersex im Bundestag: "Niemand hat das Recht, an den Genitalien eines Kindes oder Jugendlichen herumzuschneiden" - Sibylle Laurischk (FDP)

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Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)Einer der besten Redebeiträge der >>> historischen "Intersex"-Bundestagsdebatte stammte von der FDP-Abgeordeten Sibylle Laurischk.

(Einziger Wermutstropfen darin war die – an anderen Stellen des Redebeitrags allerdings mehrfach relativierte – Behauptung, seit den 1980-Jahren würde nicht mehr möglichst früh verstümmelt – tatsächlich wurde ab diesem Zeitpunkt lediglich mit den bis dahin gebräuchlichen "Klitoris"amputationen aufgehört und stattdessen auf ebenfalls verheerende chirurgische "Klitorisverkürzungen" umgestellt.

Ansonsten enthält der Redebeitrag aber praktisch alle Kernpunkte in konzentrierter Form, darunter Verstoss gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit, dass es sich nicht um ein parteipolitische Frage handelt, dass das Elternrecht hier seine Grenzen findet, und dass das unwürdige Vorgehen der "geschlechtszuweisenden Operationen" aufhören muss.

Und mit dem im Titel dieses Posts gerafft wiedergegebenen, deutlichen Statement erhielt Sibylle Laurisck erfreulicherweise (und zu Recht!) gar überparteilichen Beifall von der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es geschehen noch Zeichen und Wunder ...

Dafür von diesem Blog an die Abgeordnete Sibylle Laurischk ein ganz herzliches Danke! 

Nachfolgend der Videolink zum nochmaligen Nachhören des historischen Beitrags, gefolgt vom Transkript der gesamten Rede:    

>>> http://dbtg.tv/fvid/1431761 

Continue reading...

Tuesday, January 17 2012

Aktuelle Veranstaltungen

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Kann ein Zwitter Sünde sein?

Vorschau auf einige Vorträge, in denen "Intersex" auf die eine oder andere Weise eine titelgebende Rolle spielt:

Göttingen, 19. Januar 2012
Friederike Maaßen: „Und was ist es jetzt?“ - Hebammen im Umgang mit Intersexualität bei Neugeborenen
>>> Ankündigung  >>> neuer Ort & Zeit  >>> Kommentare dazu "Der Vortrag stellt eine Abschlussarbeit vor, die Intersexualität in Medizin und Gesellschaft beleuchtet und momentane politische Bewegungen aufgreift. Es kommen Hebammen zu Wort, die ein Kind mit uneindeutigem Geschlecht entbunden haben. Sie erzählen von ihren Erfahrungen im Umgang mit Eltern und Ärzt*innen. Zudem berichten Lehrkräfte für Hebammenwesen, wie Intersexualität in den Lehrplan aufgenommen werden kann, um zukünftige Hebammen für das Thema zu sensibilisieren."
Interessant und hochaktuell klingender Vortrag zu einem wichtigen Thema: Hebammen bringen bekanntlich bessere Voraussetzungen mit zu einem menschlichen Umgang mit Zwitterkindern als die in den Kliniken tonangebenden Genitalabschneider. Nachdem was und Hebammen erzählten, findet jedoch ungünstiger Weise aktuell eher eine Entmachtung der Hebammen statt zugunsten der Verstümmler – mit den bekannten Folgen für die betroffenen Kinder. Während wir gleichzeitig von den Medizynern selbst zu hören bekommen, ene Hebamme würde in ihrer Laufbahn höchstens 0.5 mal ein Zwitterkind zur Welt bringen, weshalb das Thema in der Hebammen-Schulung nix verloren habe, sondern das Kind vielmehr schnell den Medizynern zu übergeben sei – mit den bekannten Folgen. Schön, dass sich das das (geistes-)wissenschaftliche Interesse hier mal auf ein konkretes Thema richtet (statt dass es wie sonst so oft bloss um Gender-Blabla geht).
Nachtrag: Dieser Blog bedauert sehr, dass ausgerechnet die Gleichstellungsbüros und Fachschaftsräten der Sozialwissenschaftlichen und Philosophischen Fakultät und der AStA der Uni Göttingen diesen Vortrag nicht zulassen wollen. Offensichtlich sind sie nicht in der Lage, die Wichtigkeit des Themas (und damit verbunden die Dringlichkeit der Verhinderung künftigen Leids von durch Verstümmelung bedrohten Kinder) zu erkennen. Es ist noch ein weiter Weg ... (Und für manche ist er offensichtlich öfters gar noch etwas länger.)

Dresden, 18.-20. Januar 2012
"Transgender und Intersex in Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft" – Internationale und Interdisziplinäre Konferenz
>>> Ankündigung  >>> Programm (PDF)  >>> letzte Änderungen  >>> Pressemitteilung 9.1.
>>> Offener Brief von Zwischengeschlecht.org vom 18.01.2012 
"[...] treffen sich führende Wissenschaftler_innen der Transgender- und Intersex-Forschung, Künstler_innen sowie Sprecher_innen von Betroffenenorganisationen zu einer internationalen Konferenz [...] Ein Hauptanliegen der Konferenz "Transgender und Intersex in Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft" besteht darin, die biologisch-medizinische Perspektive auf Transgender und Intersex mit einer kulturwissenschaftlichen zu verknüpfen sowie die Erkenntnisse der Wissensform Kunst einzubeziehen.[...] Ein weiteres wesentliches Ziel der Konferenz ist es, Betroffenen Gehör zu verschaffen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren." (Pressemitteilung 1 + 2)
Soweit für diesen Blog ersichtlich, handelt es sich entgegen der vollmundigen Pressemitteilung letztlich leider bloss wieder um die übliche Vereinnahmung der Leiden der real allermeist genitalverstümmelten Zwitter durch privilegierte Dritte, namentlich LGBT & Gender Studies. Während unverändert 90% aller Zwitterkinder uneingewilligt verstümmelt werden (wohlbemerkt auch durch praktische alle Institutionen, an denen die Vortragenden sonst ihre Brötchen verdienen, ebenso wie durch die veranstaltende TU Dresden selbst!), sind die meist grausamen Schicksale der Betroffenen – bzw. die Projektionen Aussenstehender auf "die Zwitter" – einmal mehr bloss Material und Gegenstand "wertfreier" Wissenschaft und Kunst, die sich um die realen Implikationen ihrer "interdisziplinären Diskurse" auf die wirkliche Welt einen Dreck zu kümmern scheint. Soweit diesem Blog ersichtlich wurden von "Intersex"-Seite weder Betroffene noch ExpertInnen eingeladen, die eine konkrete Praxis betreffend Beendigung der Verstümmelungen vorzuweisen hätten, noch geht es irgendwo konkret um die Menschenrechte der verstümmelten Kinder, noch macht sich die ganze Veranstaltung in irgendeiner Form konkret für sie stark. Allem Anschein nach folglich eine ethisch stark fragwürdige Angelegenheit, bei der "Intersex" einmal mehr als mitgemeintes Anhängel zwecks Fördergeldereintreibens für Anliegen privilegierter Dritter herhalten muss – während sowohl in Dresden wie auch den Institutionen der "führenden Wissenschaftler_innen" täglich widerspruchslos weiterverstümmelt wird ...

Hamburg, 25. Januar 2012
Michaela, eine Ärztin aus Halle: Umgang von Medizin und Gesellschaft mit intersexuellen Menschen
>>> Ankündigung (neu)  Empfehlenswerter Vortrag einer Ärztin, die weder Kinder verstümmelt noch Verstümmelungen gut heisst, sondern fundiert argumentiert, warum kosmetische Genitaloperationen an Kindern diesen letztlich nicht Gutes tun, im Rahmen einer Reihe, bei der im Dezember bereits die "Klinefelters" zu Gast waren, und veranstaltet von der "AG Queer Studies", die sich auch sonst schon durch praktische Solidarität und durch konstruktive Auseinandersetzung mit unreflektierten Vereinnahmungen hervortat – auch sowas gibt's zum Glück.

Vorankündigung:
23. Februar 2012 – Daniela "Nella" Truffer im Thurgauer Frauenarchiv (Schweiz)

>>> Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter  

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